Es hätte das Aufregerthema schlechthin zum Schulstart werden können. Die Zutaten hatte ein kanadisches Forscherteam geliefert. Sie hatten „legalisiertes Mobbing" durch Völkerball ausgemacht. Ein Sportspiel als Mittel der Unterdrückung! Da hatte sich wochenlange Diskussion angebahnt. Ein lustiges Treiben, bei dem sich die Frage aufgedrängt hätte, ob wir sonst keine Sorgen haben.
Die Frage war in den letzten Tagen schnell beantwortet: doch! Wie der ungewöhnlich heftige Streit um Lehrerstellen in der Großen Koalition hierzulande nachdrücklich zeigt. Nun ist die Debatte darum nicht neu. Schon lange vor den großen Ferien war darum gerungen worden, mit dem Ergebnis, Stellen, die auf der Streichliste standen, doch zu erhalten. Reicht nicht, sagt der SPD-Bildungsminister. Keine Spielräume, der CDU-Finanzminister. In ihrer jeweiligen Verantwortlichkeit mögen beide in gewisser Weise Recht haben, nicht umsonst gilt ein Finanzminister als „natürlicher Feind" eines Bildungsministers. Wenn letzterer dann aber zur Kenntnis nehmen muss, dass der Kollege Innenminister zusätzliche Polizeistellen bekommen soll, ist nachvollziehbar, dass Fragen auftauchen.
Politik ist immer eine Frage der Prioritätensetzung, weil nie alles Wünschbare realisierbar ist. Und in Schuldenbremsenzeiten nicht einmal alles Notwendige. Innere Sicherheit und Bildung sind zwei Aufregerthemen, für die die Länder originäre Zuständigkeit haben, mit denen sich folglich Parteien profilieren können (und wollen). Wenn beide Ressorts parteipolitisch unterschiedlich verteilt sind, schwebt das Schwert einer Koalitionskrise permanent an einem dünnen Faden. Wenn sich zudem seit Monaten hartnäckig die Spekulation über eine mögliche Kabinettsumbildung hält, mag das nicht gerade zur Versachlichung von Diskussionen beitragen.
Dabei gerät eine grundsätzliche Frage über die politische Ausrichtung in eine Nebenrolle: das Dogma der Schwarzen Null. Bildung – richtig gemacht – ist unbestritten Investition in die Zukunft, Sicherheit – richtig organisiert – in den Standort. Bei beidem, und nicht nur dort, stellt sich schon lange die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Umsetzung einer grundsätzlich sinnvollen sparsamen Haushaltsführung. Die legendäre schwäbische Hausfrau hätte wohl kaum an der Sicherheit ihres Hauses oder der Bildung ihrer Kinder gespart. Und wäre auch kaum auf die Idee gekommen, über die Völkerballdiskriminierung zu sinnieren.