Die Spielvereinigung fristet im Münchner Süden ein Schattendasein zwischen dem FC Bayern und den Löwen. Das soll sich nun mit einem Börsengang ändern.
Wer sich als Auswärtiger Heimspiele der Spielvereinigung Unterhaching ansehen möchte, landet irgendwann fast zwangsläufig in der Vereinsgaststätte mit Blick auf den Sportpark. Dort geht es rustikal zu, die Wirtin serviert „Räubertopf mit Kartoffeln" oder Hachinger Fleischpflanzerl. Dabei hat der Drittligist Großes vor. Nach Borussia Dortmund ist der ehemalige Bundesligist nunmehr der zweite Verein, der den Gang an die Börse gewagt hat. Der Verein will durch die Ausgabe von 954.365 Aktien zum Preis von 8,10 Euro fast acht Millionen Euro einnehmen.
„Es gibt nur ein erfolgreiches Modell"
Innerhalb der kommenden drei Jahre soll damit der Aufstieg in die 2. Bundesliga realisiert werden. Der sportliche Unterschied zwischen Liga zwei und Liga drei ist nicht so groß. Enorm ist aber die Differenz bei den TV-Geldern: Während sich die Drittligisten in dieser Saison mit 1,3 Millionen Euro begnügen müssen, winken eine Fußball-Etage höher zehn Millionen Euro. Auch die Zuschauer- und Sponsoreneinnahmen würden im Aufstiegsfall zulegen. „Man ist in der Dritten Liga verhaftet, braucht Geld um aufzusteigen und an die größeren Geldpötte der Fernsehrechte zu kommen. Also insofern macht der Schritt aus Sicht Unterhachings natürlich Sinn", erklärt Stefan Schaffetter von der Baader Bank. Oliver Roth, früher selbst Fußball-Profi und heute Aktienhändler, sieht allerdings einen großen Nachteil. „Der Fußball hat nur dieses eine erfolgreiche Geschäftsmodell: Siege und Aufstiege. Es gibt keine anderen Unternehmensbereiche, die Niederlagen und Abstiege ausgleichen könnten." Aber genau da liege auch eine Chance, sagt Roth: „Wenn ein Unternehmen, auch ein Fußballunternehmen, konstant Wachstum hat, konstant Umsatzwachstum hat, konstant auch sogar vielleicht Gewinne ausschütten kann, dann kann es auch etwas sehr Seriöses sein. Wenngleich auch immer mit dem Risiko behaftet, dass man eben nur in einem Sektor sein Geld verdient. Und wenn es da nicht läuft, dann hat man eben mit Zwiebeln gehandelt."
Mit Zwiebeln handeln ist nicht das Ding von Hachings Präsident Manfred Schwabl. Als aktiver Profi bei Bayern München schaffte er es bis in die Nationalmannschaft. Nun hat er es sich zum Ziel gesetzt, die Hachinger zur zweiten Kraft in München zu machen. Die Chancen stehen nicht schlecht. 1860 München ist gefangen im ewigen Kampf zwischen Traditionalisten und Investor Hasan Ismaik. Die Stimmung bei den Löwen ist mies, in dieser Saison könnte der Abstieg drohen. Haching schielt derweil nach oben, innerhalb von drei Jahren soll der Aufstieg gelingen. „Wir wollten in einen Mix aus Steinen und Beinen investieren. Es wäre ja Harakiri, das Geld nur in die Erste Mannschaft zu geben. Wir gehen einen mittelfristigen Weg. Rom ist ja auch nicht an einem Tag erbaut worden. Jetzt legen wir ein solides Fundament, um in den nächsten drei Jahren richtig angreifen zu können. Da gehört die Optimierung des Kaders genauso dazu wie Investitionen ins Nachwuchsleistungszentrum und ins Stadion, das wir von der Gemeinde Unterhaching übernehmen wollen", sagte Schwabl der „Abendzeitung."
„Das ist genau der richtige Weg"
Dauerhaft, so der ehemalige Profi, könne man in der Dritten Liga nicht überleben. Zu geringe TV-Gelder, wenige Zuschauer und Desinteresse bei Sponsoren. Vereine wie der 1. FCK buhlen um Investoren, andere leihen sich Geld. „Das muss jeder für sich entscheiden. Wir hatten nur keine Lust mehr darauf, zu warten, bis endlich mal etwas von Verbandsseite kommt. In dieser Liga wird sich kurzfristig in absehbarer Zeit nicht viel ändern. Wir wollten unser Schicksal in die eigene Hand nehmen", erklärt Schwabl die Hintergründe zum Börsengang. Bisher scheinen sich die Erwartungen zu erfüllen. Das Interesse an der Aktie ist groß. „Ich bin sehr zufrieden. Es ist zu beobachten, dass es enorm viele Zeichner werden, aber von den Beträgen überwiegend kleinteilig. Das zeigt uns, dass sich viele mit dem Thema auseinandergesetzt haben und wir auf dem richtigen Weg sind", sagt der Haching-Boss. Es sei schließlich nie Wunsch der SpVgg gewesen, nur einen einzelnen großen Investor ins Boot zu holen: „Die Aktien werden auf viele Schultern verteilt, das ist genau der richtige Weg", betonte Schwabl gegenüber dem „Münchner Merkur": „Wir bleiben aber weiter bodenständig." Das würden deutlich die beiden jüngsten Transfers von Niclas Stierlin und Steve Kroll zeigen: „Beide sind jung und haben keine fixen Ablösesummen gekostet. Genau das ist der Weg, den wir auch in Zukunft bestreiten wollen." Das neue Konzept ist auf drei Jahre angelegt, teure Altstars will man trotzdem nicht verpflichten. „Wir wollen jetzt erst mal die Mannschaft weiterentwickeln. Ein einstelliger Tabellenplatz ist in dieser Saison das Ziel, das Jahr darauf wollen wir dann um den Aufstieg mitspielen – aber klar: Das wollen die anderen auch", sagt Schwabl. Angst vor dem Scheitern kennt er nicht. „Dann geben wir eben so lange weiter Gas, bis wir in der 2. Bundesliga sind. Ich werde so lange keine Ruhe geben, bis wir endlich da oben sind. Ein gewisses Risiko ist mit dem Börsengang natürlich auch dabei. Nur, wenn wir Schulden machen, ist das Risiko doch noch viel größer. Alles ist darauf ausgerichtet, hier in absehbarer Zeit gesunden Profi-Fußball zu bieten", erklärte der Präsident der „Abendzeitung".
Der 53-Jährige legt Wert auf die Feststellung, dass sein Verein auf keinen Fall seine Seele verkaufen werde. Er glaubt, dass man in Haching den Schritt zwischen Tradition und Kommerz schaffen werde. „Beides hat seine Berechtigung, aber sobald es nur noch ums Geld geht, bin ich nimmer der Richtige", betont er. Und daher wird es sicher auch in Zukunft noch Räubertopf und Fleischpflanzerl in der Stadiongaststätte geben.