Zur vollen Entfaltung von Emotion braucht es bekanntlich nicht unbedingt sehr viel. Manchmal genügt es schlicht und einfach, ein paar Klaviertasten in passender Reihenfolge gefühlvoll zu betätigen. Nicht zuletzt haben das Pianisten wie Yann Tiersen, Nils Frahm, Lubomyr Melnyk oder Olafur Arnalds bewiesen.
Jetzt gesellt sich ein gerade erst 19-jähriger Isländer dazu. Gabriel Olafs begann bereits im zarten Alter von fünf Jahren mit dem Klavierspiel. Er lernte klassisches und Jazz-Piano und wurde von Björk-Manager Derek Brikett bei einem TV-Auftritt entdeckt. Alsbald war auch schon ein Plattenvertrag unterzeichnet. Wie schön für all jene, die sich von eben dieser sparsamen Sorte Klang gerne bezaubern lassen, ja, für alle, die es lieben, sich am Feierabend oder zur Nacht ihr Gemüt streicheln zu lassen, ihrer Seele ein Baumeln zu gönnen wissen oder sich einfach mal Tagträumen hingeben.
Genau so ist das tatsächlich gedacht, was der Künstler seinen Tasten entlockt. Es sei der Soundtrack zu einem nicht-existenten Film, sagt Gabriel Olafs, ein Locken in eine andere Welt. Die Fantasie des Hörers ist also gefragt, doch sollten diesbezüglich affine Gemüter nun wirklich keine Probleme damit haben.
„Absent Minded" beginnt mit dem Titelstück, welches der Isländer mit gerade einmal 14 Jahren schrieb. Ein unfassbar fein melodischer Tastenlauf zieht schon nach wenigen Takten in den Bann. Ein Bann, der süße 35 Minuten anhält. Lediglich Streicher werten diese zarten Lieder regelmäßig dramaturgisch auf. Gabriel Olafs schrieb Radfahrern einen Walzer („Cyclist Waltz"), Blumen eine Hymne („Floral Hymn") und huldigt den Jahreszeiten („Another Fall, Another Spring"). „Staircase Sonata" schrieb er auf der Treppe sitzend, als sein Studio von Wasser geflutet war.
Diesen jungen Mann kann anscheinend nichts aus der Ruhe bringen. So führt er uns zur Ruhe, zum Innehalten, zum Durchatmen. Wie bereits gesagt: Die Wurzeln seines Tuns liegen in der Klassik und im Jazz. Analysten werden gewiss Verweise darauf finden. Wir weniger akademisch fundierten Musikliebhaber schmelzen derweil einfach dahin.