Im „Le Caveau" kann man in urgemütlicher Atmosphäre herrlich speisen. Das hat sich längst herumgesprochen. Mit viel Herzblut bewirten Angèle und Wilfred Letzter ihre Gäste. Der selbstgemachte Flammkuchen ist der Renner.
Die lothringische Küche ist fest in Frankreich verwurzelt. Bei der elsässischen Küche ist das etwas anders. Marguerite Spoerlin schrieb ein viel beachtetes Kochbuch: „La cuisinière alsacienne", die elsässische Köchin. Darin zitiert sie ein uraltes elsässisches Sprichwort: „En Allemagne, c’est beaucoup, mais ce n’est pas bon. En France, c’est bon, mais ce n’est pas beaucoup. En Alsace, c’est bon et c’est beaucoup." Übersetzt heißt das: „In Deutschland isst man viel, aber nicht gut. In Frankreich isst man gut, aber nicht viel. Im Elsass isst man gut und viel." Früher war das wohl so, heute hat die deutsche Küche mächtig aufgeholt. Doch zurück zum „Le Caveau" in Bischtroff-sur-Sarre. Das Gastronomen-Paar Angèle und Wilfred Letzter betrieb in diesem Haus jahrzehntelang ein Restaurant, das immer gut lief. Selbst heute noch, im Rentenalter, sind die beiden mit Herzblut in der Gastronomie tätig. Am Wochenende schließen sie den „Keller" auf und kümmern sich um ihre Stammgäste, die ihnen schon seit Jahrzehnten die Treue halten. Die Letzters betreiben in der fünften Generation das Restaurant. „Wir sind 80 Kilometer entfernt von Metz, Nancy oder Straßburg. Wir sind hier am Ende der Welt!", beschreibt Wilfred Letzter die malerische Lage des Ortes an der Saar.
Doch zunächst einmal bleiben wir bei der Familie. Viele Familienangehörige haben sich um die große und gute Küche verdient gemacht. Alle scheinen mit jenem Gen geboren zu sein, das den großen Gastronomen eigen ist. Ihre Kinder haben in der Gastronomie Fuß gefasst – mit Erfolg. Sohn Ivan arbeitete als Sommelier in ganz großen Häusern in Frankreich, auch in Drei-Sterne-Tempeln. Eine Zeit lang arbeitete er zudem in den USA und in Australien. Heute betreibt er das Rialto in Gstaad in der Schweiz, und er erhielt als Sommelier die höchsten Auszeichnungen. Wilfreds Bruder Johnny, heute in Rente, erkochte sich im „Au Boeuf Mode" in Straßburg einen guten Ruf für sein erstklassig zubereitetes Fleisch. Und dessen Sohn Vincent Letzter führt im lothringischen Sarralbe ein fabelhaftes Restaurant, das „Fleur de Sel", welches ich unlängst an dieser Stelle vorgestellt habe.
Früher befand sich in der ersten Etage ein Tanzsaal
Wilfred Letzter blickt zurück: „Die Geschichte beginnt mit meinem Ur-Urgroßvater, der unser Haus 1869 baute. Dessen Sohn Harry wurde 1907 zum besten Schnapsbrenner des Elsass gewählt. Er hatte auch noch einen Bauernhof." 1947 übernahm Wilfreds Vater den Betrieb – neben seinem Broterwerb als Kohlenhändler. Die Jungen halfen seit Mitte der 60er-Jahre im Restaurant aus. Und ab den 90er-Jahren führten dann Angèle und Wilfred Letzter das Ruder.
Damals befand sich noch in der ersten Etage des Restaurants ein Tanzsaal. Wilfred Letzter hat dazu eine lustige Anekdote auf Lager: „Alle 14 Tage veranstalteten wir oben im Saal einen Tanzabend. Meine Großmutter schlug irgendwann vor, an diesen Abenden Flammkuchen anzubieten." Gesagt, getan. Ungezwungen saßen die Gäste auf der Treppe und aßen Flammkuchen. Mangels Stühlen saßen auch einige auf Bier-, Limonaden- und Weinkisten. Zur damaligen Zeit wurden Schnapsfässer im Keller des Hauses gelagert. Nachdem die Letzters dem Keller einen neuen Anstrich verpassten, richteten sie die Räumlichkeiten zu einer heimeligen, urgemütlichen Gaststätte her. Das war die Geburtsstunde des „Le Caveau".
Die Aufgaben sind klar verteilt: Angèle steht in der Küche, Wilfred hinter der Theke. Mit tatkräftiger Unterstützung ihres Schwiegersohnes und zweier Kellnerinnen schließen sie jedes Wochenende auf, und oft ist der Keller proppenvoll. Bei meinem Besuch erzählt mir Angèle Letzter, dass die 60 Plätze wieder fast ausgebucht sind. Und die meisten kämen nur der Flammkuchen wegen hierher. Das Flammkuchen-Rezept stammt übrigens noch von der Großmutter. Für einen perfekten Flammkuchen braucht es nicht viel: einen guten Teig, Zwiebeln und Speck. Obendrein eine herausragende Crème fraîche und etwas weißen Käse. Mein Fazit: Ihre Flammkuchen schmecken verdammt cremig. Und der Teig ist angenehm knackig. Er ruht auch immer eine gewisse Zeit, bevor er verarbeitet wird. Die Leute kommen von weit her, um diesen Flammkuchen zu genießen. Achtung, Suchtpotenzial!
Der Flammkuchen-Teig ruht eine Zeit lang
Natürlich gibt es Flammkuchen in allen möglichen Variationen, auch auf die Wünsche der Gäste geht man hier gerneein. Flambée du Chef etwa, mit Knoblauch und Petersilie oder mit Schnecken, mit Munsterkäse, nach Jägerart. Daneben stehen vier Pizzen auf der Karte, mit Anchovis oder Schinken und Champignons, mit Thunfisch und sogar eine mit spanischer Chorizo. Auf der normalen Karte finden sich aber auch Maultaschen auf elsässische Art nebst Salat oder Gambas, also Riesengarnelen mit Sauce.
Jedes Wochenende gibt es einige Gerichte auf einem Tableau. Da lässt sich Madame Letzter nicht lumpen. Beispielsweise Entenconfit, Carpaccio vom Rind mit Kräutern und Parmesan, Rahmschnitzel oder ein hausgemachtes Dessert. Etwa in der Pfanne geschwenkte Zwetschgen mit Vanilleeis. Diese variieren, manchmal gibt es Klöße, sogenannte Schneebälle, Tintenfische oder Fleischgerichte. Angèle Letzter versteht ihr Kochhandwerk und hat sich in der Region einen großen Namen gemacht. Chapeau!
Ihre Kunden kommen aus der gesamten Region. Lothringer, Elsässer und auch Deutsche. „Wir haben eine sehr gute Kundschaft, mehr Lothringer als Elsässer. Wir liegen ja hier im sogenannten krummen Elsass, fünf Kilometer von Lothringen entfernt. Viele Deutsche kommen hier vorbei, die an einem der Seen ihr Wochenende verbringen."
Haus mit viel Liebe zum Detail eingerichtet
Das „Caveau" ist ein ganz besonderes Gebäude in dem kleinen Ort an der Saar. Auch im Garten des Hauses ist vieles mit Liebe zum Detail dekoriert und lädt zum Verweilen ein. Eine große Blumenpracht und alte Arbeitsgeräte aus der Zeit der Vorfahren etwa.
Wer ins Haus hineingeht, spürt sofort: Hier ist man im Elsass. Das ganze Haus ist liebevoll eingerichtet. Da hängen alte Bilder an den Wänden, Milchkannen, Weinflaschen mit großen Etiketten. Wilfred Letzter liebt Weine. Man sieht es überall. Das alles hat ein gewisses Flair, ist mein Eindruck. Dieses Haus erzählt eine besondere Geschichte.