07.09.2019
Der Joker räumt ab
Die Filmfestspiele in Venedig enden Anfang September mit gleich mehreren Paukenschlägen. Denn mit den Entscheidungen der Jury hatten wohl nur wenige gerechnet: Der Goldene Löwe für den besten Film ging an den düsteren Psychothriller „Joker", in dem Regisseur Todd Phillips von der Gewaltspirale eines psychisch kranken Mannes erzählt. Für noch mehr Diskussionen sorgte die Auszeichnung für „J‘accuse" von Roman Polanski. Sein historisches Drama um einen Justizskandal gewann den Großen Preis der Jury, die zweitwichtigste Trophäe. Tatsächlich blieb „Joker" als einer der intensivsten und verstörendsten Filme im Wettbewerb in Erinnerung. Joaquin Phoenix (44) spielt darin auf herausragende Weise Arthur Fleck, einen einsamen und tieftraurigen Mann, der unter einer schweren psychischen Störung leidet – bis der Frust mit aller Gewalt aus ihm herausbricht. Aus Arthur Fleck wird langsam der gefürchtete Joker: der Erzfeind von Batman.So bekannt diese Figur des Jokers aus zahlreichen Comics und Filmen auch ist, so neu ist diese Geschichte, die Regisseur Phillips hier entwirft.
01.09.2019
Zweimal Kenia in Ostdeutschland
Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg Anfang September erleiden SPD, CDU und Linke schwere Verluste. Die AfD wird bei zweistelligen Gewinnen jeweils zweitstärkste Partei. In Sachsen kommt die CDU auf 32,1 Prozent, die AfD auf 27,5, die Linke holt 10,4, die Grünen erreichen 8,6. Die einst große SPD kann nur magere 7,7 Prozent einfahren. Dennoch könnte sie mitregieren. Anfang Dezember einigten sich CDU, Grüne und SPD auf einen Koalitionsvertrag für ein sogenanntes Kenia-Bündnis. SPD und Grüne befragten dazu ihre jeweilige Basis, das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Zuvor hatten sich bereits die Parteien in Brandenburg auf eine Kenia-Koalition unter Führung der SPD (26,2 Prozent) geeinigt.
05.09.2019
Triebtäter weggeschlossen
Im Prozess um den hundertfachen Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde sind die Angeklagten zu hohen Haftstrafen und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Das Landgericht Detmold verhängte Anfang September eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren gegen den 56-jährigen Andreas V., der 34-jährige Mario S. erhielt zwölf Jahre. Das Gericht ordnete außerdem die anschließende Sicherungsverwahrung für die beiden Deutschen an. Auf dem Campingplatz in Lügde hatten die beiden jahrelang und hundertfach insgesamt 32 Kinder sexuell missbraucht. Andreas V. wurden insgesamt rund 290 Missbrauchstaten zur Last gelegt. Mario S. hatte sich in 160 Fällen an Mädchen und Jungen vergangen. Unter den Taten waren 250 Vergewaltigungen. Die jüngsten Opfer waren zur Tatzeit erst vier Jahre alt. Neben der Vielzahl der Fälle, der Dauer des Missbrauchs und seiner Gewalttätigkeit wertete das Gericht die „infame und niederträchtige Vorgehensweise" der Angeklagten strafverschärfend: Beide Männer seien als „Kindermagnete" beschrieben worden.
24.09.2019
Brexit und kein Ende
In einem historischen Urteil hat das oberste britische Gericht die von Premierminister Boris Johnson auferlegte fünfwöchige Zwangspause des Parlaments am 24. September für rechtswidrig erklärt. Der Supreme Court in London hob die Suspendierung des Unterhauses mit sofortiger Wirkung auf. Die Abgeordneten kamen bereits am nächsten Tag wieder zusammen. Der Supreme Court entschied, dass die Zwangspause die Abgeordneten in „extremer Weise" an der Ausübung ihres verfassungsmäßigen Auftrags hindere, wie die Vorsitzende Richterin Lady Brenda Hale bei der Urteilsverkündung ausführte. „Das Parlament ist nicht suspendiert. Das ist das einstimmige Urteil aller elf Richter", sagte Hale. Begonnen hatte die Zwangspause am 10. September.
20.09.2019
10.000 Stimmen vereinen sich
Die Bewegung „Fridays for Future Saarland" ruft, und 10.000 Menschen folgen ihr nach Saarbrücken. Es ist ein Kampf für den Umweltschutz und für eines der großen Probleme unserer Zeit. Seit Monaten bereits gehen weltweit immer wieder freitags meist junge Menschen auf die Straße, um Bewegung in die Politik zu bringen. Ihre Forderungen schreiben sie auf großflächige Plakate, die sie anklagend gen Himmel strecken. Es geht vor allem um den Kohleausstieg, größeren Einsatz von erneuerbaren Energien, besseren ÖPNV, Verbot von Inlandsflügen und Plastikverpackungen. Allgemein setzt man sich auch für Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit ein. Trotz der Ernsthaftigkeit herrscht an jenem 20. September ein wenig Stimmung wie bei einem Volksfest. Das Wetter ist toll, den Weg säumen Menschen, die dem Treiben auf Bänken zuschauen, Kinder malen mit Kreide Blumen auf den Boden. Der Demozug fand übrigens am Nachmittag statt, womit man dem Vorwurf entgegentreten möchte, es handele sich nur um Schulschwänzer.
04.09.2018
Auftakt zur SPD-Marathon-Tour
Noch bevor es so richtig losgeht, gibt es bereits die erste Absage: Simone Lange und Alexander Ahrens ziehen ihre Bewerbung zurück. Sie geben in Saarbrücken bekannt, nicht selbst ins Rennen um den Posten der SPD-Vorsitzenden einzusteigen. Stattdessen unterstützen die Flensburger Oberbürgermeisterin und der Oberbürgermeister von Bautzen das Duo Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Es ist der Auftakt eines 23 Termine umfassenden Vorstellungsmarathons, der die Sozialdemokraten die nächsten Wochen in Atem halten soll. Als Richtungswahl bezeichnet der Fraktionsvize im Bundestag, Karl Lauterbach, die Wahl. „Im Prinzip steht ja die Frage im Raum: Geht die große Koalition weiter, ja oder nein?", sagt Lauterbach in Saarbrücken. Er selbst plädiert für ein Ende des Bündnisses. Ganz anders sieht dies naturgemäß Olaf Scholz. Der Vizekanzler und Finanzminister ist bejahendes Mitglied der Bundesregierung, der er ja angehört, und bewirbt sich mit der Brandenburger SPD-Politikerin Klara Geywitz um den Vorsitz. Die beiden erklären, den Fokus der SPD wieder auf die Wahrnehmung als Partei der sozialen Gerechtigkeit und der sozialen Sicherheit zu legen. Ende November fällt die Entscheidung: Das Duo Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken setzt sich überraschend gegen das Duo Scholz/Geywitz durch. Doch damit beginnen die Diskussionen erst richtig.
17.09.2019
Bildungsriege bildet sich um
Ulrich Commerçon (SPD) ist kein Bildungsminister mehr, ihm folgt Parteifreundin Christine Streichert-Clivot auf dem Posten. Dies teilt Landeschefin Anke Rehlinger im September in der Landtagsfraktion mit. Die Personalrochade ist notwendig, weil sich Ex-Fraktionschef Stefan Pauluhn aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen möchte. Deswegen besetzt der bisherige Bildungsminister diesen Posten. Streichert-Clivot, Ex-Staatssekretärin im Ministerium für Bildung und Kultur, übernimmt seinen Job. Ministerpräsident Tobias Hans kommentiert: „Mit Commerçon verliert die Landesregierung einen leidenschaftlichen Streiter für Bildung und Kultur im Land." Die 39-jährige Streichert-Clivot sagte nach kurzer Bedenkzeit zu: „Es kommt nicht häufig vor, dass man gefragt wird, ob man Ministerin werden möchte."
15.09.2019
Schönauer will so nicht mehr
Bei der Premiere seines Programms „Frauen verstehen in 100 Minuten – Männerphantasien in Jacques’ Bistro" kündigt Detlev Schönauer an: „Ich werde meine kabarettistische Präsenz im Saarland reduzieren und wie Gerd Dudenhöffer nicht mehr in Saarbrücken auftreten."
Uwe Caspari, auch Piraten-Politiker, hatte sich eine Show von Schönauers „Doppelhirn" ein rundes Jahr zuvor angeschaut. Sein Fazit auf seinem Blog nach Ausführungen zur Flüchtlingspolitik: „Detlev Schönauer nutzt seine Popularität für die Verbreitung von Rassismus."
Dieser reichte Unterlassungsklage ein, weil er sich gebrandmarkt sah. Doch die Zivilkammer des Saarbrücker Landgerichts wies die Klage ab. „Rassist" verletze zwar das allgemeine Persönlichkeitsrecht Schönauers, die Äußerung sei aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt und „daher nicht rechtswidrig". Die darauf folgenden negativen Schlagzeilen in Saarlands größer Tageszeitung hätten ihm geschadet, er fühle sich regelrecht denunziert, gibt Detlev Schönauer in der halbvollen Bel Étage zu Protokoll und begründet damit seinen künftigen Boykott.
15.09.2019
Demo mit Schafen
Rund 200 Schafe mit Schäfern haben in Berlin für mehr Wertschätzung demonstriert. Der ungewöhnliche Protestzug verlief vorbei an Bundespräsidialamt und Siegessäule zum Hansaplatz, wo es eine Kundgebung gab. Vertreter des Berufsstandes verwiesen auf die große Bedeutung der Schäferei für den Arten- und Landschaftsschutz. Allerdings könnten viele Schäfer kaum noch von ihrer Arbeit leben, sagte der Vorsitzende des Schafzuchtverbands Berlin-Brandenburg, Knut Kucznik. Er forderte bessere Preise für heimische Schafsprodukte wie Wolle sowie eine staatliche Kopf-Prämie für Schafe. Schafherden werden in Deutschland vor allem zur Landschaftspflege von rund 430.000 Hektar Fläche eingesetzt. Sie erhalten so Lebensräume für besondere Pflanzen und Insekten und verhindern eine Verwilderung der Flächen. Auch für den Küsten- und Hochwasserschutz sind Schafe nützlich, etwa indem sie auf Deichen den Boden festtreten. Die Schur der Schafe – früher eine große Einnahmequelle der Schäfer – bringt inzwischen kein Geld mehr ein. Der Wollkilopreis fiel Kucznik zufolge so stark, dass die Schur mehr kostet, als die Wolle einbringt. Neben der Textilproduktion könne Wolle auch als ökologischer Dämmstoff, Pflanzsubstrat oder als Filter verwendet werden.
15.09.2019
Hoffnung für den BER
Zwei Monate wurde geprüft, ob das komplizierte Anlagengeflecht beim BER-Brandschutz im Zusammenspiel funktioniert. In den vergangenen zwölf Jahren gab es immer wieder Probleme. 2019 läuft es besser: Nach großangelegten Tüv-Prüfungen im Terminal des künftigen Hauptstadtflughafens haben die Betreiber die geplante Eröffnung im Oktober nächsten Jahres bestätigt. Dies sei sicher, sagte Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup sprach von einer erfolgreich abgeschlossen Prüfung, sagte aber auch, es seien noch Mängel im Terminal abzuarbeiten. „Wir haben viele Detailthemen, aber einen echten Showstopper haben wir nicht." Er versicherte, der Zeitplan bis zur Inbetriebnahme enthalte noch Puffer. Doch es gibt weiterhin Probleme: Das Terminal 2 ist nicht fertig, Hunderte Mängel an Stromkabeln sind noch zu beheben. Der Tüv will diese noch bis Februar prüfen. Außerdem funktioniert der Brandschutz am Übergang zum Bahnhof unter dem Terminal noch nicht zufriedenstellend. Die Probleme hatten das Projekt schon vor drei Jahren in eine weitere Krise geführt. Dieses Mal geht es um Rauchschürzen, die bei einem Brand wie eine Leinwand herunterfahren, damit der Rauch sich nicht ausbreitet. Sie fahren zu weit herunter.
23.09.2018
Joops intimes Buch
Maler, bildender Künstler, Autor und natürlich Modeschöpfer – seine zahlreichen Talente haben Wolfgang Joop rund um die Welt geführt. Doch die Sehnsucht blieb. Die Sehnsucht nach dem Ort seiner Kindheit – Gut Bornstedt in Potsdam. „Meine Mutter Charlotte und ich, die uns in Braunschweig nicht einleben wollten, hatten nur ein Ziel: zurück nach Bornstedt, zu den Menschen und der wundervollen Umgebung, die sich nicht zu verändern schien", sagte Joop. Inzwischen ist das Ziel erreicht: Gemeinsam mit Partner Edwin und seiner Ex-Frau Karin, mit der Joop die zwei erwachsenen Töchter Jette und Florentine hat, lebt der Modeschöpfer auf dem Gut am Park von Sanssouci in Potsdam. Von der Heimkehr zum Familienstammsitz erzählt der 74-Jährige nun und gewährt auf knapp 500 Seiten tiefe Einblicke in sein Leben. Er berichtet von Unsicherheit, Einsamkeit und Niederlagen.
Zentrales Thema des Buches ist die Rückkehr nach Bornstedt. Ihr sei eine öffentliche familiäre Auseinandersetzung vorausgegangen, getragen vor allem von einem angespannten Verhältnis zu Tochter Jette. „Hat man das Glück, viele Kinder zu haben, hat man auch viele unterschiedliche Meinungen, wie mit dem Familienerbe umgegangen werden soll", beschreibt es Joop. Er selbst habe den „unumstößlichen Wunsch" gehabt, den ehemaligen Sehnsuchtsort zu restaurieren.