Das Istaf am 1. September findet dieses Mal unter besonderen Vorzeichen statt. Weil die WM 2019 so spät liegt, steigt das Leichtathletik-Meeting in diesem Jahr vor dem Saisonhöhepunkt. Die Stars kommen mit vollen Akkus ins Olympiastadion.
Das Berliner Publikum war in letzter Zeit wahrlich verwöhnt, was hochkarätige Leichtathletik-Veranstaltungen angeht. In der Hauptstadt wurden nicht nur die Europameisterschaften 2018 ausgetragen, sondern auch die diesjährigen deutschen Meisterschaften Anfang August, hinzu kamen die jährliche Austragungen des Internationalen Stadionfests Istaf und seiner Hallenvariante Istaf Indoor. „Das waren zuletzt so viele Highlights, dass ich hoffe, dass sich die Zuschauer nicht irgendwann sattgesehen haben", meinte deshalb schon zu Beginn der Saison Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler. Momentan sieht es allerdings nicht danach aus, als würde bei den Leichtathletik-Fans eine gewisse Sättigung einsetzen. Zu den nationalen Titelkämpfen strömten unlängst an zwei Tagen über 60.000 Besucher ins Olympiastadion – so viele wie seit 40 Jahren nicht mehr. Und auch das Istaf am 1. September wird sich niemand entgehen lassen wollen, schließlich findet das Meeting in diesem Jahr unter ganz besonderen Vorzeichen statt.
Weil die Weltmeisterschaften in Doha (Katar) in diesem Jahr erst Ende September beginnen, steigt das Istaf 2019 ausnahmsweise vor dem Saisonhöhepunkt und wird damit zur großen Generalprobe für die WM. „Wenige Tage nach dem Istaf endet der Meldezeitraum für die WM. Viele Stars werden es im Olympiastadion noch einmal so richtig krachen lassen. Die sportlichen Leistungen werden extrem gut sein. Für einige ist das Istaf vielleicht die letzte Chance, um noch auf den WM-Zug aufzuspringen", sagt Meetingdirektor Martin Seeber.
Auch Speerwerfer Thomas Röhler sieht in dem neuen Termin eine große Chance für das Istaf. „Bisher waren die Sportler oft ausgepowert von einer langen Saison, wenn sie nach Berlin kamen", sagt er. „Dieses Mal kommen sie mit vollem Akku. Vier Wochen vor dem Saisonhöhepunkt ist davon auszugehen, dass viele Sportler schon ein enormes Potenzial abrufen können. Wenn sie das an dem Tag tun, dann werden wir da echte Leistungssprünge sehen."
„Für einige ist das die letzte Chance"
Besonders im Speerwurf der Männer sind die Erwartungen hoch. In dieser Disziplin schickt Deutschland mit Röhler, Weltmeister Johannes Vetter, dem letztjährigen Weltjahresbesten Andreas Hofmann sowie Bernhard Seifert und Julian Weber gleich fünf Weltklassewerfer ins Rennen, die allesamt eine Bestleistung von über 88 Meter vorweisen können, die drei erstgenannten sogar von über 92 Meter. Im Olympiastadion wollten die Speere bei ihnen bislang allerdings noch nicht ganz so weit fliegen – dort hält immer noch der Tscheche Jan Zelezny den Meeting-Rekord von 91,30 Meter. „Mit den 90 Metern habe ich im Olympiastadion noch eine Rechnung offen. Vielleicht kann ich sie dieses Mal abhaken", sagt Thomas Röhler, der sich vor einem Jahr an gleicher Stelle auch zum Europameister krönte.
„Es freut uns sehr, dass bereits jetzt so viele nationale und internationale Topathleten zugesagt haben und beim Istaf starten. Weitere werden noch folgen", sagt Meeting-Direktor Martin Seeber. Insgesamt standen bei Redaktionsschluss bereits 13 der geplanten 15 Disziplinen fest. Bei den Männern sind das neben dem Speerwurf die 100 Meter und 110 Meter Hürden sowie Hochsprung, Stabhochsprung und Diskuswurf. Die Frauen treten über 100 Meter und 4x100 Meter, 100 Meter Hürden, 2.000 Meter Hindernis, 5.000 Meter sowie im Weitsprung und im Kugelstoßen an. Dabei treffen in allen Disziplinen die jeweils besten deutschen Athleten auf die internationalen Stars der Szene.
Etwa im Weitsprung, wo sich die deutsche Meisterin, Europameisterin und Weltjahresbeste Malaika Mihambo unter anderem mit Vize-Europameisterin Maryna Bech-Romantschuk (Ukraine) und der EM-Dritten Shara Proctor (Großbritannien) auseinandersetzen muss. Mit Ese Brume (Nigeria) und der Olympiazweiten von 2012, der als neutrale Athletin startenden Russin Yelena Sokolova, sind zwei weitere Sieben-Meter-Springerinnen am Start. Große Flüge, wenngleich eher in der Vertikalen, sind auch im Stabhochsprung zu erwarten. Dort bekommt das Berliner Publikum einen alten Bekannten zu Gesicht: Europameister Armand Duplantis aus Schweden, der bei seinem EM-Sieg 2018 mit 6,05 Meter zu begeistern wusste. Der erst 19-Jährige zählt schon jetzt zu den ganz großen Stars der Leichtathletik und wird bereits als Nachfolger des zurückgetretenen Sprinters Usain Bolt (Jamaika) gehandelt, wenn es darum geht, wer die Sportart künftig repräsentieren soll. Beim Istaf muss sich Duplantis allerdings starker Konkurrenz erwehren. Neben Sechs-Meter-Springer Piotr Lisek (Polen) sind mit Torben Blech, Bo Kanda Lita Baehre und Ex-Weltmeister Raphael Holzdeppe auch drei starke deutsche Stabhochspringer gemeldet.
„Es freut uns, dass so viele Topathleten zugesagt haben"
Hochsprung-Europameister Mateusz Przybylko trifft an der Stätte seines größten Triumphes unter anderem auf den EM-Zweiten Maksim Nedasekau (Weißrussland). Im Kugelstoßen peilt Christina Schwanitz ihren insgesamt vierten Istaf-Sieg an, ihre härteste Konkurrentin dürfte Europameisterin Paulina Guba aus Polen sein. Im Diskuswurf messen sich der Deutsche Meister Martin Wierig und Olympiasieger Christoph Harting mit Welt- und Europameister Andrius Gudzius aus Litauen.
Gut besetzt sind auch die Wettbewerbe auf der blauen Bahn des Olympiastadions. Über 100 beziehungsweise 110 Meter Hürden müssen die beiden Deutschen Meister Cindy Roleder und Gregor Traber jeweils gegen die Europameister ran – Elvira Herman (Weißrussland) und Pascal Martinot-Lagarde (Frankreich). Im Sprint richten sich alle Augen auf die deutsche Meisterin Tatjana Pinto sowie die Lokalmatadoren Gina Lückenkemper und Lisa-Marie Kwayie. „Wer beim Istaf abliefert, der weiß, dass er bereit für Doha ist", sagt Kwayie. „Es ist eine gute Gelegenheit, um sich noch einmal mit der internationalen Konkurrenz zu messen und dann hoffentlich mit einem guten Gefühl zur WM zu fahren."
Dieses Ziel hat auch Hindernis-Europameisterin Gesa Felicitas Krause. Um ihr eine optimale Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften zu ermöglichen, haben die Organisatoren extra die sonst eher selten gelaufenen 2.000 Meter Hindernis ins Programm genommen. Bereits 2015 hatte Krause beim Istaf über diese Distanz eine neue deutsche Bestleistung aufgestellt, nachdem sie kurz zuvor WM-Bronze geholt hatte. Sie hätte sicher nichts dagegen, wenn es dieses Mal andersherum läuft. Zum ersten Mal beim Istaf läuft dagegen Alina Reh, die deutsche Vizemeisterin über 5.000 Meter. Nachdem sie mit ihrem Rennen bei der DM nicht ganz zufrieden war, meinte sie, dass sie für dieses Jahr noch nicht fertig sei mit diesem Stadion.