Neue Besen kehren gut. Das ist eine alte Fußball-Weisheit. Insofern überraschte es nicht, dass Hans-Dieter Flick mit den Bayern von Sieg zu Sieg eilte. Das Kultmagazin „11Freunde" forderte unlängst, man möge Hansi endlich Hans nennen, schließlich sei er ein erfolgreicher Trainer und kein Wellensittich. Am Wochenende gab es allerdings den ersten Rückschlag. Der Rekordmeister verlor gegen Bayer Leverkusen. Allerdings eher unglücklich nach einer guten Leistung. Dass Flick den müden bajuwarischen Haufen wieder zum Laufen gebracht hat, ist Fluch und Segen zugleich. Zunächst einmal verschafft es den Bossen Zeit zum Durchschnaufen. Denn der Trainermarkt ist für einen Großverein wie die Bayern äußerst überschaubar. Doch das Abenteuer Flick birgt auch Risiken. Es wäre einfach und nicht untypisch für das emotionale Fußballgeschäft, würde man sich nun hinreißen lassen, Flick voreilig zum Chef auszurufen. Seinen Trainerschein erwarb Flick im Jahr 2003 an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Gemeinsam mit Thomas Doll wurde er als Jahrgangsbester ausgezeichnet. Eine große Karriere ist damit nicht vorgezeichnet. Flick scheiterte trotz eines Millionenbudgets mehrfach mit dem Versuch, die TSG Hoffenheim in die Zweite Liga zu führen. Erfolgreich war er dagegen als Schattenmann von Jogi Löw bei der Nationalmannschaft. Nach dem WM-Titel zum Sportdirektor befördert, hinterließ er beim DFB ebenso wenige Spuren wie bei seinem Kurzzeitintermezzo als Geschäftsführer in Hoffenheim. Flick kann nur die zweite Reihe, hieß es noch vor wenigen Wochen. Keine Frage: Der 53-Jährige ist ein ausgewiesener Fachmann, ein glänzender Analytiker und ein hochintelligenter Kopf. Dass er wirklich Chef ist, muss er noch beweisen. Und zwar in jedem Spiel. Am Wochenende geht es zum Spitzenreiter Gladbach. Derzeit ist es ziemlich wahrscheinlich, dass Flick auch in der Rückrunde auf der Bank sitzen wird. Erst dann könnte sich herausstellen, ob es Hans wirklich kann oder ob ihm nur der Zauber des Anfangs innewohnt. Dann könnte er als Münchner Zauberlehrling in die Bayern-Historie eingehen. In die Ecke. „In die Ecke, Besen", heißt es in Goethes Gedicht.
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Foto: picture alliance / dpa
Nachspielzeit: Hans kann’s!?
Sport - Kolumne
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