Union Berlin hat sich einen großen Puffer zur Abstiegszone erarbeitet und gilt inzwischen sogar als Vorbild für andere Teams.
Union Berlin kann also auch Favorit – das war aus Berliner Sicht die wichtigste Erkenntnis beim 2:0-Heimsieg gegen den 1. FC Köln. Zuvor waren die Eisernen in ihrer Bundesliga-Premierensaison immer als gefühlter Außenseiter in ein Spiel gegangen, gegen den Mitaufsteiger hatten aber die meisten der 22.012 Zuschauer in der erneut ausverkauften Alten Försterei mit drei Punkten gerechnet. Union hielt dem Druck stand, auf eine sehr reife und beeindruckende Weise. Das gab viel Hoffnung für das nächste Spiel, denn auch beim SC Paderborn am Samstag, 14. Dezember, sind die um elf Punkte besseren Unioner der Favorit. „Auch damit muss man umgehen können", sagte Kapitän Christopher Trimmel. „Wir nehmen jeden Gegner ernst. Das Trainerteam würde es auch gar nicht zulassen, dass wir denken: ‚Wir sind jetzt die Favoriten und können das locker lösen.‘"
Die Unaufgeregtheit, mit der Trainer Urs Fischer den sechsten Saisonsieg zur Kenntnis nahm, gab Trimmel Recht. Der stoische Schweizer lobte seine Mannschaft zwar für eine starke zweite Halbzeit, „in der wir so gespielt haben, wie wir es eigentlich von Anfang an vorhatten". Doch er kritisierte auch die schläfrige erste halbe Stunde, „da sind wir nicht so recht ins Spiel gekommen". Nach dem Kopfballtreffer zum 1:0 durch Sebastian Andersson (33.), spätestens aber nach dem zweiten Tor des Schweden (50.), dominierte Union das Aufsteiger-Duell. Gäste-Trainer Markus Gisdol, der auch im dritten Spiel sieglos blieb, war mächtig beeindruckt von Berlin. „Union hat uns gezeigt, wie man sich aus einer Tabellensituation, in der wir uns befinden, befreien kann. Davon können wir uns eine Scheibe abschneiden", sagte Gisdol, der das Erfolgsrezept der Köpenicker so beschrieb: „In totaler Konsequenz Fußball spielen. Nicht schön. Hart. Zupackend. Nicht Foul spielen. Konsequent nach vorne. Nachgehen. Auf Sendung sein. Diese Dinge hat Union total verinnerlicht. Das ist ein Orientierungspunkt für uns."
Fischer war die Schwärmerei seines Trainerkollegen fast ein wenig unangenehm, er will mit aller Macht eine zu große Euphorie verhindern. Denn plötzlich wurden die Spieler mit der Frage konfrontiert, wie es sich denn anfühle, nur fünf Punkte hinter Rekordmeister Bayern München zu stehen. „Wir haben noch viel zu arbeiten", warnte Fischer. „Das haben wir auch heute gesehen." Als die Sprache auf seinen Torjäger Andersson kam, fiel es aber selbst Fischer schwer, nicht ins Schwärmen zu geraten. „Er ist momentan sehr effizient", sagte der Trainer über den achtmaligen Saisontorschützen, der nicht nur wegen seiner Kopfballstärke und Kaltschnäuzigkeit ein immens wichtiger Spieler für Union ist. „Er arbeitet viel nach hinten, ist unermüdlich unterwegs", lobte Fischer. Auch Kapitän Trimmel ist heilfroh, das Union den Schweden vor einem Jahr ablösefrei aus der Dritten Liga nach Berlin geholt hat: „Er ist immer da und macht Bälle fest, die nur sehr wenige Stürmer festmachen. Das ist sehr wichtig für uns." Als sogenannter Wandspieler muss Andersson die vielen langen Bälle sichern, verarbeiten und an die Mitspieler weiterleiten. Dieses taktische Mittel ist vielleicht nicht besonders modern, aber der Erfolg gibt Union derzeit Recht. Die Kölner schauen jedenfalls sehr neidisch nach Berlin.