Anfang April muss Reinhard Grindel auf öffentlichen Druck hin sein Amt als DFB-Präsident aufgeben, eine Woche später auch seine Ämter bei Fifa und Uefa. Ein hohes Zusatzeinkommen und eine geschenkte Nobeluhr wurden dem ehemaligen Politiker und Journalisten zum Verhängnis.
Ein Uhren-Geschenk aus der Ukraine hat Reinhard Grindel Anfang April all seine letzten Spitzenämter im Fußball gekostet. Enthüllungen über Zusatzeinkünfte und die Annahme jener Uhr, die einen Wert von etwa 6.000 Euro hat, sorgten zunächst dafür, dass Grindel sich genötigt sah, sein Amt als DFB-Präsident aufzugeben. „Durch die verspätete Meldung der Annahme eines Geschenks habe ich Spekulationen entfacht, gegen Regeln der Good Governance verstoßen zu haben", schrieb er in seiner Erklärung. Er betonte aber „mit Nachdruck", dass er wegen des Geschenks durch den früheren ukrainischen Verbandsboss Grigori Surkis in „keinerlei Interessenskonflikt geraten" sei. „Es gab keinerlei Unrechtsvereinbarung und keinerlei Beeinflussung. Es war eine unerklärliche Arglosigkeit von mir, dieses Geschenk nicht sofort den zuständigen Compliance-Beauftragten zu melden."
Kritisiert wurde er schon wegen eines Zusatzeinkommens von mehr als 78.000 Euro für den Aufsichtsratsposten bei einer DFB-Tochtergesellschaft. Acht Tage nach dem Rückzug vom nationalen Spitzenposten trat er auch von seinen internationalen Positionen bei den Verbänden Uefa und Fifa zurück. „Die öffentliche Berichterstattung hat jedes Maß verloren", begründete der 57-jährige gebürtige Hamburger in einer persönlichen Erklärung diesen Schritt, der von wenig Selbsteinsicht zeugt.
An den eigenen Ansprüchen gescheitert
Die Uhr aus der Ukraine war aber nur Auslöser und nicht Kern des Problems. Ausgerechnet der einstige Berufspolitiker mit Bundestagsmandat stürzte schnell im Fußball-Geschäft, weil ihm in entscheidenden Situationen der richtige Instinkt und vor allem die nötigen Seilschaften fehlten. Mit seinem Führungsstil machte sich Grindel angreifbar – auch deshalb sickerten seine gravierenden Fehler nun nach und nach an die Öffentlichkeit durch.
Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und Zusammenhalt sichern, predigte Grindel als oberstes Ziel für den DFB und fiel letztlich über das Geschenk von Grigori Surkis, seinen für Ethikzweifel bekannten Uefa-Kollegen aus der Ukraine. Geldgier wäre auch lange nicht der Vorwurf gegen den gebürtigen Hamburger gewesen. Eher enorme Ungeschicklichkeit in Führungsfragen wie die unnötige Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw vor der WM 2018 und fehlendes Rückgrat, als es darum ging, Mesut Özil in der Erdogan-Affäre vor rechten Parolen zu schützen, kreidete man ihm an. Immer wieder mussten Grindel selbst oder seine Medienleute Statements einfangen, von missverständlichen Kommentaren zum Videobeweis bis zur Löw-Ausmusterung der WM-Helden Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng.
Ende September wurde Fritz Keller, zuvor viele Jahre Präsident des SC Freiburg, zum neuen DFB-Präsidenten gewählt.