Alle Freunde der klassischen französischen Küche sollten sich eine Adresse merken: das „Le Chalet" im lothringischen Zetting. Von Küchenchef Jakub Skarupas ganz eigener Interpretation alter Klassiker sollte man sich bei einem Besuch überzeugen.
Ein Besuch an der Saar hat immer mit viel Genuss zu tun. Wer von Saarbrücken saarabwärts fährt, wird nicht nur Sternerestaurants finden. In vielen Städten und Dörfern wird der Besucher überrascht sein, auf welch hohem Niveau gekocht wird. Wenn die Saar dann bei Saarhölzbach unser Bundesland verlässt, ist man bald in Serrig. Und auf den letzten 25 Kilometern, bis die Saar bei Konz in die Mosel fließt, entdeckt man herrliche Weinberge. Dort wird der weltberühmte Riesling angebaut.
Ähnlich genussvoll ist es, wenn man von Saarbrücken der Saar stromaufwärts folgt. Es sind nur ein paar Kilometer bis zur deutsch-französischen Grenze, und direkt hinter dieser finden sich zum einen Sternerestaurants, aber auch außergewöhnliche Bistros.
Meine letzte Entdeckung liegt in Zetting: „Le Chalet" von Küchenchef Jakub Skarupa. Sein Partner heißt Gabriel Heckel und betreibt in Saargemünd das Geschäft „Version Cuisine". Er will dem jungen Küchenchef in den ersten drei Jahren zur Seite stehen und kümmert sich vor allem um das Geschäftliche.
Im Restaurant erwartet die Besucher viel helles Holz an den Wänden, und auch die Tische sind in hellem Holz gehalten. Lediglich kleine rote Läufer darauf bringen ein bisschen Farbe ins Spiel. Weichholz-Kommoden stehen an den Wänden, Holzbalken durchziehen den Raum. Alles hell und sehr einladend. Hier fühlt man sich sofort wohl. Das Restaurant hat 60 Plätze, der herrliche Garten bietet Platz für weitere 80 Gäste.
Die Kochkunst von Küchenchef Jakub Skarupa basiert auf den Pfeilern der großen französischen Küche, die er von der Pike auf gelernt hat. Das Besondere ist, wie er an die Klassiker rangeht und diese ganz neu und modern interpretiert. Ich muss zugeben, dass ich mir alle Gerichte eigentlich ganz anders vorgestellt hatte. Doch ich war wirklich begeistert, wie sie letztlich an den Tisch kamen.
Seit Juni Chef im eigenen Haus
Jakub Skarupa ist in unserer Region kein Unbekannter. Französischen Feinschmeckern ist er bekannt durch seine Tätigkeit im Sternerestaurant „Auberge Saint Walfrid" in Saargemünd. Er arbeitete ebenfalls in der „Brasserie du Casino" des Sternekochs Stéphane Schneider von der „Auberge Saint Walfrid", unten in Saargemünd an der Saar, im schönsten Haus der Stadt. Die deutsche Klientel kennt ihn als Chefkoch im Wirtshaus „Unter der Linde" im Saarbrücker Stadtteil St. Arnual. Auch hier überzeugte er die Gäste mit einer wohlschmeckenden saarländisch-lothringischen Bistrokarte. Dort arbeitete er noch bis vor ein paar Wochen. Im Juli übernahm er dann sein erstes eigenes Restaurant in Zetting.
Geboren ist Skapura in Tschechien. Schon als Zwölfjähriger liebte er es, in der Küche zu arbeiten. In seiner Heimat machte er eine Ausbildung als Koch und Restaurantfachmann in einem kleinen Dorf in der Nähe von Ostrava, nicht weit von der polnischen Grenze. Danach ging er auf Wanderschaft, wie viele gute Köche. Zuerst landete er 2008 in Griechenland und blieb einen Sommer lang. Dann rief ihn sein alter Schuldirektor an und vermittelte ihn nach Frankreich. Skapura lernte die französische Sprache und setzte seinen Berufsweg im Land der Feinschmecker fort. Ab Herbst 2008 ging er in Bar-le-Duc zur Schule und arbeitete in Saargemünd, gleich in der „Auberge Saint Walfrid". Ein hartes Brot, doch mit seiner Liebe zur großen Küche bekam er das hin. Seine Ausbildung in Frankreich dauerte drei Jahre. In Schneiders Sternetempel arbeitete er im Anschluss auf unterschiedlichen Posten, sodass er alles mitbekam, was in einer großen Küche notwendig ist. Schließlich übernahm er den Chefposten in der Brasserie. Später kam das Angebot von der Linde und er ging nach Deutschland.
Und jetzt eben nach Zetting. Wir bestellen nicht, sondern lassen uns überraschen, was uns Jakub Skarupa zaubert. Eine gute Entscheidung: Er kredenzt uns drei Vorspeisen und drei Hauptgänge. Natürlich probieren alle von jedem Teller, wie es sich für Köche und Feinschmecker gehört, wenn diese essen gehen.
Der 32-Jährige überraschte mich nicht nur mit seinen ungewöhnlichen Kreationen, sondern teilweise auch mit seiner Produktauswahl. Zunächst gab es einen „Balade à forêt", also einen Spaziergang durch den Wald. Ein Pilzgericht mit herrlichen Zutaten: reichlich Trüffel, Champignons und Pfifferlinge – in einer außergewöhnlich guten Soße.
Im „Le Chalet" verkehren auch Jäger, Deutsche und Franzosen, die in der Nähe von Bliesbruck gemeinsam auf Jagd gehen. Er selbst geht mit dieser Gruppe auch zur Jagd, und so ergibt sich der zweite Teller: „Paté de gibier" –Paté vom Wild, Reh und Wildschwein. Aber nicht getrennt, Jakub vermischt das durchgedrehte Fleisch. So hat es auch ausreichend Fettanteile vom Wildschwein. Diese Paté schmeckte so ungemein intensiv, wie ich solche Zubereitungen nur aus großen Häusern kenne. Die dritte Vorspeise war „Carpaccio de carpe" – Carpaccio vom Karpfen mit frittierten, dünnen Tomatenscheiben. Karpfen habe ich viele Jahre in unserer Gegend auf keiner Karte gelesen. Vielleicht im Elsass, aber nicht hier. Das war nun der dritte Kracher.
Scheinbar bekannte Gerichte bekommen eine ganz neue Handschrift
Doch das Fest ging ja jetzt erst richtig los. Nun kamen die Hauptgänge. Ich muss zugeben: Zuerst war ich schockiert, denn er servierte einen Fisch, den ich nicht kannte! Ich las fälschlicherweise Lotte, also Seeteufel – ein Fisch, der in vielen großen Häusern serviert wird. Doch tatsächlich stand da „Lotte de rivière", also ein Flussfisch. Nie gehört. Zu Hause machte ich mich schlau. Dieser Fisch heißt auf Deutsch Quappe, in manchen Gegenden auch Aalrutte, Rutte oder Ruppe. Am Bodensee wird er Trüsche genannt. Trüsche und Trüschenleber gelten am Bodensee als absolute Spezialität. Der lateinische Name ist Lota lota, ein Fisch aus der Ordnung der Dorschartigen, der nur in Süßwasser vorkommt. Verbreitungsgebiete sind Europa und Nordamerika. Er bevorzugt kühle Flüsse und Süßwasserseen. Als ich ihn probierte, war ich restlos begeistert. Ein Gedicht.
Anschließend probierte ich „Tartiflette à ma façon", also Tartiflette auf meine Art. Dieses Gericht kenne ich aus den französischen Alpen, aus Savoyen: ein Kartoffelgericht mit Zwiebeln und Reblochon. Der Reblochon ist ein Käse aus der Gegend, den ich liebe. Ein würziger Kuhmilchkäse, der auch als Reblochon de Savoie bekannt ist. Normalerweise wird dieses Gericht in Pfännchen oder auf großen Tellern serviert. Aber nicht bei Jakub Skarupa! Er serviert dieses Gericht im Brotmantel. Habe ich so noch nie gesehen, aber dieses Variante schmeckte göttlich.
Der dritte Hauptgang war „Bœuf Bourguignon", ein Gericht, das viele kennen und lieben: Rindfleisch in Rotweinsauce. Im „Le Chalet" heißt es aber „Bœuf Bourguignon façon Cannelloni", also „Rindfleisch in Rotwein auf Art einer Cannelloni". Die Präsentation erschien mir fremd, der Geschmack allerdings war toll, wenngleich nicht neu.
Wie die Gerichte hat auch die Weinkarte eine besondere Handschrift. Das scheint in diesem Haus bei allem so zu sein. Kreszenzen nur aus Frankreich, viele aus Frankreichs Süden, aber auch von der Rhône, der Loire, aus Bordeaux und dem Burgund. Natürlich auch Elsässer. Aus Pfaffenheim haben sie hier einen Muscat. Den habe ich mir vorgemerkt.
Das „Le Chalet" ist eine herrliche Neuentdeckung und Jakub Skarupa ein großer Küchenchef, der seinen Weg gehen wird! Dazu ein sehr freundliches Serviceteam, das mich ebenso überzeugte. Ich fahre ganz sicher bald wieder hin!