In der Herbst- und Wintersaison führt in der Menswear kein Weg an der gegerbten Tierhaut vorbei. Prinzipiell können die Herren dabei ihre komplette Garderobe aus diesem Materialklassiker neu zusammenstellen – ungeachtet aller Stilrichtungen. Das reicht von cooler Eleganz bis zur rebellischen Punk-Kreation.
Nach Jahren der unübersehbaren Dominanz von sportivem Athleisure- oder bequemem Schlabber-Look wendet sich die Menswear in der kalten Jahreszeit wieder ihren klassischen Wurzeln zu. Klar zu erkennen ist das am Comeback der eleganten Herrenanzüge – aber auch an der Rückbesinnung quasi aller Designer auf das Material Leder, das sich durch seine Langlebigkeit auszeichnet. Auf den Laufstegen von London, Mailand und Paris bewiesen die angesagtesten Labels, dass die Herren der Schöpfung sich ihre gesamte Garderobe mit neuesten Leder-Kreationen zusammenstellen könnten. Von Jacken und Mänteln bis hin zu Hemden und Hosen.
Der All-Over-Look war dabei ebenso beeindruckend wie das Highlighten des Erscheinungsbildes durch gezielte Eyecatcher wie hochelegante Lederblazer oder schwarze Ledermäntel, die für viele Experten so etwas wie das Must-have der Saison darstellen.
In den Kollektionen waren aber weit mehr als bekannte „Matrix"-Stücke zu bestaunen. Und bei den Biker-Jacken ist das Angebot längst nicht mehr nur auf Neuinterpretationen des legendären Modells beschränkt, das im Jahr 1928 von Irving Schott entworfen wurde. Schauspiel-Legende Marlon Brando machte es als Johnny Strabler im Streifen „Der Wilde" (1953) populär und gleichzeitig zu einem Symbol für jugendliche Rebellion.
Die aktuelle Palette der Lederklamotten ist vom Schnitt und Styling so breit angelegt, dass quasi für jeden Mann etwas darunter zu finden sein dürfte. Je nach Gusto kann er zwischen eleganten Teilen oder rockig-punkigen Kreationen wählen. Beginnen wir einfach mal mit der eleganten Leder-Bekleidung, die teils so formell gehalten ist, dass sie durchaus im Business-Alltag als Alternative zum Anzug getragen werden kann. Labels wie Alyx, Céline, Dior oder Berluti haben pfiffige Lösungen entworfen. Sehr gelungen ist Designer Kris van Assche ein hellbrauner Suit für Berluti.
Elegante Umsetzung der Bomberjacke
Ein eleganter Komplettleder-Look muss natürlich nicht zwangsläufig nur aus einem Anzug bestehen. Das haben Lucie und Luke Meier bei Jil Sander mit einer Kombi aus grauem Oversize-Hemd und farblich entsprechender Hose bewiesen, während Oliver Rousteing bei Balmain und Silvia Fendi bei Fendi sich für das perfekte Paar aus langem Mantel und enger Hose entschieden haben.
Bei den eleganten Leder-Blazern führt kein Weg an Céline vorbei. Kein Wunder, zeichnet dafür doch kein Geringerer als Hedi Slimane verantwortlich. Er gilt als Erfinder der Slim-Fit-Silhouette, der das unter Phoebe Philo zu Kultstatus aufgestiegene Traditionshaus um eine Herrenlinie erweitern durfte. Dabei machte er vom Start weg mit spektakulären Entwürfen von sich reden. Während die Céline-Blazer Zweireiher sind, haben andere Marken wie Dunhill, Marni oder Berluti eine gerade Leder-Blazer-Ausführung gewählt.
Die neuen schicken Lederhosen sind relativ weit geschnitten, die schönsten Teile haben Hermès und Dior Men jeweils in ihrem aktuellen Sortiment. Auch die leicht taillierten und geknöpften Pardessus gibt es in interessanten Leder-Umsetzungen, wobei Berluti mit einem Kalbsleder-Zweireiher zur Stelle ist, während man bei Dunhill, Hermès oder Dior die schlichtere Variante findet. Die tollsten Trenchs stammen von Givenchy, Louis Vuitton, Marni, Fendi, Prada, Neil Barrett, Dolce und Gabbana und Céline, während bei den Macintoshs Louis Vuitton, Paul Smith und Dunhill die Nase vorn haben. Sogar die unter dem Namen Caban bekannten Regenmäntel gibt es diesen Winter in der Leder-Version, beispielsweise von Marni, Hermès oder Dolce und Gabbana. Leder-Hemden, die zumeist lässig über der Hose getragen werden, haben Dunhill oder Neil Barrett vorgestellt, selbst die Holzfäller-Variante kann bei Hermès erworben werden. Bei den Jacken überrascht Prada mit einer Safari-Interpretation, während der Klassiker Bomberjacke in eleganter Umsetzung bei Marken wie Ami oder Dolce und Gabbana auftaucht.
Wer mehr der unkonventionelle Typ ist, dem dürften die neuen Leder-Pieces im Punk-Rock-Style gefallen. Die dürften garantiert auch Protagonisten wie dem früheren Black-Sabbath-Frontmann Ozzy Osbourne oder den coolen Hells Angels zusagen. Auch wenn sie sich an die Fliegerjacken mit aufgebauschten Ärmeln von Isabel Marant wohl erst etwas gewöhnen müssten. Mit den neuen Perfectos von Céline, Neil Barrett oder Balmain dürften sie allerdings keinerlei Probleme haben. Die rockigen Lederhosen sind hauteng geschnitten, das typische Rocker-Beinkleid findet sich in gewohnter Attitüde bei Labels wie Céline, Givenchy, Ann Demeulemeester oder Paul Smith. Fans von Marilyn Manson dürfte der Langmantel mit Gothic-Touch von Raf Simons gefallen. Meat-Loaf-Getreue werden sich in Leder-Trenches von John Lawrence Sullivan wohlfühlen. Dass man die traditionelle britische Arbeiterkluft, Donkeyjacke genannt, durchaus nicht nur aus Wollfilz, sondern auch aus Leder gestalten kann, haben Bobby Abbley und Pronounce unter Beweis gestellt. Und wer unbedingt nach dem Vorbild so mancher Rockstars als männliche Raubkatze durch die Welt stolzieren möchte, kann dies wahlweise in Lederklamotten von Céline, Dior (Tigerstreifen), Marni (Leopard), Versace (Panther) oder Neil Barrett tun. Die schönsten Motorrad-Kluft-Kombis sind Dior Men und Céline gelungen. Die Leder-Fetisch-Abteilung möchten wir hier außen vor lassen, aber immerhin erwähnen, dass Interessierte entsprechende Klamotten bei Labels wie Art School oder Daniel Fletcher finden.
Einfärbungen mit ungewohnten Farbtönen
Was die Ledersorten betrifft, so haben die Designer sich aktuell vor allem für die verarbeiteten Häute von Lamm und Kalb entschieden. Mal haben sie das Material möglichst natürlich belassen, mal metallisiert wie bei Paul Smith, mal marmoriert wie bei Fendi, mal künstlich auf used getrimmt wie bei Dior, mal geknittert wie bei Neil Barrett und mal patiniert wie bei Berluti. Das Einfärben gilt es, nicht zu vergessen, wobei für die Herrenmode schon mal ziemlich ungewohnte Töne wie Orange bei Acne oder Rosa wie bei Berluti herausgekommen sind. Aufwendig eingearbeitete Schachbrettmuster oder Logos wie bei Fendi oder Louis Vuitton sollte man ebenfalls erwähnen. Noch komplizierter sind die patchworkähnlichen Lederkreationen bei Fendi, Hermès oder Louis Vuitton. Printmuster weisen manche Klamotten von Dsquared, Fendi oder Louis Vuitton auf. Nicht unerwähnt bleiben soll der Python-Print bei Marni, Céline oder Paul Smith. Selbst Kroko gibt es auf Berluti-Blousons oder Trenchs von Louis Vuitton.