Seit acht Jahren verkörpert Neil Dudgeon den englischen TV-Ermittler Inspector Barnaby. Die Filmfigur ist in 204 Ländern bekannt. Neue Folgen laufen ab 22. Dezember im ZDF.
Er ist Gaunern, eleganten Mördern und verschlagenen Typen auf der Spur. Vielen Damen gilt er außerdem als Mann mit dem gewissen Etwas: Neil Dudgeon verkörpert seit 2011 Inspector Barnaby. Mit Spürsinn und Intelligenz kommt er in der gleichnamigen englischen Krimireihe jedem Verbrecher auf die Schliche. Die Aufklärungsquote liegt bei unglaublichen 100 Prozent. „Barnaby"-Filme sind nie blutrünstig, dafür aber hintergründig und humorvoll. Es sind Krimistorys, die es im deutschen Fernsehen so kaum noch gibt. Seit 1997 flimmerten 122 Folgen mit Detective Chief John Barnaby über die Bildschirme. Die deutschsprachige Erstausstrahlung lief 2005 im ZDF. Den englischen Chefermittler – in Deutschland vergleichbar mit einem Kriminalhauptkommissar – kennt man in 204 Ländern.
Den Start der 20. Staffel des Erfolgsformats nutzten wir für eine Teatime mit Hauptdarsteller Neil Dudgeon. Gut gelaunt saß der Brite kürzlich in einem Hamburger Café, sicherheitshalber mit Übersetzer. Das ZDF hatte alles bis ins kleinste Detail vorbereitet. Der nächste „Barnaby"-Streifen laufe im deutschen Fernsehen zur besten Sendezeit, beginnt Dudgeon gleich das Gespräch. „Zuschauer sehen den Inspector am 22. Dezember um 22.15 Uhr, zwei Tage vor Weihnachten. Besser geht’s doch nicht", lächelt der Familienvater, der mit einer BBC-Radioproduzentin verheiratet ist.
Die Zuschauer dürften sich auf eine raffinierte Handlung, Wortwitz und skurrile Bewohner im fiktiven County Midsomer freuen. An seiner eigenen Rolle habe sich in den letzten acht Jahren wenig geändert. „Im Film wurde ich Vater einer Tochter, ansonsten blieb Barnaby ganz der Alte." Der Inspector beziehe seine Sicherheit aus einer intakten Familie und der guten Ehe – es seien die Grundpfeiler, um mit Mord und Totschlag relativ entspannt umzugehen. Die Filmfigur sei keine gebrochene Persönlichkeit wie manch andere TV-Ermittler, sondern ein kluger und umsichtiger Mann.
„Das Tempo der Filme ist maßvoll, nicht zu hektisch und actiongeladen. Barnaby ist ein nachdenklicher Mensch und nicht so überdreht. Ich glaube, das lieben die Menschen", nennt der 58-Jährige das Geheimnis des lang anhaltenden Erfolgs. Er zieht Parallelen zu den „Miss Marple"-Verfilmungen der 60er-Jahre. Allerdings lebten diese Streifen auch von der kauzigen Art der betagten Hauptdarstellerin Margaret Rutherford.
Wortwitz und skurrile Bewohner
Die betont ruhige Note der „Barnaby"-Produktionen bedeuten aber nicht, dass es die Film-Morde nicht in sich hätten. Da endet in der übernächsten Folge („Schmetterlinge sterben früher", ZDF, 29.12.) ein Schmetterlingssammler auf die gleiche Weise wie seine Insekten: durchbohrt und zur Schau gestellt. John Barnaby bleibt trotzdem ganz gelassen.
Dass er als Schauspieler seit acht Jahren fast ausschließlich auf die Rolle des englischen Inspectors festgelegt wird, stört Neil Dudgeon keineswegs. „Im Gegenteil, ich bin glücklich, dass ich diese Rolle erhalten habe. Sie ist für mich auch ein Gradmesser des Erfolgs." Früher habe er verschiedene Dinge gemacht, die weit weniger erfolgreich und populär waren. „Wenn wir die Staffeln von März bis November drehen, bin ich sehr eingespannt. Da bleibt auch kaum Zeit für andere Projekte. Danach bin ich, ehrlich gesagt, ziemlich platt", erklärt der sympathische Mime. 2018 blieb seinen Worten nach immerhin Zeit für ein Theaterstück. Aktuell arbeite er an einem Hörspiel für einen deutschen Verlag. Neil Dudgeon würde es als „undankbar" empfinden, sich darüber zu beklagen, heute ausschließlich über „Barnaby" definiert zu werden.
Den bezaubernden Landstrich, in dem die Filme entstehen, mag er übrigens auch privat. „Wir drehen in südenglischen Grafschaften, darunter Buckinghamshire, Surrey, Devon, East Sussex und Berkshire", so der Schauspieler. Die fiktive Filmstadt Causton sei in Wirklichkeit Wallingford in der Grafschaft Oxfordshire, berichtet der Mann, der im Interview so locker wie John Barnaby wirkt.
„Danach bin ich, ehrlich gesagt, ziemlich platt"
Deutsche Darsteller spielten seinen Angaben nach bislang nicht in den Krimis mit, dafür dänische Mimen. „Das würde ich aber gerne mal machen und dann auch in Deutschland drehen. Das wäre ein Dankeschön an unsere treuen deutschen Zuschauer. Falls Sie da Kontakte haben, wenden Sie sich bitte an das Produktionsteam", scherzt der Star. Deutschland kenne er nicht besonders gut, räumt Neil Dudgeon auf Nachfrage ein. In München, Hamburg und Monschau sei er gewesen, in Berlin und Brandenburg noch nicht. „Aber alles, was ich über euer Land lese und sehe, stimmt mich positiv. Ich sollte hier mal Urlaub machen", lacht der Künstler. Beim nächsten Besuch schaue er sich in jedem Fall Berlin an. Hamburg sei immer der kürzeste Draht nach Deutschland, wenn dienstliche Belange zu klären seien, bittet der gebürtige Brite, der aus Doncaster stammt, einem Ort in der Grafschaft South Yorkshire, um Verständnis.
Schließlich verweist Neil Dudgeon noch auf eine interessante Doku über die Krimireihe, die ebenfalls am 22. Dezember im ZDF (Arbeitstitel: „20 Wege, in Midsomer zu sterben"; etwa 23.45 Uhr) läuft. Sie blickt mit Augenzwinkern hinter die Kulissen der international gefragten Produktion. Die Dokumentation gebe Tipps, was man unbedingt in Midsomer erlebt haben muss – bevor man ermordet wird. Außerdem gibt es ein Wiedersehen mit John Nettles, dem „Inspector Barnaby" der ersten Stunde. Der heute 76-Jährige führt mit seinem bekannten geistreichen Wortwitz durchs Programm.
1997 begann der weltweite Erfolg der fiktiven Grafschaft Midsomer mit ihren mordlustigen Einwohnern und damit auch mit ihren außergewöhnlichen Ermittlern. Ursprünglich erdacht von der Bestsellerautorin Caroline Graham begann zunächst John Nettles als Tom Barnaby mit seiner kriminalistischen Recherche. Nach zwölf Staffeln übergab er das Zepter an seinen Cousin John, um sich in den Ruhestand zu verabschieden. Tipp: Nach zwei neuen „Barnaby"-Filmen am 22. und 29. Dezember, strahlt das ZDF ab Januar 2020 vier weitere Folgen aus.