Sprichwörter spiegeln oft die Weisheit von Generationen. Was man sich früher einprägen musste, lässt sich heutzutage ganz beguem googlen. Tempora mutantur, die Zeiten ändern sich, die Sinnsprüche auch. „Problem erkannt – Problem gebannt" ist so ein nettes Beispiel, das irgendwie aus der Zeit gefallen scheint. Heutzutage gilt: „Wir haben kein Erkennntnis- sondern ein Umsetzungsproblem."
Dass bezahlbarer Wohungsraum fehlt und dass das zwar vor allem, aber keineswegs nur ein großstädtisches Problem ist, ist seit Langem bekannt. Nicht nur Sozialverbände mahnen das seit Jahren an. In ihren Einrichtungen schlägt frühzeitig das auf, was in unserer Gesellschaft schiefzulaufen beginnt. Die Reaktionen auf ihre Warnungen gleichen Reflexroutinen: Zuerst ist von Einzelfällen die Rede, die zwar bedauerlich sind, aber nicht die Entscheidungen als solche infrage stellen. Wer würde das auch schon gern zugeben? Wenn schließlich die Einzelfälle unübersehbar zahlreich geworden sind, greift hektische Betriebsamkeit um sich. Ein ums andere Reparatur-Programm wird aufgelegt. Wobei Befristungen Usus geworden sind. Was wiederum auf Kritik stößt, schließlich ist damit eine wirksam nachhaltige Entwicklung eigentlich nicht möglich.
In Sachen bezahlbarer Wohnraum hat Bauminister Klaus Bouillon unlängst bei einer Caritas-Aktion eingestanden: Programme sind beschlossen, allein: Geduld mit der Umsetzung. Die Bürokratie arbeitet gründlich, von Ausschreibungsvorschriften bis Brandschutz, was alles für sich einen gewissen Sinn haben mag, wenn es das Personal gäbe, das dies zügig umsetzen könnte. Das ist aber zuvor – wegen Sparkurs für Schuldenbremse und schwarzer Null – eingespart worden. Ein verbreitetes Phänomen, das sich fast quer durch alle Bereiche zeigt, und dem Sprichwort von der Rache, die auf dem Fuß folgt, zu Aktualität verhilft. Eine besondere Form von „Nachhaltigkeit". An Erkenntnis darüber herrscht inzwischen kein Mangel.