Auf der Suche nach dem, was Mensch und Tier wohl unterscheiden möge, lässt sich nicht wirklich viel finden. Dagegen ist die Entdeckung von Gemeinsamkeiten kaum zu vermeiden. Dazu gehört die Fähigkeit zu Lernen als Voraussetzung, um sich den (Umwelt-)Bedingungen anzupassen. Bei der Gattung Volkspartei lässt sich derzeit beobachten, wie man sich in in einer solchen Kunst zu üben versucht. Was weniger einer plötzlich selbstentdeckten Lust am Experimentieren als den geänderten Bedingungen geschuldet ist.
Grundsätzlich lernfähige Wesen greifen schon mal auf erprobte Modelle zurück. Die SPD auf die Doppelspitze der Grünen, die Junge Union empfiehlt den Mutterparteien, dem SPD-Vorbild von Urwahlen zu folgen. So richtig kreativ wirkt beides nicht, sei’s drum, bekanntlich muss jeder seine Erfahrungen selbst machen. Und ob es bei der Union so kommt, ist keineswegs ausgemacht. Gut 60 Prozent in geheimer Abstimmung halten selbst Befürworter für nicht gerade überragend.
Etwas kreativer kommt der Unionsnachwuchs bei der Inszenierung daher. Während die SPD ihr hochoffizielles Casting als Ochsentour nach strengen Regeln absolviert, improvisiert der Unionsnachwuchs ein Schaulaufen, ganz ohne neutralen Zeit-Gong, dafür mit zuprostenden Sympathiebekundungen auf der Bühne und Sprechchören im Saal. SPD-Regulatorien versus kirchentagsähnlichem Polit-Happening – sage noch einer, die Volksparteien würden sich zu sehr ähneln.
Während die SPD auf ein gehöriges Maß an Erfahrung im eigenen – und medialen – Umgang mit Spitzenpersonal zurückblicken kann, ist vieles für die Union nach Jahrzehnten Kohl und Merkel Neuland. Grundkonservative und Liberal-Fortschrittsgläubige melden sich vernehmbar, auch der ehedem starke, zuletzt aber eher zurückhaltende Sozialflügel entwickelt wieder Ambitionen. Die Union hat mehr zu klären als eine K-Frage. Da wiederum trifft sich die Gemeinsamkeit, dass sich in alten Links-Rechts-Flügel-Schemata kaum Antworten auf die aktuellen Fragen formulieren lassen. Wer deshalb glaubt, mit dem „richtigen" Kopf an der Spitze ließe sich alles richten, möge sich an Martin Schulz erinnern.
Lernen wird allgemein als ein Prozess der relativ stabilen Veränderung verstanden. Für Union und SPD gilt derzeit zumindest: Viel ist relativ, wenig stabil, und Veränderung ein mühsames Geschäft.