Bis zum Saisonstart sollte eigentlich alles klar sein: Entweder verlässt Timo Werner RB Leipzig oder er verlängert seinen Vertrag. Nichts davon ist bislang eingetreten. Ein Wechsel zu den Bayern scheint vorerst vom Tisch.
Bis zum Saisonstart, so hatten es die Bosse von Fußball-Bundesligist RB Leipzig gefordert, soll der Nationalspieler entscheiden, ob er seinen 2020 auslaufenden Vertrag verlängert oder sich verkaufen lässt. „Es gibt zahlreiche Interessenten. Auch internationale Top-Vereine haben angefragt", sagte Vorstandschef Oliver Mintzlaff kürzlich. Doch geschehen ist bislang nichts. Im Interview mit der „Sport Bild" hat Mintzlaff kürzlich befkräftigt, dass er sich eine zeitnahe Entscheidung des Nationalstürmers wünscht: „Wir wollen die Causa natürlich gerne alsbald abhaken, weil es für alle Beteiligten sehr intensiv war und ist. Wir reden seit fast einem Jahr darüber, was mit Timo Werner passiert. Wenn es Klarheit gibt, können wir uns wieder voll auf das konzentrieren, was auf dem Rasen passiert." Es ist kein Geheimnis, dass den RB-Bossen die Vorstellung missfällt, Werner, für den sie vor vier Jahren 16 Millionen Euro an den VfB Stuttgart überwiesen haben, ablösefrei gehen zu lassen. Andererseits: Werner lockt derzeit wenig aus Leipzig weg. Der Stürmer ist gesetzt, hat in Julian Nagelsmann einen neuen Trainer, der als Weiterentwickler gilt und spielt mit Leipzig in der Champions League. „Was will man in einer Saison vor einer Europameisterschaft mehr?", fragte die „Frankfurter Allgemeine" kürzlich. Spekuliert wurde in den vergangenen Wochen viel. Weil der Wechsel des 23-Jährigen zu den Bayern zuvor durch das starke Interesse der Münchner an Leroy Sané in den Hintergrund trat, schien er nach dessen Verletzung wieder heißer zu werden. Denn Sané zog sich einen schweren Knieschaden zu, fällt nach seiner OP wohl ein halbes Jahr aus. Zu den Bayern wird er wohl erst mal nicht kommen. Und Werner? Dem soll neuerdings ein Angebot des SSC Neapel vorliegen. Zwar gehört Leipzigs Achtelfinalgegner in der Europa League-Saison 2017/18 nicht zu den absoluten Topclubs, die in Werners Ausstiegsklausel vermerkt sein sollen. Aber bei einem entsprechenden Angebot würde RB ihn auch für weniger ziehen lassen, um nicht im kommenden Sommer leer auszugehen. Fraglich sei aber, ob für Werner ein Wechsel ins Ausland zu einem Verein infrage kommt, der sportlich kein deutlicher Schritt nach vorn ist, spekulieren Branchen-Kenner.
Werner äußert sich nicht öffentlich
In Leipzig sorgt man sich derweil um die Verfassung des 23-Jährigen. Werner ist das Sorgenkind. Und zwar nicht allein wegen des nun fast ein Jahr andauernden Theaters um seine Zukunft. Vielmehr plagen den Angreifer seit geraumer Zeit Ladehemmungen. In der Vorbereitung von RB traf er kein einziges Mal. „Timo fehlt das Tor", sagt Trainer Nagelsmann und wird konkreter: „Manchmal taucht er mir etwas zu viel ab, pendelt sehr viel auf dem Flügel. Er hat Probleme gegen tief stehende Gegner. Da versuchen wir, ihm mehrere Lösungen zu geben." Nagelsmann zeigte sich mit dem Engagement seines Topstürmers aber zufrieden. „Wenn ich das Gefühl hätte, dass die Trainingsleistung aufgrund der Thematik nicht passen würde, würde ich intervenieren. Aber Timo macht sonst einen guten Eindruck", sagte Nagelsmann. Mittlerweile versucht man sogar, Werner eine goldene Brücke zu bauen. Anders als sein Vorgänger Ralf Rangnick will der neue Sportdirektor Markus Krösche den Stürmer bei dessen Entscheidung über die sportliche Zukunft nicht unter Druck setzen. Zwar wolle er nicht „bis ins Unendliche" warten, sagte der 38-Jährige. Zugleich betonte er, dass „wir uns mit Timo darauf verständigt haben, ihm kein Ultimatum zu setzen. Die Zeit wird zeigen, wie er sich entscheidet. Er hat ja einen gültigen Vertrag."
Und so schauten sie in diesen Tagen nach München. Präsident Uli Hoeneß (67) hatte im Februar im TV-Talk „Doppelpass" groß angekündigt: „Wenn Sie wüssten, was wir schon alles sicher haben für die neue Saison…" Verkündet wurden bis zur vergangenen Woche aber nur die Wechsel von Lucas Hernández (23) und von Jann-Fiete Arp (19). Die Verpflichtung von Benjamin Pavard (23) wurde bereits im Januar bestätigt. Sicher wähnte sich Hoeneß damals wohl auch bei Leipzigs Werner. Der Spieler und sein Management warteten aber vergeblich auf ein weiteres Signal. Bis zum Saisonstart vergangene Woche. Wie die „Bild" berichtet, haben Bayern-Verantwortliche den Verhandlungspartnern von Timo Werner am vergangenen Freitag mitgeteilt, dass der RB-Stürmer in diesem Sommer nicht mehr nach München geholt werden soll. Der Grund dafür wurde zwei Tage später offiziell bestätigt: Neben der Leihe von Ivan Perisic (30, Inter Mailand) und der Verpflichtung von Mickaël Cuisance (20) aus Gladbach wechselt Philippe Coutinho (27) auf Leihbasis für ein Jahr vom FC Barcelona zu den Bayern. Im Anschluss haben die Münchner eine Kaufoption in Höhe von 120 Millionen Euro für den brasilianischen Offensiv-Zauberer.
Platz drei ist das Minimum
In Leipzig steigt derweil die Nervosität. Die Vorbereitung auf die neue Saison verlief schleppend, sollte Werner doch noch gehen (denn auch der spanische Champions-League-Teilnehmer FC Valencia scheint an einer Verpflichtung interessiert), müsste Ersatz gefunden werden. „Wir wollen nicht weniger erfolgreich sein als in der vergangenen Saison", rammt Julian Nagelsmann den ersten Pflock ein. Das heißt: Platz drei ist das Minimum. Darf es auch ein bisschen mehr sein? „Es gibt viele interessante Teams, die in der Lage sind, die Bayern zu fordern", sagt der neue RB-Coach – und meint sicher auch die eigene Elf. Allzu weit will man sich aber nicht aus dem Fenster lehnen. „Ich bin überzeugt, dass wir mit den Spielern, die wir haben, und Julian als Trainer in der Lage sein können, auch mal Titel zu gewinnen", sagt Sportdirektor Krösche.
Der Saisonauftakt für die Leiziger ist schon mal geglückt. Nach dem Pokalerfolg in der Vorwoche (2:3-Sieg beim VfL Osnabrück) feierten die Nagelsmann-Schützlinge im ersten Bundesligaspiel der neuen Saison den zweiten Sieg im zweiten Pflichtspiel. Mit 4:0 fertigten die Messestädter den Aufsteiger Union Berlin in der ausverkauften Alten Försterei ab. Neben Marcel Halstenberg, Marcel Sabitzer und Christopher Nkunku traf auch: Timo Werner.