Der Saisonstart war gut, der Schlussspurt vor der Pause auch – zwischendrin lief es so lala. Handball-Drittligist HG Saarlouis überwintert halbwegs zufrieden auf Platz acht.
Das letzte Spiel des Jahres hatte es in sich. Mit einem lang ersehnten Auswärtssieg verabschiedete sich Handball-Drittligist HG Saarlouis in die Winterpause. Nach sechs teilweise deutlichen Pleiten in der Ferne bezwang das Team von Trainer Philipp Kessler die Reserve des Bundesligisten HC Erlangen nach einer beeindruckenden Aufholjagd mit 22:19. Beim Stand von 14:19 zündete die HG 17 Minuten vor Schluss plötzlich den Turbo und vernagelte das eigene Tor. Der unglaubliche 8:0-Sprint brachte kurz vor dem Jahreswechsel den erlösenden Auswärtserfolg. Das erste Spiel des neuen Jahres findet am Samstag, 18. Januar, beim Tabellenzehnten TGS Pforzheim statt. Eine Woche später geht es mit dem Heim-Derby gegen den TV Hochdorf (13.) weiter.
„Wir hatten einen guten Saisonstart mit 6:2 Punkten aus den ersten vier Spielen und mit 8:2 Punkten aus den letzten fünf Spielen ein gutes Finale vor der Pause", fasst HG-Trainer Philipp Kessler zusammen. Für das eher schwache Dazwischen mit fünf Niederlagen und nur 5:11 Punkten aus acht Spielen findet er folgende Erklärung: „Ein, zwei Auswärtsniederlagen waren zu viel – zum Beispiel die in Hochdorf hätte so nicht passieren dürfen. Oft haben wir 30, 40 Minuten guten Handball gespielt, auch in Führung gelegen, aber wurden dann innerhalb von zehn Minuten aus der Bahn geworfen." Dies lag unter anderem am langen, verletzungsbedingten Ausfall des erfahrenen Spielmachers Ivo Kucharik, der nach einem operativen Eingriff am Meniskus erst Anfang Dezember wieder erste Einsatzminuten sammeln konnte. „Er hätte derjenige sein sollen, der die junge Mannschaft in Schwächephasen führt. Es fehlte einfach an der nötigen Routine und Gelassenheit, um solche Phasen, die in einem Spiel immer wieder aufkommen, zu überwinden", sagt der HG-Vorsitzende Richard Jungmann. „Wir haben keinen extrem breit besetzten Kader, aber Verstärkungen brauchen wir nicht. Das geben die Rahmenbedingungen ohnehin nicht her. Die Mannschaft ist grundsätzlich stark genug, um in dieser Liga jeden zu schlagen", findet Kessler, der mit Platz acht und den 19:15 Punkten halbwegs zufrieden ist. Mehr noch mit der Entwicklung der Mannschaft: „Gerade in den letzten Spielen konnten wir auch schwierige Spiele gegen Topgegner gewinnen", sagt er und ergänzt: „Außerdem mussten wir gegen fünf der sechs Topteams auswärts ran. Die kommen alle noch zu uns."
Kucharik fehlte an allen Ecken und Enden
Und in Saarlouis, wo die HG-Fans bekanntermaßen wie ein „achter Mann" hinter ihrem Team stehen, hängen die Punkte hoch. In der eigenen Halle hat die HG noch kein Spiel verloren und von acht Spielen sieben gewonnen. Nur gegen Kornwestheim kam sie nicht über ein 30:30-Unentschieden hinaus. „Zu Hause haben unsere Spiele nach wie vor einen Eventcharakter, den sonst keine Mannschaft in unserer Staffel der 3. Liga aufweisen kann", weiß der HG-Vorsitzende Richard Jungmann und freut sich wie Kessler über den Umstand, dass vier der ersten sechs Spiele des neuen Jahres in der Stadtgartenhalle stattfinden. „Wir haben uns jedenfalls viel vorgenommen", sagt Kessler, der auf die Rückkehr von Lars Walz hofft, der seit Februar 2019 wegen eines Kreuzbandrisses und einer Impressionsfraktur des äußeren Oberschenkelknochens im linken Knie fehlte.
Apropos fehlen – das wird künftig auch der HG-Macher Richard Jungmann. Denn nach 14 Jahren als Spieler, 25 Jahren als Trainer sowie zwölf Jahren als Manager und Vorstandschef wird er sich wie angekündigt im Sommer 2020 aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Die Vorbereitung des Abschieds scheint ihm und dem Verein zu gelingen: „Mit dem Zusammenspiel zwischen Vorstand, Mannschaft und insbesondere Jugendarbeit bin ich sehr zufrieden. Die Atmosphäre im Verein ist sehr gut", findet Jungmann. Dazu tragen auch zwei wegweisende Personalentscheidungen bei: die Vertragsverlängerung mit Trainer Kessler bis 2022 und die Einigung mit einem seiner künftigen Nachfolger. „Ein Verein unserer Größenordnung ist ein mittelständischer Betrieb und wird auch so geführt, merkt der 70-Jährige an und betont: „Die Aufgabengebiete Sportliche Leitung, Marketing und Verantwortlichkeit im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sollen sich nicht mehr hauptsächlich auf eine Person konzentrieren." Umso mehr freut sich Jungmann, dass mit Mathias Ecker ein neuer Sportlicher Leiter gefunden ist. Der 26-jährige Betriebswirt ist bereits seit 2018 in strategische Prozesse im Verein eingebunden und wird künftig Ansprechpartner für Spieler, Trainer und Präsidium sein und die Verantwortung für die Kaderplanung und das Scouting übernehmen. „Für mich ist es eine spannende Herausforderung, den Verein und seine Strukturen mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln weiter voranzutreiben", sagt Ecker. „Er ist sehr engagiert und bringt frischen Wind rein. Er muss in die Aufgabe hineinwachsen, und dafür sollten wir einem so jungen Mann das nötige Vertrauen geben", findet Philipp Kessler und ergänzt: „Ein wichtiger Teil unserer künftigen Arbeit muss es sein, saarländische Talente hier bei der HG Saarlouis zu bündeln."
Jungmann will weiterhin beratend zur Seite stehen
Die Planungen für die kommende Spielzeit übernimmt ein letztes Mal federführend Richard Jungmann – allerdings in Abstimmung mit Kessler und Ecker. Zudem wird der Unterbau neu aufgestellt. Der frühere Aufstiegsheld Dado Grgic kehrt nach seiner Tätigkeit in Zweibrücken im kommenden Sommer als Jugend-Koordinator zur HGS zurück und wird die U19 sowie die U23 trainieren. „Mit der künftigen sportlichen Leitung des Vereins bin ich sehr einverstanden. Der engagierte und qualifizierte A-Lizenz-Trainer Philipp Kessler leistet bei uns sehr gute Arbeit, ist weiterhin der Wunschkandidat des Vereins und soll dessen sportliche Philosophie weiter umsetzen", sagt Jungmann zur Weichenstellung im sportlichen Bereich. Hoffnung auf das baldige Ziel Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga will Jungmann aber nicht machen. „Dafür müssen wir erst die wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllen", weiß er.
Wehmut angesichts der mehr als 50-jährigen Tätigkeit oder gar Angst vor dem Moment des Abschieds kommt bei Jungmann (noch) nicht auf. „Ich kann ziemlich gelassen auf diese Situation blicken. Da ich ja auch weiterhin hier wohne und mit allen handelnden Personen im Vorstand, im Präsidium und auch bei den Sponsoren ein sehr enges Verhältnis habe, werde ich dem Verein sicher beratend zur Seite stehen", sagt er.