Mit Kreditkarte bezahlen ist einfach – zu einfach. Das sagt zumindest die EU. Sie hat eine neue Richtlinie entwickelt: Ab Mitte September muss sich jeder doppelt ausweisen. Wer seine Karte weiter benutzen möchte, muss aktiv werden und sich für das neue Verfahren registrieren.
Einkaufen mit Kreditkarte im Internet – vielen ist bewusst, dass das heikel sein kann. Ganz Vorsichtige haben immer schon einen Bogen darum gemacht. Denn es genügt, bei einer Zahlung an einen Internetanbieter seine Kreditkartennummer, das Gültigkeitsdatum plus den dreistelligen aufgedruckten Code, die Prüfziffer, auf der Rückseite der Karte einzugeben. Oder anders herum: Wer die Karte hat, kann damit munter auf Shoppingtour gehen. Persönliche Identifizierung? Fehlanzeige. Umso wichtiger war es, eine abhandengekommene Karte sofort sperren zu lassen.
Ab dem 14. September tritt eine neue EU-Richtlinie in Kraft, genannt PSD2 (Payment Service Directive 2). Mit ihr gelten neue Regeln. Wer online Zahlungen tätigt, muss sich künftig auf zwei verschiedene Arten ausweisen. Neben die Kreditkartennummer tritt eine zweite Identifikationspflicht, die an die persönlichen Daten des Nutzers der Karte gebunden ist. Das Verfahren heißt: 3D-Secure-Verfahren. Allerdings haben sich die Kreditinstitute schicke eigene Namen für ein und dasselbe ausgedacht: Bei Visa spricht man von „Verified by Visa", bei Mastercard von „Mastercard Identity Check", bei American Express von „Safekey".
Das Wichtigste, um nach dem Stichtag weiter online mit Kreditkarte zahlen zu können: Jeder Kunde muss selbst aktiv werden und sich bei seiner Bank für das neue Verfahren registrieren. Und das möglichst Anfang September, damit der Übergang lückenlos klappt.
Registrierung und Einkauf mit Smartphone
Die Schritte 1 bis 4 bestehen aus der einmaligen Registrierung. Man braucht einen Internetzugang auf Computer oder Tablet, die Kreditkarte und ein Smartphone. Jede Bank hat auf ihrer Homepage eine Maske eingerichtet, die einen durch die Schritte führt. Wir haben uns am Sparkassen-Verfahren orientiert.
Schritt 1: Auf der Homepage der Bank rufen Sie die Überschrift „Sicherheitsverfahren für Kreditkarten" auf. Im dort erscheinenden Onlineformular wählen Sie die Art der Kreditkarte (Visa/Mastercard) und tragen die eigene Kreditkartennummer ein.
Schritt 2: Beim Klick auf „Weiter" verlangt das System einen Code, den man extra anfordern muss.
Wie Sie den Code erhalten, dafür haben Sie Wahlmöglichkeiten: So können Sie sich direkt auf der Seite für die Möglichkeit per Überweisung entscheiden –
dann überweist die Bank am nächsten oder übernächsten Tag einen Cent-Betrag auf das Kreditkartenkonto. In der dazu gehörenden Zeile „Verwendungszweck" steht der Identifikationscode. Oder Sie fordern den Code per Brief an. Das dauert in der Regel vier Tage.
Schritt 3: Hat man den Code erhalten, ruft man die Registrierungsseite der Bank erneut auf. Jetzt kann man zusätzlich zu der Kreditkartennummer den Identifikationscode eingeben. Darauf erscheint ein QR-Code (ein Viereck aus kleinen schwarzen und weißen Flächen).
Jetzt machen Sie das Smartphone bereit: Installieren Sie aus dem App-Store die kostenlose App „S-ID-Check". Bei unterschiedlichen Banken heißt die entsprechende App zum selben Zweck unterschiedlich – beispielsweise bei den Volksbanken „VR-SecureCARD".
Schritt 4: Jetzt bringen Sie Smartphone und Kreditkarte zusammen: Mit Ihrer S-ID-Check-App scannen Sie den QR-Code vom Computerbildschirm. Danach wird von Ihnen eine PIN, also eine Geheimzahl, verlangt. Diese PIN wählen Sie einmalig selbst. Gut merken! Ihre PIN müssen Sie nämlich künftig bei jedem Kreditkarten-Einkauf im Internet eingeben. Alternativ kommt auch der von Ihnen hinterlegte Fingerabdruck auf dem Smartphone infrage.
Die Registrierung ist damit abgeschlossen. Geschafft!
Schritt 5: Wie funktioniert nun das Einkaufen? Nach Eingabe Ihrer Kreditkartennummer auf der Seite Ihres Online-händlers erhalten Sie automatisch eine Nachricht auf Ihrem Smartphone: S-ID-Check zeigt Ihnen die kompletten Zahlungsdaten an. Ist alles korrekt, bestätigen Sie die Zahlung durch Eingabe der von Ihnen gewählten PIN beziehungsweise durch den Fingerabdruck.
Registrierung und Einkauf mit Handy
Es gibt auch die Möglichkeit, sich über ein normales Handy registrieren zu lassen. Dann erhalten Sie für jede Zahlungsfreigabe eine mTAN-Nummer (mobile Transaktionsnummer) per SMS zugesandt – die von früher gewohnten TAN-Papierlisten gelten nicht mehr.
Schritt 1 bis 3 laufen wie oben ab. Bei Schritt 4 werden Sie aufgefordert, Ihr Handy registrieren zu lassen. Nach einer Sicherheitsabfrage tippen Sie Ihre Mobilfunknummer ein. Sie erhalten automatisch eine SMS mit einer vierstelligen Nummer. Geben Sie diese auf der Internetseite der Bank ein – Ihr Handy ist registriert.
Schritt 5: Beim Einkaufen erhalten Sie nach Eingabe der Kreditkartennummer auf der Seite des Onlinehändlers eine SMS mit den Zahlungsdaten und eine weitere mit einer mTAN. Sind die Zahlungsdaten korrekt, geben Sie die mTAN beim Onlinehändler ein und der Vorgang ist erledigt.
Egal ob über Smartphone oder Handy: Die zweite Identifikationsmöglichkeit soll den Kunden vor Kreditkartenmissbrauch schützen. Die PIN kennen nur Sie, und nur Sie können auf Ihrem Smartphone damit eine Zahlung freigeben – oder mit der nur Ihnen bekannten mTAN die Bestellung auf der Internetseite Ihres Händlers bestätigen. Doch mehr Schutz bedeutet auch mehr Aufwand. Wer sein Smartphone oder Handy verliert, wer es gerade nicht dabei hat oder wem es gestohlen wurde, der kann online nicht mehr einkaufen und auch sonst keine Zahlung mehr veranlassen. Zudem wenden Kritiker ein, dass Händler und Bank ohne Zutun des Kunden Daten austauschen, wenn eine Zahlung erfolgen soll. Ob das mit dem Datenschutz vereinbar ist, wird noch diskutiert.
Sollte die Kreditkarte verloren gehen, müssen Kunden diese nach wie vor umgehend sperren lassen. Neu ist, dass die Bank benachrichtigt werden sollte, falls das Legitimationsmedium – also Handy oder Smartphone – verloren gehen.
Die neue Regel soll ab dem 14. September für alle Onlinehändler in der gesamten EU gelten. In Deutschland ist für die Umsetzung die Bundanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zuständig. Die hat aber schon festgestellt, dass sich viele Onlinehändler – im Unterschied zu den Banken – noch gar nicht auf die neuen Bestimmungen eingestellt haben. Und die Deutschen hinken nicht als einzige hinterher: Auch der europäische Handelsverband Euro Commerce hat bei der EU einen Fristaufschub gefordert und für eine stufenweise Einführung plädiert. Die Bafin hat jedenfalls signalisiert, dass sie bei den kleineren Onlinehändlern eine Verzögerung nicht monieren wird.
Frank-Christian Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) jedenfalls meint: „Als Verbraucher müssen wir uns darauf einstellen, dass elektronische Zahlungen ab Mitte September etwas komplizierter werden." Allerdings: Wenn die Verbraucher die neuen Zahlungsmethoden als „zu umständlich" ablehnen, könnte der Kauf auf Rechnung oder per Lastschrift wieder an Beliebtheit gewinnen. Sie sind von der Regulierung nicht betroffen. Die Handelsforscher vom EHI Retail Institut in Köln haben ohnehin ermittelt, dass die Deutschen gemessen am Umsatz rund die Hälfte ihrer Onlinekäufe per Rechnung oder Lastschrift bezahlen. Online einkaufen geht eben auch ohne Kreditkarte.