Zwei Tage nach dem dürftigen Auftreten beim TSV Steinbach hat Fußball Regionalligist 1. FC Saarbrücken Trainer Dirk Lottner beurlaubt. Hinter den Kulissen hatte sich das angedeutet.
Nach fast dreieinhalb Jahren ist die Ära Dirk Lottner beim FCS beendet. Am vergangenen Dienstag um 9.37 Uhr verließ der Kölner das FC-Sportfeld. Was für viele Außenstehende überraschend kam und in den Internetforen kontrovers diskutiert wurde, hatte sich seit einigen Wochen abgezeichnet. Nach dem schlimmen Auftritt beim 0:1 in Steinbach hatten die Ereignisse Fahrt aufgenommen. Vizepräsident Dieter Fener und Sportchef Marcus Mann analysierten die Lage und kamen zu der Erkenntnis, „dass die Mannschaft einen neuen Impuls benötigt", wie Ferner es formulierte. Montags wurden die Vereinsgremien hinzugezogen, um 17.30 Uhr Lottner die finale Entscheidung mitgeteilt. Am Morgen darauf räumte der sein Trainerbüro und verabschiedete sich von der Mannschaft. „Es fällt keinem leicht. Aber es gehört zum Geschäft dazu. Ich hätte mir den Aufstieg zugetraut, aber ich muss die Entscheidung akzeptieren. Wir gehen nicht als Feinde auseinander", erklärte Lottner anschließend. Der durchaus joviale Kölner kam zwar beim Fan gut an, galt intern aber auch als stur und bisweilen beratungsresistent. Bereits im vergangenen Frühjahr stand der Trainer auf der Kippe. Schon damals fremdelten einige Spieler mit Lottners System mit Dreierkette. Mit dem Gewinn des Saarland-Pokals und dem zumindest von den Resultaten her gelungenen Start sah es so aus, als würde er die Kurve doch noch kriegen. Highlights waren natürlich die Pokalsiege gegen Regensburg und Köln, doch im Liga-Alltag täuschte die Tabellensituation lange Zeit über die erbrachten Leistungen hinweg. Ein deutlicher Fingerzeig für die Unzufriedenheit hinter den Kulissen lieferte Vize-Präsident Ferner, als er vor einigen Wochen im Rahmen eines Fan-Meetings sagte, das Team habe bisher erst drei zufriedenstellende Leistungen gebracht.
Unzufriedenheit im Kader groß
„Wenn man es realistisch sieht, stimmen Aufwand und Leistung nicht überein. Ich bin ein großer Freund von ergebnisorientiertem Fußball, aber ab und zu muss die Leistung stimmen. Ich kann mich nicht darauf verlassen, dass die Ergebnisse passen, wenn ein überzeugender Auftritt eher die Ausnahme ist", sagt auch Sportdirektor Mann. Intern fiel die Analyse schonungslos aus. Der teuerste Kader der Liga hatte nur bei den Auswärtsspielen in Freiburg und Mainz wirklich durchgehend überzeugt. Zu Hause blieb gerade im spielerisch vieles Stückwerk. Ein Beispiel ist das 5:0 gegen Offenbach. Auf den ersten Blick überragend, auf den zweiten Blick gewann der FCS erst, als die Gäste nach 20 Minuten in Unterzahl gerieten. „Als wir Meister geworden sind, wusste man bei 25 von 34 Spielen nach 20 Minuten, wer das Spiel gewinnt. Das hat uns diesmal gefehlt. Man musste eigentlich immer bis zum Schluss zittern, die Auftritte waren in aller Regel nicht souverän", sagte Ferner.
Lottner wackelte mehrfach
Und so wuchs auch im Mannschaftskreis die Unzufriedenheit mehr und mehr. Viele qualitativ starke und auch finanziell kostspielige Akteure wurden kaum berücksichtigt. Sebastian Jacobs dauerhafte Versetzung ins zentrale Mittelfeld empfand beispielsweise Markus Mendler als Demütigung. Bezeichnend dessen Reaktion nach dem Schlusspfiff in Steinbach. Hörbar für viele Gegenspieler schrie er nach Spielende: „Jetzt haben wir endlich die Quittung bekommen." Schon vor der bitteren 3:0-Niederlage in Elversberg hatte Lottner auf Versuche ihn von der Dreierkette abzubringen ablehnend reagiert. Nach dem Elversbergspiel, so bestätigen es Ferner und Mann, gab es Versuche aus der Mannschaft, einen Systemwechsel herbeizuführen. „Ein Trainer muss freie Hand haben, was Taktik und Aufstellung betrifft. Das kann kein Sportdirektor und kein Präsidiumsmitglied übernehmen. Er muss dann auch den Kopf hinhalten", sagte Ferner. Spürbar der Wunsch, keine schmutzige Wäsche zu waschen und die Trennung von dem sympathischen Coach sauber über die Bühne zu bringen. „Wir hätten in den vergangenen drei Jahren mehrfach die Gelegenheit gehabt, den Trainer zu wechseln", hatte Mann im vergangenen Frühjahr überraschend deutlich gesagt. In der Tat wackelte Dirk Lottner mehrfach, schaffte es aber nach internen Aussprachen immer wieder, eine Siegesserie zu starten. Diesmal traute man ihm dies nicht mehr zu. Unter dem Strich steht so eine auf den ersten Blick überraschende Entlassung. Lottner war einer der beliebtesten Trainer der letzten Jahrzehnte, hatte einen überragenden Punkteschnitt und führte die Tabelle an. Auf der anderen Seite hat er das große Ziel dreimal nicht erreicht, hatte zudem gerade in entscheidenden Spielen selten das richtige Händchen. „Es ist eine Entscheidung, die menschlich sehr wehtut. Aber wir mussten sie treffen, weil dem großen Ziel Aufstieg alles unterzuordnen ist", erklärt Mann. Er selbst wird an diesem Samstag gemeinsam mit dem Trainer der Frauenmannschaft Taifour Diane auf der Bank sitzen. Ein Sieg gegen das abgeschlagene Schlusslicht Koblenz ist dabei Pflicht. Wer am 3. Januar zum Trainingsauftakt als Trainer im Sportfeld erscheinen wird, ist noch völlig offen. Ein Name, der offenbar hoch gehandelt wird, ist der von Marcel Rapp, derzeit U19-Trainer bei der TSG Hoffenheim. Daniel Bierofka, der den FCS vor anderthalb Jahren in der Relegation bezwang, hat bei den Verantwortlichen Eindruck hinterlassen. Von 1860 München ist er jedenfalls ein schwieriges Umfeld gewöhnt. Sportchef Mann will jedenfalls nichts überstürzen. „Der Respekt vor der geleisteten Arbeit von Dirk Lottner verbietet es, dass wir schon im Vorfeld Gespräche geführt haben. Die Winterpause ist lang genug." Mehr als 50 Bewerbungen gingen in Kürze ein. Klar ist: Er muss aufsteigen. „Ob unsere Entscheidung richtig war, wissen wir im Mai", sagte Ferner.