Der Wüsten-Grand-Prix in Abu Dhabi war der Schlussakkord der Formel-1-Saison 2019. FORUM hat sich die zehn F1-Teams in der Reihenfolge ihres WM-Stands vorgenommen und Sieger und Verlierer, Highlights, Rekorde und spektakuläre Zahlen ihrer 21 Rennen aufgelistet.
1. Mercedes
Das Weltmeister-Team Mercedes war wieder einmal das Maß der Dinge. Mit dem sechsten WM-Double (Fahrer- und Konstrukteurstitel) in Folge, was noch keinem anderen Team gelungen ist, hat der britisch-deutsche Rennstall erneut Formel-1-Geschichte geschrieben. Den Grundstein legten die Silberpfeile in der ersten Saisonhälfte, als zehn Rennen mit sieben Doppelsiegen endeten. Am Ende standen 15 Siege mit neun Doppel-Triumphen. Weltmeister Lewis Hamilton hat elf und Vize-Champion Valtteri Bottas vier Erfolge eingefahren. In Abu Dhabi startete Hamilton in sein 250. F1-Rennen und krönte sich mit seinem fünften Sieg in dem Emirat zum Wüsten-König. Es war sein sechster „Grand Slam", das heißt Sieg inklusive Pole Position und schnellster Runde. Ein Top-Pilot in einem Top-Team. Sein finnischer Teamkollege kann mit der Hamilton-Bilanz lange nicht mithalten. Nach seinem Auftaktsieg in Australien war vom „neuen Bottas" die Rede. Doch Mitte der Saison schwächelte er und enttäuschte in den Rennen. Am Ende betrug sein Punkterückstand auf den alten und neuen Weltmeister 87 Zähler (413:326). Im direkten Vergleich zu „Überflieger" Hamilton ist der „fliegende" Finne eher der Flop-Pilot.
2. Ferrari
Der Traditionsrennstall ist in der Markenwertung zwar Zweiter, aber mit einem riesigen Punkteabstand von 235 Zählern (739:504) auf Mercedes die Enttäuschung. Die Testfahrten im Winter weckten Hoffnungen auf eine starke Saison. Mit dem Bottas-Sieg in Australien kam gleich die Ernüchterung. Ferraris Form verbesserte sich erst nach der Sommerpause, als Neuzugang Charles Leclerc die Italiener erst im 13. (Belgien) und dann im 14. WM-Lauf (Italien) mit einem Doppelschlag in einen Rausch versetzte. Den beiden Ferrari-Festspielen in Spa und Monza ließ Vettel in Singapur den dritten Sieg in Rot folgen. Es war sogar ein Doppelsieg, denn Leclerc wurde Zweiter. Neun erste Startplätze (Leclerc sieben, Vettel zwei) und drei Triumphe sind zu wenig, um an der Dominanz des Überteams Mercedes zu kratzen. Dazu reichte auch nicht der stärkste Motor im F1-Feld. Die Schlussoffensive kam zu spät. Vom Kommandostand kamen zu viele taktische Fehlentscheidungen, Patzer bei Boxenstopps, Fehler im Rennen und unglückliche Stallorder – die Pannentruppe Ferrari machte sich das Leben oft selbst schwer. Der Renommier-Rennstall aus Maranello floppte.
Die beiden Alphatiere und Zoff-Rivalen Vettel und Leclerc bestimmten Ferraris Saison in unterschiedlicher Weise und sorgten für die Alarmstufe Rot. Der viermalige Weltmeister und der kleine Prinz aus der Talentschmiede in Maranello waren öfters in Giftduelle verwickelt. Der junge Wilde setzte den Platzhirsch regelrecht unter Druck. Als das monegassische Wunderkind in Belgien Ferraris Durststrecke beendete, war es erst sein 13. Rennen für die Scuderia und erst sein 34. Grand Prix überhaupt. Leclerc selbst ist der 39. Fahrer, der sich in einem Ferrari einen Grand-Prix-Sieg erkämpft hat. Er ist der elfte Ferrari-Pilot, der Monza in ein rotes Tollhaus verwandelte. Und genau in diesem Tollhaus erlebte Sebastian Vettel am 8. September seinen schwärzesten Tag, als er ausgerechnet bei Ferraris Heimrennen im Vollgas-Tempel Monza überrundet wurde. Und der Fahrer, der ihm als Erster die ultimative Demütigung verpasste, war – Charles Leclerc. Mit Fahrfehlern, Drehern und verpatzten Überholmanövern steuerte Vettel in teilweise üble Kritik.
In der Endabrechnung setzte sich der Popstar der Formel 1, der in Abu Dhabi Dritter wurde, in seiner ersten Ferrari-Saison auf Rang vier (264 Punkte) vor den Alt-Meister (240). Für den Heppenheimer, in Abu Dhabi Fünfter, war es sein schlechtestes Ferrari-Jahr seit 2014. Vettel, in 21 Rennen fünfmal ohne Punkte, geriet ins Hintertreffen. Leclerc läuft ihm den Rang ab, und die Unterstützung im Team pendelt eindeutig in Richtung des Monegassen. Der ehemalige Sauber-Lehrling ist der Aufsteiger der Saison und ein Gewinner – und Vettel ein Verlierer.
3. Red Bull
Der Rennstall von Getränkehersteller Dietrich Mateschitz spielte nur die dritte Geige (417 Punkte). Fünf Siege hatte Motorsportberater Helmut Marko für die erste Saison mit Honda-Motoren vorgegeben, drei wurden eingefahren. Max Verstappen siegte beim Bullen-Heimspiel in Österreich, in Hockenheim und Brasilien. Ziel eigentlich nicht erreicht. Die Form nach der Sommerpause konnte das Team nicht einhalten. Red Bull gehört zu den Verlierern. Starpilot Max Verstappen aber ist ein Gewinner. Der Niederländer hat die Formel 1 belebt. Seine Fähigkeiten beeindrucken immer wieder aufs Neue. „Crash-Kid" und später „Mad Max" ist reifer und besonnener geworden, auch wenn er hin und wieder in den Rüpel- und Rempelmodus zurückgefallen ist. Im Finale wurde er Zweiter und beendete die WM als Dritter (278 Punkte). Zu den Tops gehört zweifelsohne auch sein neuer Teamkollege Alexander Albon. Der Thai-Brite, der nach der Sommerpause vom Schwesterteam Toro Rosso ins A-Team befördert wurde, hat eindrucksvoll seine Chance genutzt und ist auch im nächsten Jahr bei den Bullen gesetzt. Als Sechster in Abu Dhabi und WM-Achter (92 Punkte/davon 76 für Red Bull) ist der 23-Jährige bester Rookie (Neuling).
4. McLaren
Der britische Traditionsrennstall hat die Kehrtwende geschafft und sich auf einem komfortablen vierten WM-Platz eingenistet (145 Punkte). Das „neue" McLaren-Team hat mit dem Fahrer-Duo Lando Norris und Carlos Sainz einen Generationswechsel eingeleitet. Der Brite, ein Anfänger, hat fast regelmäßig gepunktet und als WM-Elfter mit 49 Zählern zum Gesamtergebnis beigetragen. Norris, in Abu Dhabi Achter, gilt auf der Insel bereits als Hamilton-Nachfolger. Der 20-Jährige ist zweitbester Rookie hinter Albon. Teamkollege Sainz hat mit Platz drei in Brasilien, wenn auch von Hamilton wegen einer Strafe geerbt, den Höhepunkt unter ein erfolgreiches McLaren-Jahr gesetzt. Der Spanier, in Abu Dhabi Zehnter, beendete die Saison hinter Vettel als WM-Sechster (96 Punkte). Zu verdanken hat das zweitälteste F1-Team den Aufschwung dem Bayern Andreas Seidl, ehemaliger BMW- und Porsche-Mann, der seit Mai das Zepter bei dem Dinosaurier schwingt. McLaren als „Best of the Rest" gehört mit beiden Fahrern zu den Tops.
5. Renault
Das französische Werksteam ist wieder einmal eine Enttäuschung. Nur Platz fünf in der WM-Endabrechnung (91 Punkte) ist für ein Team mit eigenem Motor zu wenig. Renault gelang es nie, mit Leistung und vielen Millionen zu überzeugen. „Wir konnten uns im Mittelfeld nicht absetzen. Diesen Schritt haben wir sportlich nicht geschafft", bekennt Niko Hülkenberg. Der Emmericher selbst, der in Abu Dhabi als Zwölfter sein letztes von 177 F1-Rennen bestritt und kein Cockpit für 2020 angeboten bekam, war im Qualifying besser als im Rennen. Platz fünf in Italien war sein bestes Ergebnis, zehnmal fuhr er in die Punkte, wurde WM-14. (37 Punkte). In seinen 177 Rennen stand er nie auf dem Podest – ein Negativrekord. Neuzugang Daniel Ricciardo verwies den 32-jährigen Veteranen regelmäßig in die Schranken. Der Australier, in Abu Dhabi Elfter, fuhr 54 Punkte ein und wurde WM-Neunter. Für Hulk endete eine F1-Karriere, die eigentlich unvollendet ist. Der 32-Jährige und sein Team gehören zu den Verlierern, Ricciardo aber zu den Gewinnern.
6. Toro Rosso
Der zweite Bullen-Rennstall erlebte seinen Höhepunkt in Brasilien. Pierre Gasly bescherte dem Team einen völlig überraschenden zweiten Platz. „Wenn durch verschiedene Umstände auch mit Glück, aber es war eines seiner besten Rennen", stellte Teamchef Franz Tost fest. Der Franzose, in Abu Dhabi nicht im Ziel, aber 14-mal in den Punkten, nistete sich mit 95 Zählern (davon 63 vor seiner Degradierung für Red Bull) überraschend auf WM-Rang sieben ein. Teamkollege Daniil Kvyat, Neunter in Abu Dhabi, stand als Dritter im Chaos-GP Hockenheim ebenfalls auf dem Podium, punktete zehnmal (37) und wurde 13. in der WM-Wertung. Mit insgesamt 85 Zählern hievten die Jungbullen ihren Rennstall auf WM-Rang sechs. Team und Fahrer top.
7. Racing Point
Die beiden Rennen vor dem Finale haben dem Team (am Ende 73 Punkte) im Kampf um Platz sechs das Genick gebrochen. Und dafür gab es Gründe. „Der Rennspeed war jedes Mal gut. Aber einmal bin ich wegen einer Strafe aus der Box gestartet. Da musste ich mit einem Punkt froh sein", so Sergio Perez. Der Mexikaner, in Abu Dhabi Siebter, machte als WM-Zehnter einen guten Job, fuhr elfmal in die Punkte (52), gehört in die Kategorie top. Teamkollege Lance Stroll, in Abu Dhabi nicht im Ziel und nur sechsmal gepunktet (21), ist als WM-15. ein Flop.
8. Alfa Romeo
Die Erwartungen des früheren Sauber-Teams wurden nicht erfüllt. Die schwedischen Besitzer und ihre italienischen Partner erwarteten mindestens Platz sechs. Stark angefangen und dann nachgelassen reichte es in der Endabrechnung nur für Rang acht (57 Punkte). Das bedeutet den gleichen Rang wie 2018. Also Stillstand, wenn nicht sogar Rückschritt. Altmeister Kimi Räikkönen, in Abu Dhabi 13., blieb zwölfmal ohne Punkte. Bester Platz war Rang vier in Brasilien. Mit nur 43 Zählern als WM-Zwölfter konnte der Finne zum Aufschwung des Schweizer Teams genauso wenig beitragen wie Teamkollege Antonio Giovinazzi. Der Italiener, in Abu Dhabi 16., punktete viermal. Mit Platz fünf in Brasilien als bestem Ergebnis wurde der 25-Jährige mit 14 Zählern 17. in der WM-Wertung. Das Team und beide Fahrer floppten.
9. Haas
Über den US-Rennstall gibt’s eigentlich nichts Positives zu berichten. Mit lediglich 28 WM-Punkten landete das Ferrari-Kundenteam lediglich auf dem vorletzten und neunten WM-Rang. Die Punkte fuhren glanzlos der Däne Kevin Magnussen, 14. in Abu Dhabi, und der Franzose Romain Grosjean, 15. in Abu Dhabi, ein. Magnussen steuerte in vier Rennen 20 Zähler bei, wurde 16. in der WM-Wertung. Grosjean punktete nur dreimal und brachte acht Zähler zustande. Der in Rennen oftmals als Crash-Pilot hervorgegangene Haudegen (34 Jahre) mit der Erfahrung von 164 Grands Prix enttäuschte auf ganzer Linie. Der fünf Jahre jüngere Teamkollege konnte zwar zweieinhalbmal mehr Punkte einfahren, verfügt über 102 GP-Einsätze, war aber auch keine großartige Hilfe für die Weiterentwicklung der Amerikaner. Team und beide Fahrer gehören zu den großen Verlierern.
10. Williams
Seit Jahren dümpelt einer der erfolgreichsten Rennställe im Mittelfeld, eher aber am Ende, herum. In diesem Jahr ist das Team mit George Russell als Neuling und dem Polen Robert Kubica neu aufgestellt gewesen. Im Zeitenjagd-Duell (Qualifying) fegte der dritte F1-Neuling Russell den mit 275 Grands Prix erfahrenen Krakauer regelrecht weg, demütigte den 32-Jährigen mit 21:0. Eine derart weiße Weste konnte kein anderer Pilot vorweisen. Und dennoch kurios: Der Rookie lag im Endstand in der WM hinter dem Veteran. Das kam so: Im irren Chaos von Hockenheim spülte es Kubica durch nachträgliche Strafen gegen Alfa Romeo tatsächlich bis auf Platz zehn. Ein WM-Punkt, der auf natürliche Art nie möglich gewesen wäre. Mit dem 19. Platz in Abu Dhabi und dem einen WM-Punkt hat sich der Krakauer als WM-19. aus der Formel 1 verabschiedet. Das Traditionsteam eindeutig ein Flop, Neuling Russell, 17. in Abu Dhabi, ist gegenüber Kubica – wenn auch ohne WM-Punkt – ein Gewinner.