Die Bedeutung der Offshore-Anlagen ist in den letzten Jahren gestiegen, die Technik hat sich bewährt. Auch die fernere Zukunft der Windkraftanlagen auf dem Meer sieht rosig aus.
Laut aktuellem Windenergiereport wurden im vergangenen Jahr 22 Prozent weniger Anlagen in Betrieb genommen als noch 2017. Doch man sollte sich davon nicht täuschen lassen. Tatsächlich nimmt die Windenergie eine wichtige Rolle in der bundesdeutschen Energieversorgung ein. Und weil an Land aufgrund naturschutzrechtlicher Fragen, Sorgen von Anwohnern über Lärmbelästigung sowie diverser Abstandsregelungen momentan nur wenig neu gebaut wird, steigt damit auch die Bedeutung der Offshore-Anlagen.
„Die Technik hat sich bewährt. Die ersten Anlagen haben mehr produziert als erwartet wurde", sagt Bernhard Lange, der Bereichsleiter Windparkentwicklung am Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES) in Bremerhaven. Mittlerweile würden die Offshore-Windparks, die in fünf Jahren gebaut werden sollen, auch ohne staatliche Förderung geplant werden und sich allein aus den Erlösen aus dem Stromverkauf finanzieren. Dass die Ausbaurate trotzdem gesunken ist, hat also vielmehr mit einem Systemwechsel im Bereich der Windenergie auf See zu tun. Während früher die Betreiber die Anträge stellten, gibt es seit 2017 ein Ausschreibungsverfahren durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Allein das Amt entscheidet, an welchen Stellen neue Windparks errichtet werden – der Ausbau geht geordneter, aber eben auch langsamer vonstatten.
Der Vorteil solcher Offshore-Windparks liegt darin, dass der Wind auf dem Meer kräftiger weht als an Land, die Anlagen also besser ausgenutzt werden. Allerdings sind sie deutlich teurer, weil im Wasser widerstandsfähigere Materialien benötigt werden und die Installation und Wartung deutlich kostenintensiver sind. Ein größerer Windpark kann durchaus eine Milliarde Euro kosten.
Viele Bedenken bereits ausgeräumt
Lange ist seit 2007 auch Projektkoordinator der Offshore-Forschungsinitiative RAVE (Research at Alpha Ventus), in der die Forschung am gleichnamigen Forschungs-Windpark 45 Kilometer nördlich der Insel Borkum gebündelt ist. Am Anfang habe es viele Bedenken gegeben: zu Vögeln und Schweinswalen und wie sich die Windparks auf ihre Lebensweise auswirken, zu U-Booten, Schiffsverkehr und Strömungen. „Inzwischen kann man sagen, dass das Allermeiste davon ausgeräumt werden konnte, weil es entweder kein Problem gab oder dafür entsprechende Lösungen gefunden wurden", sagt der IWES-Wissenschaftler. Auch die erste Aufregung der Tourismusbranche, die eine Verschandelung der Küstenlandschaft befürchtete, habe sich längst gelegt. „Man hat festgestellt, dass man die Anlagen in der Regel gar nicht sieht."
Schon heute fallen die Anlagen größer aus als an Land. „Dort könnte man so etwas gar nicht aufstellen, weil sie zu groß sind, als dass man sie mit dem Lkw transportieren könnte. Solche Windräder müssen deshalb in der Regel schon in der Nähe der Küste gefertigt und dann verschifft werden", sagt Lange. Er prognostiziert, dass die Anlagen in Zukunft sogar noch deutlich größer werden. „Anstatt von sechs Megawatt reden wir dann über zwölf bis 15 Megawatt", sagt er, wodurch gleichzeitig auch weniger Windräder gebaut werden müssen, um die gleiche Leistung zu erzielen. Das brächte geringere Baukosten für die Fundamente mit sich – Offshore einer der größten Kostenfaktoren. „Das Fundament ist neben der Anlage das Teuerste", sagt Lange. Es wirkt sich erheblich auf die Stromentstehungskosten aus. Momentan liegen diese laut Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) an sehr guten Standorten zwischen 7,79 und 9,95 Cent pro Kilowattstunde; bei weniger günstigen Standorten können die Kosten auch bis zu 13,79 Cent betragen. Gleichzeitig sehen die Forscher aber noch deutliches Kostensenkungspotenzial: Demnach könnten die Offshore-Windparks bis 2035 Werte zwischen 3,49 und 10,07 Eurocent pro Kilowattstunde erreichen und damit mit heutigen Solaranlagen konkurrieren.