2018 hat die Landesregierung den Hochschulentwicklungsplan vorgestellt. Die Hochschule für Musik Saar (HfM) schaut ein Jahr später trotz Sparmaßnahmen optimistisch in die Zukunft.
Der Plan, den Kultusminister Ulrich Commerçon und der Rektor der HfM, Wolfgang Mayer, vor einem Jahr vorgestellt hatten, ist 40 Seiten stark – und er hatte es in sich: Die Einrichtung einer Professur für Musikwissenschaft mit Schwerpunkt auf der Musiktheorie, eine neue Professur für Ensembleleitung Neue Musik und eine Professur für Streicherkammermusik sind nur einige der wesentlichen Punkte, die dafür sorgen sollen, dass die größte Musikhochschule der Großregion wieder in ruhigere Fahrwasser gelangen und vor allem attraktiver werden soll. Denn die Schuldenbremse aus dem Jahr 2015 hatte auch die HfM und ihre Pläne ausgebremst. Der Sparkurs der Regierung setzte der Hochschule arg zu. Durch die im Zuge der Einhaltung der Maßnahmen geforderten Einsparungen reduziert sich das Budget der Musikuniversität noch bis 2020 gegenüber dem Jahr 2014 um rund 420.000 Euro. „Das entspricht einem Anteil von etwa acht Prozent unseres Budgets, den wir jährlich einsparen müssen", sagt Rektor Mayer.
Budget reduziert um 420.000 Euro
Für das Haushaltsjahr 2019 liegt der Etat der Hochschule für Musik Saar bei rund 6,2 Millionen Euro. Davon entfallen rund 83 Prozent auf Personalkosten. Klar also, dass die größten Einsparungen das Personal betrafen. „Wir mussten damals im Senat verkünden, dass wir frei gewordene Professorenstellen nicht mehr besetzen können", erklärt Mayer. Die Folge davon war eine eher willkürliche Kürzung von Kompetenzen. „Wer gerade in den Ruhestand geht, ist ja Zufall", sagt Mayer. Die erste Stelle traf es 2017. Eine Jazzprofessur fiel weg, weshalb der Hochschule drohte, den Studiengang schließen zu müssen. Auch eine Professur im Studiengang „Kontrabass" war betroffen. Zwar gelang es, die Stellen durch externe Dozenten aufzufangen, von 2020 an wäre es aber möglicherweise vorbei gewesen. Dank des Hochschulentwicklungsplans und der Zusage, dass die Sparlast aus der Schuldenbremse im kommenden Jahr wegfällt, kann die HfM nun aber wieder optimistisch in die Zukunft blicken. Mayer: „Das war ein Drahtseilakt, aber wir sind dankbar, dass die Landesregierung erkannt hat, dass es so nicht weitergehen konnte."
Ein Drahtseilakt war es ebenfalls, während der Sparphase dafür Sorge zu tragen, dass die Hochschule für Musik Saar ihre einzigartige Stellung in der Großregion ausbaut. „Natürlich war es eine existenzbedrohende Lage, aber auch dank der Kolleginnen und Kollegen in der Lehre, die teilweise Mehrarbeit geleistet haben, haben wir es geschafft, diese Zeit zu überbrücken", erzählt Mayer. Das freigewordene Budget durch die nicht besetzten Professorenstellen floss in den vergangenen Jahren vor allem in Lehraufträge. Der Vorteil für die Hochschule: Anders als Professoren muss sie die Lehrbeauftragten während der vorlesungsfreien Zeit nicht durchbezahlen. Lediglich eine Stelle in der Verwaltung fiel letztlich gänzlich der Sparlast zum Opfer, wie Mayer betont: „Das ließ sich nicht vermeiden, weil der Bund ja die Schuldenbremse überwacht hat. Wir konnten also unter keinen Umständen mehr Geld bekommen. Aber wenn Sie das intern richtig kommunizieren, versteht auch jeder, dass es leider nicht anders geht − auch, wenn sich keiner freut."
Dennoch scheint die Talsohle nun durchschritten. Die Vorbereitungen auf das Ende der Sparmaßnahmen im kommenden Jahr laufen seit der Vorstellung des Hochschulentwicklungsplans auf Hochtouren. Für die HfM bedeutet das, vor allem in die Lehre zu investieren. Das ist als eine der kleineren der 24 Musikhochschulen in Deutschland auch der einzige Weg, sagt Rektor Mayer: „Unsere stärkste Kraft ist unser Personal, also die Qualität der Lehre." Wer sich dafür entscheidet, an die Saar zu kommen, um Musik zu studieren, tut das nicht wegen besonders schöner Räume oder Übungsmöglichkeiten, sondern wegen der Dozenten. Der Professor für elementare Musikpädagogik, Michael Dartsch, genießt etwa deutschlandweit einen guten Ruf. „Man muss aber sehen, dass wir nicht München, Freiburg oder Berlin sind", bemerkt Mayer. Infrastrukturell sei das Saarland schlecht zu erreichen, und das werde sich auch nach der Schuldenbremse nicht ändern. „Wenn Sie sich Musikhochschulen in den neuen Bundesländern ansehen, sehen Sie, dass die dort räumlich alle in einem Top-Zustand sind. Aber hier in Saarbrücken ist der Zustand unseres Gebäudes ein großer Nachteil."
Anonymer Spender stößt innovative Projekte an
Ein Nachteil, der sich durch die Krise noch verstärkt hat. „Wir haben durch den Sparkurs fünf Jahre verloren", sagt Mayer, „aber jetzt muss es weitergehen." Die Kontrabassprofessur ist bereits wieder ausgeschrieben, diesmal aber nur auf einer 50-Prozent-Basis. Die weiteren 50 Prozent nutzt die HfM für eine Professur der Streicherkammermusik. Auch die Jazzprofessur soll wieder kommen. Zudem will Rektor Mayer seine Studenten in Themen wie Vertragsrecht, Selbstvermarktung und Bühnenangst schulen. „Dort wollen wir Angebote schaffen, die wir über eine Großspende finanzieren", erzählt er. Auf diese Art kann trotz Schuldenbremse ein „Career-Service" entstehen. Eine Person, die anonym bleiben will, sagte der Hochschule über einen Zeitraum von 25 Jahren einen Betrag von 20.000 Euro jährlich zu. So entstand auch ein elektronisches Studio, das so gut angekommen ist, dass die Hochschule die dort eingesetzte Stelle inzwischen entfristet hat. „Das sind innovative Projekte, also genau das, was der Spender bei uns erreichen will", sagt Wolfgang Mayer.
Förderungen, die über das eingeplante Budget hinausgehen, gibt es außerdem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (600.000 Euro seit 2012), dem Projekt „SaLUt" in Kooperation mit der Universität des Saarlandes und der HBK Saar im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildungsanstalt des Bundes (570.000 Euro seit 2016) und einer EU-Förderung über 100.000 Euro. Im Projekt Noé/Noah haben sich 24 Partner zu einem Netzwerk zusammengefunden, das die Wiederherstellung innovativer und bürgerorientierter ökologischer Beziehungen in der Großregion zum Ziel hat. Die HfM beteiligt sich mit der „Klingenden Arche"; einem zum Klangkörper umfunktionierten Schiff. Die HfM ist trotz Sparmaßnahmen also auf einem guten Weg.
450 junge Menschen studieren an der einzigen Musikhochschule mit Universitätsrang in der Großregion. Akut ist derzeit die räumliche Situation. Renovierungsarbeiten sind nicht nur zuweilen schwer zu finanzieren, sondern in einer Musikhochschule im laufenden Betrieb wegen der Lärmbelastung schlicht nicht zu realisieren. Unabhängig davon gibt es weitere Visionen, auch im noch nicht auseinandergenommenen Hochschulentwicklungsplan. Etwa einen Studiengang „Musikjournalismus" in Kooperation mit der Saar-Uni, der HTW und dem SR. Außerdem sieht der Entwicklungsplan perspektivisch eine Juniorprofessur für Musikvermittlung vor, ebenso wie eine Professur für Musiksoziologie, die sich damit befassen soll, wie Konzertformate von morgen aussehen können und wie sich Musik in der modernen Gesellschaft verankern lassen kann. „Die Politik braucht solche Visionen als Leitplanken", sagt Wolfgang Mayer, der immerhin schon im Herbst einen kleinen Teil seiner Ideen verwirklichen wird. Die HfM wird dann ein Pilotprojekt mit Jugendlichen des Saarbrücker Jugendzentrums starten. Das Ziel: Die Heranwachsenden mithilfe eines Musikpädagogen in den Kontakt zu Musik und Kunst zu bringen. „Wir müssen uns damit beschäftigen, was Kultur den Jugendlichen bedeutet", sagt Mayer. Auf diese Weise will die älteste akademische Einrichtung des Saarlands für die Gesellschaft einen weiteren Mehrwert schaffen.