Wie können die Abgase von Fahrzeugen und Heizungen schneller sinken als bisher? Wenn die Bundesregierung demnächst den Weg bis 2030 absteckt, geht es immer wieder ums Geld. Ein Überblick über die zentralen Themen.
Eine Art Neustart der Energiewende will die Bundesregierung am 20. September mit ihren Klima-Beschlüssen hinlegen. Es geht um grundsätzliche Entscheidungen, damit Deutschland seine Verpflichtungen einhält – erst mal bis 2030. Die Regierung steht unter Druck, weil sie das Klima-Ziel für 2020 vorhersehbar verfehlen wird. Wir erklären die wichtigsten Punkte.
Der Preis
Der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO₂) soll teurer werden. Darüber sind sich CDU, CSU und SPD im Prinzip einig, ebenso die Opposition im Bundestag aus FDP, Linken und Grünen, mit Ausnahme der AfD. Der Preis für den Verbrauch fossiler Energieträger wird wohl steigen – für Benzin, Diesel, Heizöl, Erdgas und Kohle. Dabei geht es vor allem um die Abgase von Fahrzeugen und Gebäuden. Durch steigende Kosten wollen die Politiker eine Verhaltensänderung der Verbraucher bewirken – weg von konventionellen Treibstoffen hin zu regenerativer Energie und zu mehr Energieeffizienz. Die Regierung kann den Verbrauch beeinflussen, indem sie einen höheren staatlichen Aufschlag auf den Preis festsetzt, zu dem die Unternehmen die Energie anbieten.
Der Emissionshandel
Ein Mechanismus, um fossile Energie staatlich zu verteuern, ist der Emissionshandel, der auf europäischer Ebene bereits für Kraftwerke und große Industrieanlagen läuft. Vor allem die Union neigt zu der Idee, einen zusätzlichen Emissionshandel für Verkehr und Gebäudeheizungen zu etablieren. Der würde grundsätzlich so funktionieren: Im Auftrag der Deutschen Emissionshandelsstelle des Umweltbundesamtes versteigert die Strombörse in Leipzig Verschmutzungszertifikate an Ölraffinerien und andere Unternehmen, die hierzulande fossile Energie verkaufen. Die Kosten der Zertifikate legen die Firmen auf die Endkundenpreise für Benzin und Heizenergien um. Weil die Menge der Verschmutzungsrechte jedes Jahr sinkt, steigen die Preise. Um die Ausschläge für die Verbraucher in Grenzen zu halten, könnte man Unter- und Obergrenzen definieren.
Ein Problem dabei: Ein nationaler Emissionshandel für Verkehr und Gebäude existiert bisher nicht. „Das wäre ein für Deutschland vollkommen neuer Ansatz", sagt Christoph Kühleis, Chefökonom der Emissionshandelsstelle. „Die Vorbereitung würde mehr als zwei Jahre in Anspruch nehmen, ein Start des Systems vor 2022 wäre also nicht zu erwarten." Das müsse und könne schneller gehen, argumentiert dagegen CDU-CSU-Fraktionsvize Andreas Jung. Schon 2021 solle das neue System arbeiten.
Die Kohlendioxid-Steuer
Die SPD plädiert dagegen für eine höhere Steuer, um das verhaltensändernde Preissignal zu senden. Das ist vergleichbar mit den gegenwärtigen Energiesteuern auf Mineralöl und Strom, nur ausgerichtet am Grad des jeweiligen Kohlendioxid-Ausstoßes. Während beim Emissionshandel die Menge der Zertifikate genau festgelegt ist, und der Preis mit Angebot und Nachfrage schwankt, ist es bei der Steuer andersherum. Hier definiert der Gesetzgeber den exakten Aufschlag – beispielsweise anfänglich zehn Cent pro Liter Benzin – und hofft damit, die Reduzierung der Abgasmenge auszulösen. Wie lange das dauert, welche Steuererhöhungen nötig sind, bis es klappt, weiß man allerdings nicht genau. Vielleicht fahren die Leute ihre Benzinautos trotz höherer Kosten weiter, weil es zu wenige Alternativen gibt. Sie würden zwar draufzahlen, doch die Abgase gingen nicht zurück.
Das ist ein Argument gegen die Steuer und für den Emissionshandel. Viele CDU- und CSU-Politiker lehnen die Steuerlösung auch deshalb ab, weil sie schlicht keine Steuererhöhung wollen. Allerdings ist die Union nicht ganz konsistent. Flugtickets müssten teilweise teurer werden, heißt es – mittels höherer staatlicher Abgaben. Umgekehrt soll Bahnfahren billiger werden, indem die Mehrwertsteuer auch für den Fernverkehr von 19 auf sieben Prozent sinkt. Außerdem erscheint es realistisch, dass die Kraftfahrzeugsteuer für CO₂-arme Autos bald abgesenkt wird, für Wagen mit hohem Ausstoß jedoch deutlich steigt. Auch das wäre ein Preissignal. „Unterm Strich sollen die Bürgerinnen und Bürger nicht draufzahlen", betont CDU-Politiker Jung jedoch.
Ein sozialer Ausgleich
Diesen verspricht SPD-Umweltministerin Svenja Schulze. Als Kompensation für die höhere Steuer auf Treibstoff und Heizwärme schlägt sie eine Pro-Kopf-Prämie für alle Bürger vor, „gerade um kleine und mittlere Einkommen zu entlasten". Jeder würde beispielsweise 80 Euro pro Jahr vom Staat ausgezahlt bekommen. Weil die Überweisung an 82 Millionen Personen, deren Kontonummern nicht zentral erfasst seien, zu kompliziert erscheint, will Jung (CDU) jedoch lieber die Pendlerpauschale anheben. Diese wird als Ausgleich für den Weg zur Arbeit von der Einkommensteuer abgezogen. „Und dann sollte es auch hier ein Klima-Signal geben: Wer etwa Bahn fährt, könnte einen deutlich höheren Steuerabzug erhalten", sagt Jung. Zudem plädieren CDU und CSU dafür, die Öko-Umlage beim Strom zu reduzieren, die heute alle Kunden zur Finanzierung der erneuerbaren Energien entrichten. Insgesamt lautet die Ansage: Der Staat macht den CO₂-Ausstoß teurer, gibt die Einnahmen aber an die Bürger zurück.
Die Zuschüsse
Fossile Energie und Abgasausstoß zu verteuern, ist nur die halbe Miete. Damit die Leute auf umweltfreundliche Fahrzeuge umsteigen und die Heizanlagen der Gebäude umrüsten, müssen deren Anschaffungskosten sinken, so ein Argument. Das lässt sich etwa mit einem höheren staatlichen Zuschuss zum Kauf eines Elektroautos oder einer Abwrackprämie für die alte Ölheizung erreichen. Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein schlägt zudem höhere Steuerabschreibungen vor, die es Immobilienbesitzern erleichtern, Investitionen in moderne Heiztechnik zu tätigen, ohne diese komplett auf die Mieter umzulegen.
Die Klima-Anleihe
Viele dieser Maßnahmen kosten allerdings Geld, das in den Bundeshaushalten der nächsten Jahre möglicherweise nicht mehr so einfach zu finden ist. Daher kommt die Idee, dass beispielsweise die öffentliche KfW-Bankengruppe eine Klima-Anleihe im Wert von 150 Milliarden Euro auflegt, die Bürger diese Wertpapiere kaufen und dafür Zinsen von vielleicht zwei Prozent jährlich erhalten. Die Mittel stünden dann für viele Programme zur Verfügung, die nicht direkt aus den Staatshaushalten finanziert würden. Die Milliarden aus der Anleihe könnten teilweise auch in die Erforschung und Entwicklung synthetischer Kraftstoffe und die Wasserstoff-technologie geleitet werden, damit nicht alles von der Elektromobilität abhängig ist. Dass der Staat in diesem Fall vernünftige Zinsen zahlt, könnte manchen Bürger mit der Klimapolitik versöhnen. Wobei es für die öffentliche Hand derzeit billiger wäre, einfach Staatsanleihen zu verkaufen, für die sie keine Zinsen bieten muss. Aber dagegen spricht ein anderes Prinzip von CSU und CDU: Zusätzliche Schulden im Bundeshaushalt will man unbedingt vermeiden. Die sogenannte Schwarze Null ist heilig. Noch.