Der Anspruch an Kunsthochschulen steigt: Produkt- oder Industriedesign, Schnittstelle zwischen Kunst und Wirtschaft, wird immer bedeutender. Haltbarkeit, Wartung und Kosten spielen eine ebenso große Rolle wie Ästhetik oder Nachhaltigkeit. Mark Braun, Professor an der Hochschule für Bildende Künste im Saarland, sieht dies als zukünftige Kernthemen der Ausbildung.
Herr Braun, am 10. Oktober findet die Vernissage der German Design Graduates (GDG) 2019 statt, an der, neben anderen Kunsthochschulen, auch die HBK Saar beteiligt ist. Es soll auch diverse Gesprächsrunden rund um das Thema zeitgemäßes Produktdesign geben. Was ist das für ein Event?
Die Vision der GDG ist es, Absolvierende der qualifizierten Design-Hochschullandschaft in Deutschland zu fördern und ihnen eine Plattform zu bieten, um sich zu zeigen und zu vernetzen. Die organisierten Talks und die vierwöchige Präsentation der kuratierten Abschlussarbeiten im Kunstgewerbemuseum Berlin sind dafür die perfekte Basis. Individuelle Förderungen in Form von Greencards, zum Beispiel bezahlte Volontariate, Coachings oder Shortlist-Plätze auf den Präsentationsplattformen der Ambiente, IMM Cologne und anderen Ausstellungen und Messen, werden von Botschaftern vergeben. Diese Botschafterinnen und Botschafter kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen: der Wirtschaft, der Presse, der Präsentation und der Kultur. Zusätzlich findet die digitale GDG-Plattform dazu nachhaltig ihre Relevanz als Archiv- und Netzwerkplattform.
Wenn Sie Produkt- oder Industriedesign für den Laien aufschlüsseln würden: Was machen eine Designerin oder ein Designer in diesem Bereich eigentlich konkret?
Das ist eine gute Frage, wir haben Produkt- und Industriedesign in den German Design Graduates in acht Metathemen kategorisiert: Alltag, Freizeit & Reisen, Transport, Material, analog & digital, Ton & Musik, öffentlicher Raum und Forschung. Generell ist genau diese Diversität von Anwendungsbereichen das Potenzial und die Schwierigkeit im Produktdesign zugleich. Wir wollen mit der GDG-Show die Stärken des Produkt- und Industriedesigns in seiner vollen Breite sichtbar machen und die Absolventen und Absolventinnen mit den richtigen Stellen in Verbindung bringen, um ihr Potenzial auf fruchtbaren Boden fallen zu lassen und sie in Lohn und Brot zu bringen.
Wie hat sich das Arbeitsfeld in den letzten Jahren entwickelt?
Früher gab es klassischere Arbeitsfelder: von Möbeldesign über Industriedesign, von Geräten, Maschinen und Autos bis hin zu Produktdesign von Alltagsaccessoires. Natürlich gibt es diese Felder weiterhin, doch der offene, erweiterte Designbegriff interagiert inzwischen weit darüber hinaus. Nachhaltigkeit, Wertschöpfungsketten und Konsumverhalten spielen eine große Rolle, aber auch Social Design und Künstliche Intelligenz sind zunehmend wichtige Themen, die die klassischen Bereiche beeinflussen.
Welche Rolle spielt der Bereich für die deutsche Wirtschaft und, spezieller, für das Saarland? Gibt es ausreichend Möglichkeiten, als Produktdesigner im Saarland Fuß zu fassen?
Die deutsche Wirtschaft und auch das Saarland spielen eine wichtige Rolle als Partner und Multiplikatoren für progressive Designpositionen. Hier gilt es, visionäre Unternehmer und Designer zu verknüpfen. Als Designer ist es grundsätzlich sehr wichtig, Förderformate wie die German Design Graduates zu nutzen und darüber hinaus, neben der kreativen Kompetenz, eine unternehmerische zu entwickeln oder diese in Partnerschaft zu realisieren. Im Saarland und der Großregion gibt es erfreulicherweise etliche Unternehmen, die an Kooperationen mit der HBK Saar und deren Absolventen interessiert sind. Auch die Gründerszene im Saarland wird aktiv unterstützt, wie zum Beispiel durch das Exist oder eben die German Design Graduates.
Welche Bedeutung hat ein solches Event für die angehenden Designer?
Die Bedeutung ist schon jetzt sehr groß, was man alleine an der Zahl der eingereichten Arbeiten ablesen kann. Wir als Initiatoren sind optimistisch, die in uns gesetzten Erwartungen erfüllen zu können, nicht zuletzt durch das zugesagte Engagement und die Förderung der schon erwähnten Botschafter und Botschafterinnen.
Wie viele Abschlussarbeiten von Absolventen der HBK Saar kann man sich ab dem 11. Oktober in Berlin anschauen?
18 Absolventen und Absolventinnen aus dem Saarland haben dieses Jahr ihre Arbeiten eingereicht. Davon werden explizit kuratierte Abschlussarbeiten im Original im KGM Berlin ausgestellt. Doch auch die nicht kuratierten Arbeiten werden in der Hall of Fame als Print zu sehen sein, sodass sie von den Botschaftern gesichtet und gegebenenfalls individuell gefördert werden können.