Viele neue Trainer, zwei überraschende und ungewöhnliche Aufsteiger – und vor allem ein echtes Meister-Duell schon vor dem ersten Spieltag. Die kommende Bundesliga-Saison verspricht vieles. FORUM sagt, was den 18 Mannschaften zuzutrauen ist.
FC Bayern München
Aus der grandiosen Rückrunde und Aufholjagd zum Double könnten die Münchner eigentlich Kraft schöpfen. Doch es knirscht an zu vielen Stellen. Trainer Kovac wurde geschwächt, Sportdirektor Salihamidzic bestätigte in der Transferphase viele Zweifler, Präsident Hoeneß steht vor dem Rückzug. Die erste Elf der Bayern sucht weiter ihresgleichen. Doch der Kader ist in der Breite so dünn aufgestellt, dass der achte Meistertitel in Folge nur dann wahrscheinlich ist, wenn die Bayern auf dem Transfermarkt noch nachlegen und nahezu komplett von Verletzungen und großen Formkrisen verschont bleiben.
Borussia Dortmund
Der BVB bescherte den neutralen Fans die spannendste Meister-Entscheidung seit Jahren, verspielte aber in der Rückrunde schließlich doch den Titel. Teilweise taktisch wie beim 0:5 in München, aber auch durch verbale Zurückhaltung. Damit ist nun Schluss. Auf dem Transfermarkt agierte der BVB mutig, verstärkte sich mit Schulz, Brandt, Hummels und Hazard, verlor keinen Stammspieler. Und die forsche Meister-Ansage haben alle verinnerlicht. Stand kurz vor der Saison ist der BVB leichter Favorit auf den Titel.
RB Leipzig
Sportchef Ralf Rangnick spielte ein Jahr den Platzhalter für Julian Nagelsmann. So wichtig war den Leipzigern das wohl größte deutsche Trainer-Talent. Doch mit Rang drei und dem Erreichen des Pokalfinals hat Rangnick die Latte sehr hoch gelegt. Ein Absturz ist aber nicht zu erwarten. Schlägt Nagelsmann sofort ein und verinnerlicht das Team sofort seine Idee, könnten die Leipziger sogar ins Titelrennen eingreifen.
Bayer Leverkusen
Vor der vergangenen Saison waren die Leverkusener für viele ein Geheimtipp, nun sind sie es wieder, weil die Rückrunde unter Peter Bosz großartig war. Und weil Bayer sich trotz des Verlusts von Brandt mit Demirbay, Amiri oder Diaby wohl insgesamt verbessert hat. Für die Champions League sollte es mindestens wieder reichen. Und ein Garant für schnellen Offensiv-Fußball ist die Werkself auch.
Borussia Mönchengladbach
Trainer Hecking musste trotz Rang fünf gehen, weil Manager Eberl in Marco Rose den Shootingstar unter den deutschen Trainern unbedingt haben wollte. Der sei „noch besser als eh schon gedacht", meinte Weltmeister Kramer schon nach den ersten Trainings-Wochen. Die Umstellung auf das Rose-System wird Zeit brauchen. Kriegt Rose sie, und dauert sie nicht zu lange, ist Gladbach wieder ein sicherer Europa-League-Kandidat. Mindestens.
VfL Wolfsburg
Auch Heckings Kollege Labbadia musste trotz Erfolges gehen. Auch er hinterlässt seinem Nachfolger Oliver Glasner die Europacup-Teilnahme als Geschenk und Verpflichtung. Der Kader ist sicher eher noch besser als im Vorjahr, weil kein Leistungsträger ging und spannende Spieler kamen wie Schlager, Mbabu, Joao Victor oder Nmecha. In der Vorbereitung deutete der VfL einiges Potenzial an, so beim 8:1 gegen Nizza. Die Europa League sollte es also wohl auch diesmal werden.
Eintracht Frankfurt
In der vergangenen Saison wurde die Eintracht zur Marke in Europa und in Deutschland zu einem echten Publikumsliebling. Plötzlich finden fast alle die Eintracht gut. Doch der Erfolg hat seinen Preis. Im Saison-Endspurt ging im Kampf um die Champions League die Puste aus. Und in Jovic und Haller gingen die beiden überragenden Spieler für zusammen rund 100 Millionen. Träume von einer Rückkehr von Kevin-Prince Boateng oder sogar Franck Ribery waren nicht umsetzbar. Dennoch sollten die Frankfurter mindestens ein solides Mittelfeldteam sein. Mit Tendenz eher nach oben als nach unten.
Werder Bremen
Wie Frankfurt war auch Werder ein Lichtblick in Bezug auf das Ergebnis und die Spielweise. Auch wenn es für Europa nicht ganz reichte. Nun folgt der nächste Angriff. In Max Kruse verlor Werder zwar einen Leistungsträger und Anführer, ohne sich groß zu verstärken. Doch Spieler wie Rashica, Osako oder die Eggesteins haben noch großes Potenzial. Und das hat vor allem auch Trainer Kohfeldt. Man hat das Gefühl: Wenn einer Werder nach Europa zurückführen kann, dann er.
1899 Hoffenheim
Die TSG steht vor einer wegweisenden Saison. Es ist die erste nach Trainer-Juwel Nagelsmann. Und in Demirbay, Amiri, Joelinton und Schulz gingen vier Leistungsträger, wenn auch für rund 100 Millionen. Der neue Trainer Alfred Schreuder, zuvor Assistent von Nagelsmann und bei den Himmelsstürmern von Ajax Amsterdam, setzt auch auf verliehene Rückkehrer wie Zuber oder Grifo. Skov verstärkt die starke Offensive um Belfodil, Kramaric oder Szalai. Dennoch dürfte es für Hoffenheim ein Übergangsjahr im Mittelfeld werden.
Fortuna Düsseldorf
Dass sie in der vergangenen Saison über ihrem Limit gespielt haben, wissen sie in Düsseldorf am besten. In einer Tabelle ab dem elften Spieltag wären sie in die Europa League gekommen. Die Euphorie halten sie aber bei aller Vorfreude gut im Griff. Mit Rang 15 wären fast alle wieder zufrieden. Der sollte machbar sein. Defensiv sollte Düsseldorf auch stabil genug sein. Die Frage ist, ob die Offensive ohne Lukebakio und Raman genug abliefern kann.
Hertha BSC
Ex-Trainer Dardai ließ pragmatischen Fußball spielen und stabilisierte die Hertha damit. Nun soll Nachfolger Covic, auch mit den 125 Millionen von Investor Windhorst, attraktiveren und noch erfolgreicheren Fußball spielen lassen. Die Offensive ist mit Ibisevic, Selke, Kalou und Lukebakio herausragend besetzt. Das muss genutzt werden. Dann kann die Hertha sogar ein Geheimtipp für Europa sein. Wahrscheinlich ist ein Platz zwischen 7 und 10.
FSV Mainz 05
Normal spräche wenig dafür, dass die stabilen Mainzer mit ihrem passenden Trainer Schwarz in größte Abstiegsnot stürzen. Die Verletzungen von Ji und Mateta sowie der späte Abgang von Gbamin sorgen aber dennoch für ein paar Fragezeichen. Damit richtet sich der Blick vom letztjährigen Rang zwölf zumindest nicht nach oben. Für den Abstieg müsste bei dem Team, das in Baku, Barreiro oder Burkardt spannende Talente hat, aber schon noch mehr schiefgehen.
SC Freiburg
Im vergangenen Jahr schleppte sich der SC ins Ziel. An den letzten acht Spieltagen holte kein Team weniger Punkte. Auch diesmal geht es nur um den Klassenerhalt. Die Hoffnungen dabei ruhen nicht zuletzt auf Luca Waldschmidt, der als Torschützenkönig mit einer Rekordtreffer-Zahl von der U21-EM zurückkam.
FC Schalke 04
Der Absturz von Rang zwei auf Rang 14 im Vorjahr war rasant. Und es ist nicht damit zu rechnen, dass es nun ähnlich extrem wieder in die andere Richtung geht. Für große Sprünge auf dem Transfermarkt war kein Geld da. Die Spieler, die man abgeben wollte, sind noch fast alle da. Zudem sorgte Club-Chef Tönnies mit seiner Aussage über Afrikaner für große Unruhe. Diese Saison kann für Schalke unter dem durchaus vielversprechenden David Wagner als neuem Trainer nur ein Konsolidierungsjahr sein. Rang zehn ohne große Abstiegsgefahr wäre okay.
FC Augsburg
Der FCA galt mal als Verein, in dem man in angenehmer Ruhe arbeiten kann. Doch der Dauer-Verbleib in der Bundesliga gab einigen wohl das Gefühl, dem Verein entwachsen zu sein. Max, Finnbogasson, Gregoritsch, Richter oder der letztlich mit lautem Getöse gegangene Hinteregger – gefühlt fast alle Leistungsträger beschäftigten sich offen mit anderen Angeboten. Kein leichtes Spannungsfeld für Trainer Martin Schmidt. Würde er den Klassenerhalt schaffen, hätte er Großes geleistet.
1. FC Köln
Sportchef Armin Veh spricht nicht drumherum: „Wir sind kein normaler Aufsteiger." In vielerlei Hinsicht. Eigentlich hat der FC das Potenzial für Rang neun bis zwölf. Aber ein paar Fragezeichen bleiben: Schlagen die vielversprechenden Neuen, die alle aus anderen Ligen kommen, ein? Klappt es mit dem neuen Trainer Beierlorzer, der mit seiner menschlichen Art alle begeistert, aber noch nie in der Bundesliga gearbeitet hat? Und bleibt es auch im Falle eines – angesichts des hammerharten Auftaktprogramms durchaus drohenden Fehlstarts – ruhig?
SC Paderborn
Beim ersten Aufstieg 2014 nannte der damalige Trainer Breitenreiter Paderborn „den größten Außenseiter aller Zeiten". Doch diesmal scheint die Lage noch extremer. Im Vorjahr stieg die Mannschaft dank mannschaftlichen Zusammenhalts auf, weil sie sich wie in einen Rausch spielte. Danach gingen in Klement und Tekpetey zwei Leistungsträger, verstärkt wurde das Team nur in der Breite. Das Schöne: Trainer Baumgart will in jedem Fall an seinem Offensivspiel festhalten. Damit könnte der SC ins Verderben rennen – aber für großen Unterhaltungswert und vielleicht auch die eine oder andere Überraschung sorgen.
Union Berlin
Der eher stille Urs Fischer hat Union in seinem ersten Jahr erstmals in die Bundesliga geführt. Danach wurde tagelang ausgelassen gefeiert. Die meisten Fans deutschlandweit freuen sich auf den Kult-Club. In Ujah, Gentner oder Subotic hat der Verein erfahrene Spieler geholt, damit das Abenteuer nicht nach einem Jahr vorbei ist. Die individuelle Qualität wurde damit zweifellos gesteigert. Die Frage ist, ob dies nicht auf Kosten des Mannschaftsgefüges geht.