Der Berliner Ex-„Tatort"-Kommissar Andreas Hoppe war unter anderem in Kanada und Rumänien dem Wolf auf der Spur. In seinem Wolfsbuch bricht er eine Lanze für Isegrim.
Schafrisse in der Mark, „Rotkäppchen und der Wolf" sowie Legenden von zähnefletschenden Ungetümen: Das Thema Wolf ist nicht nur in Brandenburg heikel. In ganz Deutschland hinterließen Märchen, Mythen, aber auch tatsächliche Vorfälle mit den Wildtieren Spuren. Weil sich die scheuen Vierbeiner immer mehr Terrain zurückerobern, kochen Emotionen hoch.
Jetzt meldet sich zum Thema einer zu Wort, von dem es viele nicht erwartet hätten: Andreas Hoppe, der bekannte Berliner Schauspieler, der 22 Jahre an der Seite von Ulrike Folkerts im ARD-„Tatort" ermittelte. Seit zwei Jahrzehnten beschäftigt er sich mit der Materie. Das Ergebnis fasste er nun in seinem bebilderten Buch „Die Hoffnung und der Wolf" zusammen. Darin beschreibt er seine Faszination für Isegrim und erklärt, warum er sich für Natur und Umwelt engagiert.
Im autobiografischen Buch nimmt Hoppe den Leser mit in die Wildnis Kanadas und Rumäniens, in den Bayerischen Wald, aber auch in die Weiten Brandenburgs. Er beschreibt Wolfsbegegnungen und lässt Akteure zu Wort kommen, die das Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten: Vom Weidetierhalter über den Herdenschutzbeauftragten bis hin zum Staatssekretär – sie alle treibt die Frage nach dem zukünftigen Miteinander von Mensch und Wolf um.
„Reißerische Aufmachung regt mich auf"
„Letztlich ist für mich der Wolf aber auch eine Symbolfigur sowie Aufhänger für Umwelt- und Naturschutz allgemein. Im Buch gehe ich der Frage nach, wie wir mit unserem Globus zukünftig umgehen wollen", erklärt der „Tatort"-Darsteller. Der versucht, ein emotionales Thema zu versachlichen, mit guten Argumenten und auch anhand von Studien. Einerseits erklärt er Leben und Sozialverhalten der scheuen und klugen Wildtiere, andererseits stellt er klar: „Die Sicherheit des Menschen muss stets an erster Stelle stehen!" Experten wüssten längst, dass es für die äußerst seltenen Fälle, in denen Wölfe Menschen angriffen, etliche Ursachen gab. „Das können Krankheiten wie die Tollwut sein (die Tollwut wurde in Deutschland zum Glück ausgerottet, Anm. d. Red.), aber auch angefütterte Wölfe können für Menschen zur Gefahr werden", heißt es in der Lektüre. Grundsätzlich gelte jedoch, dass man in unseren Gefilden eher Rotkäppchen als einen Wolf treffe, sagt Hoppe augenzwinkernd.
Der weiß, wovon er spricht, war Wölfen unter anderem in den Karpaten und den kanadischen „Northwest Territories" auf der Spur. Regelmäßig besucht Hoppe Wolfsrudel im märkischen Wildpark Schorfheide. Auch in einer Fernsehdoku zum Thema war er kürzlich zu sehen. Seine Erkenntnis: Für Landwirte seien Herdenschutzhunde und gute Zaunsicherung unerlässlich. Komme es zu Schafrissen, sei eine Entschädigung unstrittig. „Mich regt aber die reißerische Aufmachung vieler Berichte auf. Das steht oft nicht im Verhältnis zu tatsächlichen Schäden. Im Buch belege ich das auch mit Zahlen", sagt Hoppe. Im Gespräch mit Landwirten hätte sich herausgestellt, dass der Wolf nicht das eigentliche Problem ist. Schäfer würden vielmehr so wenig verdienen, dass sie ihre Familien kaum ernähren können. „Das liegt vor allem an den fallenden Wollpreisen, dem mangelnden Interesse an Schafsfleisch und einem offenbar ungünstigen Entlohnungssystem für die Beweidung", schreibt der Autor im Buch. Isegrim biete Bauern und Schafhaltern vielmehr einen Anlass, auf Probleme hinzuweisen.
Schon recht früh interessierte sich der gebürtige Berliner den eigenen Worten nach für den Osten, wie er sagt. „Ich bin zwar eine alte Westberliner Stadtpflanze, habe aber schon zeitig ins Umland geguckt. Nach dem Mauerfall galt das umso mehr", so der 59-Jährige. Die eigene Neugier sowie Reisefieber hätten familiäre Wurzeln. „Ich war schon mit zwei Jahren in Italien und auch früh in Griechenland. Mein Opa war, glaube ich, einer der ersten, der mit seinem Käfer über den Brenner nach Bella Italia fuhr", plaudert Hoppe von frühen Touren.
In den 90er-Jahren habe er für sich die neuen Bundesländer entdeckt. „Ich sah Seeadler, Fischotter, Sumpfschildkröten und dachte: Ist das schön hier. Eigentlich müsste ich gar nicht mehr nach Kanada", lacht der Nabu-Wolfsbotschafter. Kein Wunder, dass er sich seinen Traum vom Haus im Grünen erfüllte: Rund 70 Kilometer nördlich von Berlin – schon in Mecklenburg-Vorpommern – nennt er ein Grundstück mit Streuobstwiese sein eigen. Die Wohnung in Berlin-Mitte müsse wegen der Filmjobs zwar sein, doch in der Natur blühe er so richtig auf, sagt der Mime im Café unweit der Berliner Zionskirche.
„Warum unternimmt niemand etwas?"
„Hier draußen lernt man die Wunder des Lebens zu respektieren und spürt, welch kleine Hanseln wir im großen Gefüge sind", sagt der Mann, der sich auf seinen Reisen auch mit Indianern anfreundete. Von ihnen könnten wir viel lernen, betont Hoppe. „Beispielsweise, dass wir nicht die Krönung der Schöpfung sind und uns dementsprechend verhalten sollten." Hoppe spielt damit auch auf den Raubbau an der Natur an. Das ständige Hinterherjagen nach Geld und Umsätzen richte den Planeten zugrunde, befürchtet Hoppe. Als Beispiel nennt er unser heutiges System der Landwirtschaft: Ihm sei unbegreiflich, warum so wenige Leute gegen „den giftigen Nebel der konventionellen Landwirtschaft", gegen Pestizide und Glyphosat, auf die Barrikaden gehen. „Warum unternimmt niemand etwas, warum wird es nicht verboten? Ist der Profit der Konzerne mehr wert als unser aller Leben und Gesundheit?", fragt der Schauspieler in „Die Hoffnung und der Wolf".
Andreas Hoppe genehmigt sich noch einen Kaffee und wechselt das Thema. Es geht noch mal um sein Haus in Meck-Pomm. Nach stressigen Drehtagen gebe es für ihn nichts Besseres als hier raus in die Natur zu kommen und runterzufahren. „Ich kann gar nicht verstehen, warum ich so selten Besuch aus Berlin bekomme." Mit seiner Geburtsstadt hat der Darsteller offensichtlich nicht mehr viel am Hut. Im Buch beschreibt er Berlin als „Moloch samt ständigem Überlebenskampf" mit Hetze und Gedrängel.