„Filmrausch – Das Kinowunder im Saarland" heißt ein Band, der die Herzen der Cineasten
höherschlagen lässt. Der Geistkirch Verlag erlaubt den Abdruck eines Auszuges aus dem Kapitel „Zwischen Traumhaus und Tränenpalast", weil auch FORUM-Leser-Herzen gerne höherschlagen …
Es waren die Orte für die ganz großen Emotionen. Dabei sah man es den Gebäuden ja nicht unbedingt an, wie sehr hier gezittert und gefiebert, gefürchtet, gelacht oder geweint werden konnte. Allein die Tatsache, dass im damaligen Gebiet der Landeshauptstadt Anfang der 1960er- Jahre 15 Kinos in Betrieb waren, die insgesamt mehr als 8.000 Menschen Platz boten, zeigt, wie groß das Bedürfnis nach emotionaler Auf- oder Entladung in den Fünfzigern gewesen ist. Fast alle Kinos waren Neuschöpfungen der Nachkriegszeit, nicht immer so groß und so aufwendig realisiert wie im Fall von Gloria, Scala oder Passage, bisweilen auch in altem Gemäuer unterkommend, stets aber den Bedürfnissen der neuen Zeit angepasst. Die meisten der hier vorgestellten zwölf Saarbrücker Kinos sind längst Geschichte geworden, einige sogar namentlich kaum noch bekannt. Wie das Apollo in der Eisenbahnstraße, das Vox in der Hohenzollernstraße oder das Tivoli auf dem Rastpfuhl ausgesehen haben – wer weiß das schon heute noch? Selbst jene Kinofreunde, die das Camera noch an seinem Promenadenstandort kannten, gehören heute nicht mehr zu den jüngsten Cineasten. Dr. Paul Burgard
Höher als breit war die Straßenfront des größten saarländischen Kinos, dessen sich über zwei Etagen ziehendes Entree dem Gebäude ein besonderes Gesicht gab. Links und rechts von Pfeilern und Glasfront sind die beiden Eingänge zum Stadtkrug (links) und zur Europa-Bar zu erahnen, die zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht realisiert war. Das Bild entstand im Mai 1952, als Paul Kemp mit seinem „Engel im Abendkleid" hier gastierte. Das Plakat des Films ist über dem Kassenhäuschen an der Treppe zu sehen
Als der St. Johanner Markt noch nicht die gute Stube, sondern die etwas anrüchige Rumpelkammer Saarbrückens war, eröffnete der ehemalige Kinoplakatmaler Albert Thäder mit einem Kompagnon das City-Kino in der Fröschengasse. Von 1959 an wurde hier vor allem das cineastische Bedürfnis nach Räuberpistolen und nacktem Fleisch erfüllt – mit bisweilen beachtlichem Publikumserfolg. Später war hier das Stiefelkino, zeitweise auch der Festivalclub des Max-Ophüls-Preises zu finden
Knapp 1.400 Zuschauer fanden im Saal und auf der Empore des Scalas Platz, das damit zu den größten Kinos Südwestdeutschlands zählte. Die größeren Säle des heutigen Cameras zwo haben auf der Ebene der damaligen Empore Platz gefunden, während das damalige Erdgeschoss längst anders genutzt wird. Während die sterile Innenraumgestaltung und die im Verhältnis zur Theatergröße „winzige" Leinwand einige Wünsche offen ließen, war gegen die Dicke der Sitzpolster nichts einzuwenden
Ziemlich nüchtern wirkt das Ambiente im Eingangsbereich des Glorias an diesem 13. Dezember 1951. Das Kassenhaus mit zwei Arbeitsplätzen zeigt die Preisliste für die Eintrittskarten, die von 80 Franken fürs zweite Parkett bis zu 200 Franken in der Loge reichten. Im Gegensatz zum gedruckten Programm werden hier sogar vier Vorstellungen des an diesem Tag laufenden, jugendfreien Revuefilms „Frühling auf dem Eis" mit der österreichischen Europameisterin Eva Pawlik angeboten
Die Leinwand des Passage-Kinos ist aus dieser Perspektive natürlich unsichtbar. Sie hängt auf der Innenseite jener Mauer, die von außen das Banner trägt, auf dem „Der unsichtbare Dritte" von Alfred Hitchcock annonciert ist. Das etwa 1960 entstandene Foto zeigt auf der rechten Seite der Passagestraße die Gaststätte „Oberbayern", ein in den Fünfzigern beliebtes Lokal, das selbstverständlich auch von Kinogängern aufgesucht wurde
Knapp 13 Jahre nach dem Umzug an die Berliner Promenade, nach Eigentümer- und Programmwechseln und etlichen auch existenziellen Turbulenzen, fand in dem Camera-Kino im Juni 1980 zum ersten Mal der Max-Ophüls-Wettbewerb statt. Im Jahr vier nach diesem Beginn einer neuen saarländischen Kinozeit entstand die Nachtaufnahme vor dem Camera, während des Ophüls-Festivals 1984