Echte Grillfreunde lassen sich die Laune von miesem Wetter nicht vermiesen. Die knapp 40 Teilnehmer des fünfstündigen Grillevents der Kochschule Kochkultour hatten in Berus trotz Dauerregens jede Menge Spaß und vor allem leckeres Essen.
Auf der runden Stahlplatte über der Feuerschale brodelt und zischt es lautstark, wenn die Regentropfen auf die heiße Platte treffen. Die Küchenmeister Kai Mehler und Michael Wieler werfen einen kritischen Blick auf die sechs großen Flanksteaks, denn eigentlich sollten diese zischen und brutzeln. „Das wird so nichts, ich denke, wir müssen uns mit dem Schwenker aushelfen. Durch den Regen wird die Platte nicht heiß genug", entscheidet Mehler. Den lodernden Flammen auf dem Schwenker können die Regentropfen zum Glück nichts anhaben, und so ist die knapp halbstündige Zeitverzögerung schnell wieder aufgeholt.
Wettertechnisch steht das Grillevent der Koch- und Patisserieschule Kochkultour an diesem Samstag wirklich unter keinem guten Stern. Von wenigen Minuten abgesehen, regnet es den ganzen Abend. Statt Kochschürzen wären eigentlich eher Schwimmwesten angesagt. Die knapp 40 Teilnehmer des Kurses „Schwenken de Luxe – BBQ und Cocktails", die seit 18 Uhr da sind, lassen sich davon aber nicht beeindrucken und schon gar nicht die gute Laune verderben. Die meisten sind bestens gerüstet und haben wetterfeste Klamotten an – frei nach dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung.
Barmeister sorgt für die Cocktails
Seit mittlerweile zwölf Jahren veranstaltet Kochkultour im Sommer mehrtägige Grillevents mit den unterschiedlichsten Kursen und jedes Jahr an einem anderen Ort. In diesem Jahr stehen die Grills am Sender 1 in Berus. 100 Meter weiter findet an diesem Wochenende parallel dazu die erste Europäische Schwenkmeisterschaft mit Weltrekordversuch statt. Der Kurs „Schwenken de Luxe" ist der Höhepunkt von Mehlers diesjährigem Grillevent und mit knapp 40 Teilnehmern der größte Kurs. Alle duzen sich, viele sind Stammgäste und bereits zum dritten oder vierten Mal dabei, andere sogar zum sechsten Mal. Manche kommen gleich in größeren Gruppen. „Wir sind heute Abend mit acht Mann hier", erzählt Fabian (38) aus Kirkel, während er mit beiden Händen kräftig die Lammhüfte in einem Gefäß durchknetet, um sie zu marinieren. Die Marinade besteht aus Knoblauchzehen, Kreuzkümmel, Koriander und Oregano, kleingeschnittenen Sardellen, der Schale von eingelegten Salzzitronen, Zimt, Paprikapulver und Zitronensaft. Prüfend leckt Fabian einen Finger ab: „Geil!"
Die Teilnehmer werden nicht bekocht, hier muss jeder selbst mithelfen. An drei Gartentischen, die zum Schutz vor dem immer stärker prasselnden Regen mit großen Partyschirmen überdacht sind, schnippeln die Teilnehmer unter Anleitung von Mehlers dreiköpfigem Küchenteam und bereiten an diesem Abend insgesamt vier Gänge zu – alle auf oder in unterschiedlichen Grills. Drei weitere Helferinnen sorgen dank mobiler Spülküche dafür, dass sauberes Geschirr und Besteck niemals ausgehen. Die eingangs erwähnten Flanksteaks bilden die Grundlage des ersten Gangs: Teriyaki vom Flanksteak auf Wokgemüse.
Während an einem Tisch noch die Lammhüfte für den Hauptgang mariniert wird, schnippeln am Nachbartisch andere Teilnehmer die Zutaten für den Wok: Shiitake-Pilze, Austernpilze, Frühlingszwiebeln, rote Paprika, Ingwer und anderes mehr. Auch die Teriyaki- und die Barbecuesoße für die Loin-Ribs werden in Töpfen über dem offenen Feuer unter den wachsamen Augen von Rüdiger (51) gekocht. Er ist extra aus dem Mittelhessischen, aus der Nähe von Gießen, für diesen Abend angereist – immerhin stolze 270 Kilometer. „Ich finde es klasse, dass man hier selbst schnippeln und anpacken muss. Das ist bei vielen anderen Kochschulen nicht so", erzählt er, während er unter fachkundiger Aufsicht in seinem Kessel Knoblauch, Zwiebeln und Peperoni in Öl anschwitzt und anschließend braunen Zucker hinzugibt und darauf achtet, dass alles schön goldbraun wird. Zum Schluss wird das Ganze mit Rotweinessig abgelöscht. „Außerdem bekommt man alle Rezepte mit", erzählt er, während er umrührt. „Und das Preis-Leitungs-Verhältnis stimmt einfach."
Wissenswertes gibt‘s ganz nebenbei
In einer Kühltruhe können sich die Teilnehmer an Bier, Wein, Säften oder Wasser gütlich tun – alles ist im Preis inklusive. Oder sie lassen sich einen Cocktail von Johannes Strauch zubereiten. Der 49-Jährige ist Barmeister mit zwei Läden in Merzig, dem „Kahn – Bar und Restaurant" sowie „Zum kleinen König" in der Altstadt. „Ich mache heute Abend hier vorwiegend den Cocktail ohne Namen", erzählt er lachend. „Der besteht aus Grenadine, Maracuja-Sirup, Rum, Ananas und O-Saft. Am vergangenen Donnerstag lief dagegen der Gin Basil Smash besonders gut – ein Cocktail, der vor sieben Jahren in einer Hamburger Bar erfunden wurde und seither einen Siegeszug um die ganze Welt angetreten hat. Heute ist er auf jeder guten Karte, die etwas auf sich hält, zu finden." Der Gin Basil Smash besteht aus Gin, Zitronensaft, Rohrzuckersirup, Eis und reichlich Basilikum – und schmeckt richtig lecker. Aber auch Mojito oder Piña Colada werden an diesem Abend gerne genommen, und wer noch Auto fahren muss, für den gibt es natürlich auch alkoholfreie Alternativen. Während sich einige Teilnehmer angesichts des Wetters immer häufiger ins Tipi-Zelt zurückziehen, wo gemeinsam gegessen wird, und sich zunehmend lieber den alkoholischen Getränken zuwenden, sind andere den ganzen Abend mit Feuereifer dabei und immer an vorderster Front, wenn es etwas zu tun gibt. Der 48 Jahre alte Thorsten aus Riegelsberg etwa, der Sardellen schnippelt, Teig für die Bagels rollt, Rippchen mariniert und schneidet, Lachs beizt oder vieles andere mehr. Gleiches gilt für Hans-Josef (50) aus Gresaubach bei Lebach und seine Frau Sandra (45). „Wir kochen einfach gerne, und hier trifft man auf Gleichgesinnte. Das macht einfach Spaß", schwärmt er.
Inzwischen ist auch der zuvor gebeizte Lachs soweit. Der ehemals helle Lachs hat die dunkle Farbe eines klassischen Graved Lachs angenommen, wie man ihn abgepackt zu kaufen kriegt. Die drei großen Lachse sind zuvor mit normalem Salz, Pökelsalz und Zucker sowie zerstoßenem Pfeffer-, Senf- und Korianderkörnern eingerieben worden. „Salz und Zucker ziehen Flüssigkeit aus dem Fisch und das Pökelsalz – Nitrit – sorgt für die Umrötung des Lachses", erklärt Kai Mehler. „Man verwendet dabei übrigens mehr Zucker als Salz." Der Koch legt die Lachse auf sogenannte Flammbretter und spannt sie fest, damit sie nicht verrutschen können. Dann werden sie hochkant mit leichter Schräglage über der Glut aufgestellt, fixiert und über dem heißen Rauch langsam gegart.
Währenddessen formen einige Teilnehmer aus dem zuvor gerührten Teig die Dukkah-Bagels. Diese kommen für eine Minute in kochendes Salzwasser und werden anschließend im Tandoor ausgebacken. „Der Tandoor ist ein gut ein Meter hohes Tongefäß, das ursprünglich die Mongolen entwickelt haben und später von den Indern verbreitet wurde", erzählt Christian (48), der die verschiedenen Grills beaufsichtigt und deren Funktionsweise erklärt. „Zunächst wird darin mit Kohle oder Holz ein Feuer entfacht, das ganz herunterbrennt. Dabei heizt sich das etwa fünf Zentimeter dicke Tongefäß auf und alles, was man von oben hineinhängt, wird dann allein durch die Strahlungshitze des Gefäßes gegart." An diesem Abend etwa die Bagels, die Spieße mit der zuvor marinierten Lammhüfte und auch der Mürbeteig für die Nachspeise.
Perfekt gegarte Spareribs
Christian „bewacht" auch die Loin Ribs, die langsam vor sich hingaren. „Die haben wir zunächst drei Stunden im Kugelgrill bei 120 Grad vorgegart, jetzt werden sie in Alufolie mit Cola – man kann auch Apfelsaft nehmen – für zwei Stunden im Fass, dem sogenannte Ugly Drum Smoker, gedämpft. Zum Schluss werden sie nochmals eine Stunde ohne Folie gegart und dabei ein-, zweimal mit der Sauce glaciert."
Die Bagels sind mittelweile fertig, werden aufgeschnitten, noch ein dicker Klecks Rote-Bete-Frischkäse und etwas Lachs darauf – fertig. Und geschmacklich so richtig genial.
Gegen 22 Uhr ist auch der Hauptgang fertig: die im Tandoor gegarte Lammhüfte mit Okraschoten-Bohnen-Gemüse und Humus – zusammen serviert mit den Loin Ribs. Vor allem die Ribs sind ein Gedicht: so zart, dass das Fleisch fast von alleine vom Knochen fällt.
Und auch das Dessert zum Abschluss eines langen Grillabends ist gegen 23 Uhr ein kleines Highlight: ein Nuss-Mürbeteig mit Zimt und Nelken, im Tandoor ausgebacken zu kleinen Törtchen, mit einer Füllung aus Limette, Schmand und Ei, die abschließend abgeflämmt werden. Dazu gibt es gegrillte Wassermelone. Ja, richtig gelesen: über dem Feuer gerillte Wassermelonenstücke am Spieß. Die Melonenstücke haben so einiges an Flüssigkeit verloren und dafür ein Raucharoma angenommen. Bevor sie serviert werden, werden sie abschließend noch in einem Minz-Sirup gewendet. Ein toller Abschluss eines gelungenen Abends – Regen hin oder her.
Wer jetzt Lust bekommen hat, muss sich leider noch etwas gedulden: Das nächste mehrtägige Grillevent findet erst im Juni kommenden Jahres statt, dieses Mal dann in Reinheim. Bis dahin kann man sich aber gut und gerne die Zeit mit dem ein oder anderen der weit mehr als 100 Kochkurse vertreiben, die die Kochschule Kochkultour das ganze Jahr über anbietet. Und für die braucht man garantiert keine Schwimmweste.