Nicht nur auf der Leinwand, auch im wahren Leben inszenierte sich der vor 60 Jahren verstorbene Schauspieler Errol Flynn als ewiger Abenteurer, Draufgänger und Liebhaber.
Errol Flynn war ein Lebemann. Eines seiner zentralen Lebensmottos lautete: „Ich mag meinen Whiskey alt und meine Frauen jung." Wobei er seinen Alkoholkonsum keineswegs auf diese einzige Getränkesorte beschränkte und die Damen – um es genau zu sagen – am liebsten blutjung, noch im Teenageralter, mochte. Diese Vorliebe brachte Errol Flynn 1942 in den USA eine Anklage wegen Unzucht mit Minderjährigen ein. Zwar wurde er ebenso freigesprochen wie acht Jahre später in einem ähnlichen Fall in Nizza, aber der hedonistische Lebensstil des Hollywood-Machos mit Alkohol- und Drogenexzessen sowie einer fast manischen Sexsucht war manch zeitgenössischen Moralaposteln ein Dorn im Auge. Selbst dem legendären Traumfabrik-Studioboss Jack Warner fiel es im Laufe seiner 18-jährigen Zusammenarbeit mit dem Schauspieler immer schwerer, dessen Marotten zu schlucken, weil Flynn laut Warner Tag für Tag eigentlich nichts anderes im Kopf hatte als „fight and fuck".
Drei Ehen scheiterten an seinem „Jagdtrieb"
Immerhin: Beim Kämpfen beschränkte er sich nach wilden Jugendjahren ausschließlich auf die Arbeit vor der Kamera. Dazu boten seine Paraderollen als Abenteurer, Rebell oder Pirat dem braunäugigen Frauenschwarm und athletischen Schönling und mit dem Gardemaß von 1,88 Meter reichlich Gelegenheiten. Ab Mitte der 30er-Jahre stieg er zum Prototypen des verwegenen Helden und Haudegens in Hollywood auf. Das eigene Leben lieferte ihm gewissermaßen die perfekte Blaupause für seine Filmrollen, er brauchte sich eigentlich immer nur selbst zu spielen. Die Rolle des Freibeuters der Meere pflegte er auch privat bis zu seinem frühen Tod im Alter von gerade einmal 50 Jahren beizubehalten. Er erlitt einen schweren Herzanfall, dem er schließlich erlag. Seine letzte Geliebte, das 17-jährige Starlet Beverly Aadland, stand ihm in seinem Apartment im kanadischen Vancouver am 14. Oktober 1959 in den finalen Stunden bei.
Das Meer hatte dem gebürtigen Australier immer alles bedeutet. Hier fühlte er sich sicher und am wohlsten. Schon in frühester Jugend hatte er sich ein eigenes Schiff gekauft, einen wesentlichen Teil seiner letzten Jahre verbrachte er auf See an Bord seiner Luxusjacht „Zaca", einem 120 Fuß messenden Segelschiff. Mit dem hatte er die Weltmeere befahren und etwa 1946 die Reize von Jamaika entdeckt, wo er die vorgelagerte malerische Insel Navy Island zu seinem Paradies auserkoren und gekauft hatte. Eigentlich als Ruhesitz geplant, sogar mit einer gehobenen Herberge ausgestattet, aber letztlich trotz rauschender Partys wohl doch zu weit abseits aller weltlichen Vergnügungen für den rastlosen Schauspieler. Seine drei Ehen mit der Schauspielerin Lili Damita, der ehemaligen Zigarettenverkäuferin Nora Eddington und der Schauspielerin Patrice Wymore waren wegen seiner ständigen Jagd nach jungen Damen zwangsläufig zum Scheitern verurteilt.
Errol Leslie Thomson Flynn wurde am 20. Juni 1909 in Hobart, der Hauptstadt des australischen Inselstaats Tasmanien, als Sohn des renommierten Meeresbiologen Theodore Thomson Flynn und dessen Ehefrau Lily Mary geboren. Er war ein echtes Problemkind, das auch teure Privatschulen und Internate nicht zähmen konnten. Nur an Sport zeigte Flynn ein gewisses Interesse. Wegen Diebstählen und kleinerer Gaunereien geriet er schon früh mit dem Gesetz in Konflikt und wurde mit 17 Jahren endgültig von der Schule verwiesen. Danach soll er sich als Gigolo – und manchen Angaben zufolge sogar als Stricher – ihm wurde Bisexualität unterstellt – seinen Lebensunterhalt verdient haben.
Wenig später wanderte Errol Flynn als Kabinenjunge auf einem Segelschiff nach Neuguinea aus, wo er bis zu seinem 20. Lebensjahr angeblich allerlei Abenteuer zu bestehen hatte. Deren Wahrheitsgehalt kann aber bis heute niemand überprüfen, da Flynn ein überaus begabter Geschichtenerzähler war und viele Details nur aus seiner posthum Ende 1959 erschienenen Autobiografie „My wicked, wicked ways" bekannt sind. Verbürgt ist, dass er sich als Goldsucher mit eigenem Claim oder als Aufseher auf Tabak- und Kokosplantagen versuchte. Ob er daneben auch noch Diamantenschmuggler, Wilderer oder Begleiter eines Wissenschaftlers zu den Guinea-Kopfjägern war und als solcher aus Notwehr auch einen Einheimischen getötet hatte, bleibt ungewiss.
Mit seinem ersten kleinen Küstenschoner schipperte der junge Mann übers Meer und verdiente sich mit Berichten über diese Expeditionen etwas Geld für den „Sydney Bulletin". Ein erster Kontakt zur Filmwelt kam dadurch zustande, dass er ein Doku-Team auf einem gefährlichen Fluss transportierte. Da ein Mitglied der Filmcrew seinen Namen notiert hatte, gelangte 1932 über Umwege, als er sich vom Erlös seines Neuguinea-Goldclaims gerade seine erste Segeljacht „Scirocco" gekauft hatte, das Angebot für ein Casting an ihn. Es gelang ihm, die Rolle des Fletcher Christian im 1933 erschienenen Film „The wake of the Bounty" von Regisseur Charles Chauvel zu ergattern. Da ihm der Job gefallen hatte, nahm er in London Schauspielunterricht, schloss sich einer Theatergruppe an und erhielt kleinere Rollen in zwei britischen Filmen: „I adore you" 1933 und „Murder at Monte Carlo" im Jahr 1934.
So wurde ein Talentsucher des Warner Studios auf ihn aufmerksam. Mit einem Halbjahresvertrag in der Tasche machte er sich auf die Reise gen Hollywood, wo er nach zwei Engagements mit Nebenrollen in zwei unbedeutenden Streifen schon 1935 an der Seite der damals ebenfalls noch unbekannten Olivia de Havilland mit der Filmfigur des Captain Peter Blood im Kassenschlager „Unter Piratenflagge" den Durchbruch schaffte.
Das Traumpaar der Vorkriegsjahre
Es war seine erste Zusammenarbeit mit Regisseur Michael Curtiz, mit dem er bis 1941 die meisten seiner Filme drehen sollte. Als Curtiz die Eskapaden seines Stars satthatte, sollte Raoul Walsh der präferierte Regisseur von Errol Flynn werden. Mit Olivia de Havilland stand Flynn bis 1941 achtmal vor der Kamera, gemeinsam machte das Hollywood-Leinwand-Traumpaar Karriere. Da das amerikanische Kinopublikum bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs vor allem Abenteuer- und Historienfilme sehen wollte, gab es für Flynn jede Menge Hauptrollen-Angebote für Streifen wie „Der Verrat des Surat Khan" (1936), das Mantel-und-Degen-Opus „Robin Hood – König der Vagabunden" (1938), „Günstling einer Königin" (1939) oder „Der Herr der sieben Meere" (1940).
Trotz des Erfolges missfiel Flynn in zunehmendem Maße seine stereotype Rollenfixierung, sein scheinbar unveränderbares Image als Haudegen oder „Swashbuckler"-Held. Als Flucht ins echte Leben mag daher seine Teilnahme am Spanischen Bürgerkrieg angesehen werden, wo er 1937 einige Monate als Reporter auf republikanischer Seite gearbeitet hatte, und sein Antrag auf Aufnahme in die US-Streitkräfte, was aber wegen seiner Malaria- und Tuberkulose-Erkrankung abgelehnt wurde. Seinen Versuchen, in den 1940er-Jahren auch in den Genres Western, Krimi oder Musical zu spielen, wurde nur ein bescheidener Erfolg zuteil. Also blieb er bei seinen Paraderollen. So spielte er etwa den General George Custer in „Sein letztes Kommando" im Jahr 1941. Auch sein Mitwirken in „Der Held von Burma" (1945), „Der Herr der Silberminen" (1948) oder „Die Liebesabenteuer des Don Juan" (1948) ließen kräftig die Kassen klingeln. Seine wohl beste Rolle war die des charismatischen Boxers James J. Corbett in „Gentleman Jim" im Jahr 1942, wo er ähnlich wie später Muhammad Ali ganz leichtfüßig durch den Ring getänzelt war.
Obwohl sein Alkohol- und Drogenkonsum in den 50er-Jahren immer dramatischere Ausmaße annahm, wollte er seinen Rauswurf bei Warner zu einem Neuanfang nutzen. Sein ehrgeiziger Plan eines eigenen Films über Wilhelm Tell sollte jedoch in einem finanziellen Fiasko enden, das sein gesamtes Vermögen auffraß. Ironie des Schicksals: In drei seiner letzten Filme spielte er die Rolle eines Trinkers: „Zwischen Madrid und Paris" (1957), „Ihr Leben war ein Skandal" (1958) und „Die Wurzeln des Himmels" (1958). Ein Comeback-Versuch am Theater im selben Jahr scheiterte daran, dass er sich einfach keine Texte mehr merken konnte.
Ein Comebackversuch am Theater scheiterte
Der letzte seiner knapp 60 Filme mit dem Titel „Cuban Rebel Girls" war auch eine Hommage an Fidel Castro, mit dessen Revolution Flynn sympathisierte. Vor einigen Jahren tauchte zudem bei Arte unter dem Titel „Die Wahrheit über Fidel Castros Revolution" eine Filmdokumentation auf, die Flynn gemeinsam mit dem Regisseur Victor Pahlen von der gesellschaftlichen Umwälzung auf dem Inselstaat erstellt hatte. Beide hatten sich rein zufällig zu Beginn der Revolution auf Kuba aufgehalten.