Jeder Mensch wird von seinen Hormonen gesteuert. Beim Mann ist das Sexualhormon Testosteron mit Abstand das wichtigste Power-Hormon, weiß Prof. Dr. med. Frank Sommer. Ein Ungleichgewicht kann große Auswirkungen nicht nur auf das Liebesleben haben. Der Hormonhaushalt lässt sich auf natürliche und künstliche Art regulieren.
Sie steuern unsere Libido, unsere Stimmung und sogar unseren Alterungsprozess. Die Könige in unserem Körper sind die Hormone. Jeder Mensch schüttet sie mehr oder weniger potent aus. Die Signal- und Botenstoffe werden in spezialisierten Zellen wie der Hirnanhangdrüse, der Schilddrüse oder auch den Keimdrüsen (Eierstöcke, Hoden) gebildet und dann ins Blut abgegeben. Entweder entfalten sie ihre Wirkung in den Zellen, in denen sie gebildet wurden oder in mehr oder weniger weit entfernten Zellen.
Das Hormonsystem stellt gemeinsam mit dem Nerven- und Immunsystem einen wichtigen Kontrollmechanismus dar, der sämtliche Körperfunktionen reguliert. Während bei Frauen schon seit Jahren die Bedeutung der Hormone erforscht wird, hat man erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts damit begonnen, die Hormone des Mannes genauer unter die Lupe zu nehmen.
Viele Hormone spielen im Leben eines jeden Mannes, bewusst oder unbewusst, eine große Rolle. Testosteron ist dabei das mit Abstand wichtigste Power-Hormon des Mannes. Es steuert die Libido, die sexuelle Performance, Stimmung, Antrieb, Schlaf und vieles mehr. „Außerdem wirkt es gegen Abgeschlagenheit, Müdigkeit und fehlenden Antrieb", erklärt Prof. Dr. med. Frank Sommer. „Grundsätzlich spielen aber alle Hormone eine große Rolle. Sie alle haben ihre speziellen Aufgaben."
Der Mensch hat eigentlich alle Hormone gemein, ob Mann oder Frau. Wie bei vielem, kommt es auch bei den Hormonen nur auf die Konzentration an. So besitzen Männer auch das weiblichste aller Hormone: Östrogen – in der Regel aber in einer deutlich geringeren Dosierung. Allerdings korreliert unter anderem die Konzentration von Östrogenen beim Mann direkt mit der Menge an Fettgewebe, die vorhanden ist. Deshalb gilt: Je dicker ein Mann ist, desto größer wird damit auch die Gefahr, dass seine Körperformen verweiblichen. Da ein älterer Mann verhältnismäßig zu viele Östrogene produziert, kann es zur Verweiblichung sowie unter anderem zur Gynäkomastie, der Ausbildung einer weiblichen Brustform kommen. Das klingt zunächst so, als wäre das Östrogen mehr Fluch denn Segen. Aber wie alle Hormone erfüllen auch Östrogene im männlichen Organismus einen Zweck: Sie sind für den Knochenstoffwechsel und auch für bestimmte Gehirnfunktionen zuständig.
Sind die Hormone nicht im Einklang kann das gravierende Folgen für den gesamten Körper haben. Ein Mangel an Testosteron, das Königshormon des Mannes, hat einen direkten Einfluss, vor allem auf die Sexualität des Mannes. Erektionsfähigkeit und Libido sind betroffen. Für einen niedrigen Testosteronspiegel kann es viele Ursachen geben, beispielsweise andere Hormonstörungen, Nierenversagen oder auch Dialysebehandlungen.
Das wichtigste Sexualhormon des Mannes hat zahlreiche wichtige Aufgaben und spielt eine zentrale Rolle am Entstehen sexueller Lust, es wurden sogar in neuesten Studien direkte Effekte im Penisgewebe nachgewiesen. Testosteron verändert auch die äußere Erscheinung: Das Hormon baut Fett ab und Muskelmasse auf, sogar ohne körperliche Aktivität. Studien konnten sogar zeigen, dass Männer im Rahmen einer Testosteronersatztherapie etwa 1,5 Kilogramm Körperfett pro Jahr verlieren, auch ohne eine Änderung ihres Lebensstils. Auch die Knochen profitieren von einem guten Testosteronspiegel. Bei älteren Männern, die natürlich weniger Testosteron produzieren als jüngere, kann man sehen, dass die Knochendichte mit dem Alter nachlässt. Führt man dementsprechend Männern mit niedrigem Testosteronspiegel das Hormon künstlich zu, so kommt es zu einer Zunahme der Knochendichte.
Symptome von Testosteronmangel machen sich deutlich bemerkbar
Aber nicht nur die Physis profitiert von einem guten Testosteronspiegel, sondern auch die kognitiven Eigenschaften. Es ist möglich, dass sich die Sensitivität des Gehirns im Alter durch eine Ersatztherapie positiv beeinflussen lässt. Auch die Stimmung des Mannes hängt von seinen Hormonen ab, ähnlich wie auch bei Frauen. Durch Zugabe von Testosteron lässt sich sowohl eine Zunahme positiver Stimmungen – Geselligkeit, Lebenselan, Wohlbefinden – als auch eine Abnahme negativer Stimmungen, bei richtiger Dosierung – Müdigkeit, Wut, Reizbarkeit – verzeichnen. Auch die Sauerstoffversorgung im Körper wird angeregt. Testosteron regt die Bildung roter Blutkörperchen im Knochenmark an. Die roten Blutkörperchen sind für den Sauerstofftransport verantwortlich, deshalb erhöht sich so auch die Sauerstoffkapazität. Eine bessere Versorgung des Körpers mit Sauerstoff bedeutet weniger Müdigkeit und erhöhte Leistungsfähigkeit. Auch das Herz profitiert von einem normalen Testosteronspiegel. Androgene – männliche Hormone – beeinflussen beim Mann auf komplexe Art und Weise den Fettstoffwechsel, was wiederum einen schützenden Effekt auf das Herz zu haben scheint. Wissenschaftliche Daten sollen bald weitere Klärung bringen. Symptome von Testosteronmangel sind daher meist deutlich zu erkennen. Nachlassen der Lust auf Sex ist vermutlich das bekannteste. Auch für Sport haben betroffene Männer weniger Energie. Das könnte auch mit der verstärkten Müdigkeit zusammenhängen, die Patienten mit Testosteronmangel verspüren. Die Leistungen verschlechtern sich dementsprechend. Körperlich fühlen sich Betroffene schlapp und schwach. Auch der Bauchumfang wächst meist beständig an. Ein wichtiger Indikator für einen sinkenden Testosteronspiegel. Der Teufelskreis beginnt: Durch die Zunahme des Bauchfettes wird Testosteron in Östradiol verstoffwechselt. Die Verweiblichung des Körpers beginnt.
Doch für betroffene Männer gibt es durchaus Hoffnung. Wie auch Frauen, die mit Hormonpräparaten vermutlich deutlich vertrauter sind, ist es auch bei Männern möglich, dem Hormonhaushalt einen kleinen Kickstart zu geben. Direkte künstliche Hormonzugabe liegt aber meist nicht im Interesse der Ärzte, so verrät es auch Prof. Sommer: „Mein Team und ich verschreiben nur ungern direkt Hormone. Wir ziehen nur eine Hormonbeigabe in Betracht, wenn der Patient es nicht schafft, aus seiner Lage selbst auszubrechen, das heißt, Muskelmasse selbst aufzubauen, um den Hormonhaushalt auf natürliche Art und Weise wieder zu regulieren." Der Lebenswandel hat einen entscheidenden Einfluss auf die Produktion des Super-Hormons.
Sollte ein natürliches Anheben des Hormonspiegels nicht möglich sein, bleibt immer noch die Hormonersatztherapie. „Hormone sind eine sehr individuelle Geschichte. Man muss Fingerspitzengefühl haben", erklärt Dr. Sommer wie er beim Verordnen einer Therapie vorgeht. Aber: „Jedes Medikament hat Nebenwirkungen." Deshalb ist es auch wichtig, was und vor allem auch in welcher Dosierung man etwas einnimmt. „Wenn Sie Testosteron nehmen, welches den normalen Testosteronmolekülen entspricht, zeigen sich die gleichen Nebenwirkungen, als würde Ihr gesunder, fitter Körper es bilden. Bei Medikamenten muss man natürlich aufpassen, dass man sie nicht überdosiert", so Sommer. Vor der Einnahme von Testosteron sollte allerdings vorab ganz genau kontrolliert werden, ob es Tumore in Brust oder Prostata gibt. Nimmt man Testosteron und besitzt schon mikroskopisch kleine Tumore in diesen Bereichen, können sie durch das Hormon schneller wachsen. Deshalb wird ein guter Arzt vorab und während der Behandlung eine genaue Untersuchung anordnen. Ein gesunder Mann wird aber nicht die Hilfe von Prof. Sommer und seinen Kollegen in Anspruch nehmen müssen. „Wenn der Mann gesund ist, auf seine Ernährung achtet, körperlich aktiv ist, sich keinem übermäßigen Stress aussetzt, bleibt der Testosteronspiegel in der Norm", erklärt Sommer. Auch die oft genannte männliche Menopause, die Andropause, ist heute widerlegt. „Man ist lange davon ausgegangen, dass sich jedes Jahr, ab circa dem 35. Lebensjahr, der freie Testosteronspiegel stetig senkt", so Sommer. Dies hänge mit der vermehrten Produktion von Eiweißen zusammen, die im Alter gebildet werden. Diese Eiweiße verhindern, dass die Hormone an nötige Rezeptoren andocken können und so ihre Wirkung entfalten können. Doch neueste Studien widerlegen dies. „Die allerneusten epidemiologischen Studien zeigen, dass sich ab dem 40. Lebensjahr ein konstanter Spiegel eingependelt hat, der nur durch den Lebensstil beeinflusst werden kann", erklärt Sommer.
Hormone haben Einfluss auf unser ganzes Leben. Sie sorgen für gute Stimmung, machen uns fit und gesund, sie halten uns jung und unsere Libido aktiv. Die kleinen Botenstoffe haben deutlich mehr Beachtung verdient. Für ein gesundes Leben und eine gesunde Lust.