Was hilft, wenn der Körper altert und die Haut langsam schlaffer wird? Richtig: Sport. Mit gezieltem Muskelaufbau können wir unseren Körper straffen. Wieso sollte das gleiche Prinzip nicht auch für das Gesicht gelten? Tut es nämlich. Facefitness lautet das Zauberwort.
Als ich bei Instagram durch Zufall einen Story-Post mit dem Verweis auf die Seite von Anna Bernwald (34) sah, wurde ich neugierig. Dort war nämlich von Facefitness die Rede. Es fielen Begriffe wie straffere, prallere Haut, definiertere Gesichtszüge, weniger Falten und so weiter und so fort. Ganz klar also Themen, die eine Frau jenseits der 30 einigermaßen interessieren. Ich dachte nach und kam zu dem Schluss, dass ein Anti-Aging-Programm ohne teure Cremchen und Spritzen es wert ist, genauer inspiziert zu werden.
„Wow", denke ich, als mir Anna Bernwald die Tür öffnet, sie sieht in natura noch schöner aus als auf ihren Instagram-Fotos – ihre Haut … ich glaube nicht, dass meine Haut jemals so aussah, nicht mal Anfang 20. Was ja schon mal der erste Aspekt ist, der für das Programm spricht, das sie lehrt und praktiziert; vermutlich auch an sich selbst. Die diplomierte Kosmetikerin und studierte Naturwissenschaftlerin hat sich vor zwei Jahren auf diese Anti-Aging-Übungen fürs Gesicht spezialisiert. Bei ihr kann man sich nicht nur behandeln lassen, sondern auch in Workshops das Handwerk zum Gesichtstraining selbst erlernen. Ich widme mich Ersterem und lasse mir 90 Minuten lang das Gesicht massieren, währenddessen mir Anna Bernwald genau erklärt, was es mit Facefitness und Gesichtsmassagen auf sich hat.
Im Workshop werden die Techniken erlernt
Genauso wichtig wie die Anspannung ist die Entspannung der Muskulatur, um vor allem der Bildung von Mimikfalten entgegenzuwirken. Anna Bernwald erklärt: „Ich gebe meinen Kundinnen gleich zu Beginn den Rat, ihre Mimik zu überdenken und unnötige Stirnrunzler oder Lippenpresser zu vermeiden. Ich möchte niemandem untersagen, herzlich zu lachen oder vorschreiben reglos wie eine Puppe zu schauen. Aber man gewöhnt sich im Laufe seines Lebens eine ausgeprägte Mimik an, die das Entstehen von Falten nicht nur negativ beeinflusst, sondern sich auch negativ auf die Psyche auswirkt. Wenn ich beispielsweise unterbewusst die Mundwinkel nach unten ziehe, bekomme ich nicht nur Falten neben dem Mund, mein Gehirn ist auch darauf konditioniert, mit diesem Gesichtsausdruck eine negative Stimmung zu assoziieren – die Folge ist schlechte Laune. Umgekehrt funktioniert das mit einem Lächeln und guter Laune."
Facefitness ist darum auch mehr als nur eine Übung für Gesichtsmuskeln, es ist vielmehr eine richtige Philosophie. 57 Muskeln haben wir im Gesicht, die ins Gleichgewicht oder wieder in Schwung gebracht werden wollen. Muskeln, Gewebe und Fett sollen an Ort und Stelle gebracht werden, so, wie die Verteilung in der Jugend ist. Wer regelmäßig trainiert, profitiert, wie beim Fitnesstraining für den Körper, dauerhaft von der Methode von An- und Entspannung. Man muss natürlich wissen, welcher Muskel Anspannung und welcher Entspannung mag. Die Kiefermuskulatur beispielsweise sollte entspannt sein. Die Mimikkontrolle zielt ebenfalls auf die Entspannung. „Man kann sich mit etwas Willen auch daran gewöhnen, die Lippen nicht mehr zusammenzukneifen oder das Kinn hochzuziehen. Einige Frauen die hier waren, sprechen tatsächlich davon, dass sich ihr Leben verändert hat, seit sie bewusst ‚negative‘ Gesichtsausdrücke reduziert haben." Zehn, fünfzehn Minuten am Tag können wirklich großen Einfluss auf das Wohlgefühl und die Optik haben. Auch die Rücken- und Nackenmuskulatur sollten nicht verspannt sein, sonst können sie die Gesichtszüge nach unten ziehen. Diese Faktoren sollten kombiniert werden, um beste Ergebnisse zu erlangen.
„Je älter die Ladys, desto mehr Arbeit erfordert es unter Umständen." Eindringlicher massiert werden muss aber auch, wer schon viele Injektionen mit Botox oder Hyaluron bekommen hat. Entgegen der landläufigen Meinung ist es nämlich so, dass sich die Stoffe nicht hundertprozentig absetzen und somit Rückstände und Verhärtungen im Gewebe zurückbleiben können, die die Expertin dann erst mal lockern oder umverlagern muss. „Vernarbungen werden auseinandermassiert, sodass das Hautbild wieder ebenmäßig wird. Junge Haut springt schneller auf die Behandlung an, ältere Haut braucht länger eine regelmäßige Behandlung", weiß Anna Bernwald.
15 Minuten am Tag können viel bewirken
Ich mache es mir schließlich auf der Liege bequem und die Kosmetikerin beginnt mit der eigentlichen Massage, nachdem sie zuvor mein Gesicht vom Make-up befreit hat. Am Hals beginnend, zupft sie förmlich an den Muskelsträngen meines Halses. „Wenn man das zu Hause macht, ist es wichtig zu beachten, dass man nicht an der Haut zieht, sondern den Muskel packt, ihn sanft bearbeitet und dehnt." Sie hatte auch schon Kundinnen, die zu Beginn derart verspannt waren, dass sie gar nicht unter den Muskel kam. Ein behutsames Herantasten ist daher besonders wichtig. Lymphe, die sich staut, wird im Kinnbereich oft mit einem Doppelkinn verwechselt. Wenn der Fluss im Reinen ist, fühlt man sich insgesamt besser und das vermeintliche Doppelkinn verschwindet.
Während sie meinen Hals bearbeitet, bin ich neugierig und will wissen, wie sie diese Technik erlernt hat und wie sie überhaupt darauf kam. „Ich habe mit Reha-Sport angefangen und habe mich zur Reha-Trainerin schulen lassen. Als ich dann die 30 überschritten hatte, habe ich Veränderungen in meinem Gesicht bemerkt und nach Methoden gesucht, um auf die Haut einzuwirken beziehungsweise der Hautalterung entgegenzuwirken. Dabei stieß ich bei Instagram auf Alena Rossoshynska, die die Methode als komplexes Produkt verkauft. Ich bin dann nach Paris gefahren, um sie dort zu treffen. Erst mal aus reiner Neugier. Als ich dann aber direkt Ergebnisse gesehen habe, wollte ich weitermachen. Ich habe mein Gesicht auf einmal anders gesehen als vorher. Für mich war das wie Reha fürs Gesicht. Das wollte ich dann auch ernsthafter betreiben, habe ein Seminar belegt, dann drei Monate lang geübt und am Ende gab es schließlich eine Prüfung. Zudem hatte ich Testerinnen, an denen ich auch meine Ergebnisse demonstrieren musste."
Durch das Fitnessprogramm für das Gesicht gehen Schwellungen zurück, die Durchblutung wird angeregt, was einen strahlenderen Teint zur Folge hat, die Haut wirkt praller, dadurch frischer und jünger, hängende Bäckchen werden angehoben, Unreinheiten verschwinden schneller, die Haut wird ebenmäßiger. Augenringe und Tränensäcke werden weniger stark ausgeprägt – das Lymphsystem wird angeregt. Und das alles ohne Mittelchen, Chemie und damit verbundene Kosten. „Wer mit der Gesichtsbehandlung als Basic anfängt, kann es schaffen, ohne Aufwand jünger auszusehen. Man muss nicht den perfekten Lifestyle haben. Aber mit ein bisschen gutem Willen kann man schon einiges bewirken, was auch für andere sichtbar ist."
Schritt für Schritt zu „definierter" Gesichtsmuskulatur
Anna Bernwald arbeitet sich Schritt für Schritt mit einer Tiefengewebsmassage durch alle Bereiche meines Gesichts. „Es gibt verschiedene Techniken, die ich je nach den Hautbedürfnissen kombiniere", erklärt sie und greift regelrecht unter die Muskelstränge. Ich spüre, wo meine „Baustellen" sind, weiß den leichten Schmerz aber zu schätzen, denn ich weiß, dass die Partie danach umso gelockerter sein wird. Danach kommen Schröpfgläser zum Einsatz, die ein Vakuum ziehen. Auch der Interoral-Massage verwehre ich mich nicht, denn nur so kann die Kiefermuskulatur wirklich komplett gelockert werden und beispielsweise die Nasolabialfalte gemildert werden. Dabei wird von innen gearbeitet. Es gibt auch eine Edelsteinmassage mit Rosenquarz, die das Hautbild insgesamt noch ebenmäßiger erscheinen lässt. Die Lymphdrainage-Techniken kommen mir besonders entgegen, da mit deren Hilfe Wasser- und Lympheinlagerungen gerade im Augenbereich abfließen können und dicke Augen am Morgen verhindern. Anna Bernwald hat die meisten Techniken in Russland gelernt und weiß daher auch, dass jede Technik einen anderen Effekt hat. Bei sehr dünnen Gesichtern wendet man zum Beispiel füllende Techniken an, sodass die Haut wieder mehr Volumen bekommt und praller wirkt. Ist ein Gesicht sehr voluminös und sieht man kaum die Wangenknochen, wird noch intensiver gearbeitet, um die Kontur wieder herzustellen.
Um die Resultate festzuhalten, wird vor jeder Anwendung ein Foto gemacht. Das ist auch für zuhause hilfreich, wenn man jeden Tag die Übungen praktiziert, die die 34-Jährige mit an die Hand gibt. Wie beim Sport ist es auch mit der Facefitness – Kontinuität ist der Schlüssel zum Erfolg. Je regelmäßiger „trainiert" wird, desto besser ist es für die Gesichtszüge. Natürlich kann man sich zu einem gewissen Grad auch selbst im Gesicht massieren. Aber auch die Workshops sind sinnvoll, sofern man das Gelernte weiterhin zu Hause umsetzt. Wer in Facefitness investiert, kann sich, das sei noch am Rande erwähnt, alles außer einer Feuchtigkeitscreme sparen.
Nach meiner Behandlung fühlt sich meine Haut richtig belebt an, sie britzelt sogar ein wenig, auf angenehme Art und Weise. Das Hautbild ist richtig prall und frisch. Ich bin begeistert und komme wieder. Anna Bernwald selbst ist auch ab und an in Berlin, wo sie Termine entgegen nimmt.
Weitere Infos zu Anna Bernwald, Workshops, Techniken sowie Vorher-Nachher-Bilder bei Instagram unter: facefitness_anna_milove