Am 16. August startet die Bundesliga in ihre bereits 57. Saison. In all diesen Jahren haben sich einige Anekdoten angesammelt: von kurzarbeitenden Schiedsrichtern, Spielen im Trikot des Erzrivalen und Trainern mit reinem Gewissen.
Männer trinken keine Fanta
1975 ist zwar schon ein Weilchen her, aber schon damals galt die Regel, dass die Halbzeit eines Fußballspiels mindestens 45 Minuten dauern soll. Eigentlich weiß das auch Wolf-Dieter Ahlenfelder, als er die Partie zwischen Werder Bremen und Hannover 96 leitet. Und trotzdem pfeift der lebenslustige Oberhausener bereits nach 32 Minuten zur Pause. Als ihm Werders Abwehrchef Horst-Dieter Höttges glaubhaft versichert, dass noch nicht Schluss sein kann („Mein Trikot, wissen Sie, ist in der Halbzeit immer klitschnass. Und, schauen Sie mal, das ist ja noch fast staubtrocken."), lässt Ahlenfelder weiterspielen. Erst nach dann doch immerhin 43 Minuten ist tatsächlich Pause. Der damals 31-jährige Schiedsrichter führt seinen liberalen Umgang mit der Spielzeit auf die Gans zum Mittagessen zurück. Die war angeblich etwas fett und wurde daher von reichlich Alkohol begleitet. Dass eine solche Mahlzeit vor einem Spiel unpassend sein könnte, lässt Ahlenfelder kalt: „Ein Bier und ein Malteser zum Mittagessen wird doch wohl erlaubt sein. Wir sind Männer und trinken keine Fanta."
Der doppelte Cebinac?
Ganz angetan sind die Verantwortlichen des 1. FC Köln, als Srdjan Cebinac im Sommer 1965 bei ihnen vorspielt. Umgehend nehmen sie den jugoslawischen Dribbelkünstler unter Vertrag. Dumm nur, das Cebinac die im Probetraining gezeigten Leistungen nie bestätigen kann und nach nur drei Bundesligaspielen wieder ausgemustert wird. Schnell drängt sich die Vermutung auf, dass Srdjans weitaus talentierterer Zwilling Zvezdan das Probetraining absolvierte, um seinem Bruder zum Vertrag zu verhelfen. Ob sich das wirklich so zugetragen hat, ist auch 54 Jahre später nicht zweifelsfrei geklärt. Anders als sein Bruder macht Zvezdan aber immerhin noch Karriere in der Bundesliga und erlebt etwas bislang Einmaliges aus nächster Nähe. Mit dem 1. FC Nürnberg wird Zvezdan Cebinac 1968 Meister – und steigt im darauffolgenden Jahr ab.
München statt München
Der Weg der Bundesliga ist mit Transferpannen gepflastert. Man frage nach bei Abédi Pélé. Der Ghanaer ist nicht irgendwer: Bei der Wahl zu Afrikas Fußballer des 20. Jahrhunderts landet er auf dem dritten Platz. Etwas weniger gut kennt sich Pélé aber offenbar im deutschen Fußball aus. Denn als ihm 1996 ein Angebot aus München ins Haus flattert, ist der damals 31-Jährige ganz angetan vom vermeintlichen Interesse des Rekordmeisters und sagt sofort zu. Erst beim Ortstermin klärt sich für Pélé auf, dass es in der bayerischen Landeshauptstadt einen weiteren Bundesligaclub gibt: 1860 München. Letztlich steht Pélé zu seinem Wort und bleibt den Löwen für zwei durchaus erfolgreiche Jahre treu. Etwas weniger konsequent als Pélé ist Bernd Schuster am Anfang seiner Karriere. Weil sich das Riesentalent nicht so recht entscheiden kann, unterschreibt er gleich drei gültige Verträge: bei seinem Heimatclub FC Augsburg, beim 1. FC Köln und bei Borussia Mönchengladbach. Letztlich entscheidet ein Gericht zugunsten des 1. FC Köln.
Hansa ganz oben
Der 3. August 1991 ist ein besonderer Tag für den deutschen Fußball. Denn erstmals spielen mit Hansa Rostock und Dynamo Dresden auch zwei ostdeutsche Teams mit. Hansa startet mit viel Schwung in das große Abenteuer, fertigt den 1. FC Nürnberg mit 4:0 ab und ist erster gesamtdeutscher Tabellenführer. Doch damit nicht genug. Es folgen ein 2:1-Erfolg beim Rekordmeister Bayern München und ein fulminanter 5:1-Triumph gegen den späteren Vizemeister Borussia Dortmund. Danach hat der Spuk ein Ende, Hansa wird durchgereicht und steigt schließlich ab.
Bremer Nächte sind lang
Seit einiger Zeit darf der aktuelle Meister die neue Saison eröffnen. Im Jahre 2004 wird dieses Privileg dem SV Werder Bremen zuteil. Zu Gast im Weserstadion ist Schalke 04. Doch wenige Minuten vor dem geplanten Anpfiff der Partie brennt eine Kabelmuffe durch – Stromausfall. Weil die Flutlichtmaster aber noch ein Weilchen durchhalten, entscheidet sich Schiedsrichter Stefan Trautmann, doch noch anzupfeifen. Just, als er das tun will, verabschieden sich allerdings drei der vier Flutlichter. Erst als die Notstromversorgung steht, geht es mit rund einer Stunde Verspätung endlich los. Werders Siegtreffer von Nelson Valdez fällt erst um 23.15 Uhr. Es ist der späteste Treffer der Bundesligageschichte.
Vier Fragen, vier Antworten, ein Mann
Pressekonferenzen sind in der Regel wenig unterhaltsame Veranstaltungen. Aber auch in der Bundesliga bestätigen Ausnahmen die Regel. So etwa am 10. Mai 2007 in Wolfsburg. Beim dort ansässigen Verein für Leibesübungen steht Trainer Klaus Augenthaler auf der Kippe und reagiert entsprechend dünnhäutig auf die Fragen der Journalisten. Um sich vor dem eminent wichtigen Spiel gegen Alemannia Aachen nicht ein weiteres Mal von der Presse ärgern zu lassen, greift der Weltmeister von 1990 zu einem drastischen Mittel – einem 44-sekündigen Monolog: „Guten Tag! Meine Herren, es gibt vier Fragen und vier Antworten. Die Fragen stelle ich, die Antworten gebe ich auch. Erstens: Wie ist die Stimmung in der Mannschaft? Die Mannschaft hat hervorragend gearbeitet. Zur Taktik: Ein oder zwei Stürmer? Das hängt davon ab, wie die personelle Situation ist – es ist der eine oder andere verletzt. Zum Gegner: Aachen wird sicherlich Druck machen, Aachen muss das Spiel gewinnen. Darauf sind wir vorbereitet. Ist die Mannschaft dem Druck gewachsen? Was ich diese Woche im Training beobachtet habe: Sie hat sehr gut gearbeitet, die Mannschaft wird die Antwort auf dem Platz geben. Dankeschön!" Am Ende schafft Wolfsburg zwar den Klassenerhalt, Augenthaler wird trotzdem entlassen. Vielleicht hat sich Augenthaler den Hang zu seltsamen Pressekonferenzen ja bei seinem einstigen Vorgesetzten Giovanni Trapattoni abgeschaut. Der Italiener scheint ein wenig unzufrieden mit seinen Spielern, als ihm im Frühjahr 1998 die Hutschnur platzt und Bonmots wie „Flasche leer" und „Ich habe fertig" prägt. Vor allem Thomas Strunz („Was erlaube Struuuunz?") und Mario Basler kriegen ihr Fett weg.
Wenn HSV draufsteht und Werder drin ist
Die Saison 1971/72 spielt in der Geschichte von Werder Bremen keine allzu schöne Rolle. Zum einen, weil die sonst so sparsam hanseatisch daherkommenden Nordlichter mal so richtig am großen Rad drehen wollen. Aus Mönchengladbach holen sie Herbert Laumen und auch mit Günter Netzer sind sie sich weitgehend handelseinig. Der Deal scheitert schließlich daran, dass Netzer auch die Stadionzeitung herausgeben will. Das nötige Kleingeld für die Transfers sammelt der Club bei der Stadt und der lokalen Wirtschaft ein. Zum Dank lassen sie das grün-weiße Trikot im Schrank und tragen stattdessen die Stadtfarben, rot-weiß gestreift. Beim Auswärtsspiel gegen den HSV wird das aber zum Problem. Dem Schiedsrichter sind die Trikots der Kontrahenten zu ähnlich und die Werder-Spieler müssen sich umziehen. Ausweichtrikots haben sie aber nicht dabei, doch der Gastgeber hilft gönnerhaft aus und spendiert dem Gast einen Satz HSV-Trikots. In den Leibchen der Erzrivalen machen die Bremer allerdings keine gute Figur und verlieren die Partie mit 1:2.
Das reine Gewissen
Den Herbst 2000 verbringt der deutsche Fußball in heller Aufregung. Längst ist ausgemacht, dass Leverkusens Coach Christoph Daum Mitte 2001 die Nationalmannschaft aus ihrem tiefen Tal führen soll, als Uli Hoeneß in einem Interview vom „verschnupften Daum" spricht und damit auf dessen vermeintlichen Kokainkonsum anspielt. Den Bayern-Manager und den designierten Nationalcoach verbindet eine lange Fehde mit zahlreichen gegenseitigen Verbalattacken. Die Fans sind sich nun aber weitgehend einig, dass Hoeneß mit diesen Andeutungen zu weit geht und Daum den Wechsel zum DFB missgönnt.
Daum selbst bleibt scheinbar ruhig, unterzieht sich einer Haarprobe und gibt eine legendäre Pressekonferenz („Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe.") Ein paar Tage später wendet sich das Blatt, als Daums freiwillige Haaranalyse dessen enormen Kokskonsum belegt. Bayer Leverkusen feuert Daum sofort, und der Job beim DFB ist auch futsch.