In Hochglanzmagazinen oder Beauty-Blogs wird das heikle Thema meist umschifft. Und doch enthalten gängige Nagellacke diverse Inhaltsstoffe, die gesundheitlich zumindest bedenklich sind.
Bei „Öko-Test" waren im letzten Jahr die meisten der geprüften Nagellacke glatt durchgefallen, denn sie beinhalteten verschiedene gesundheitlich bedenkliche Inhaltsstoffe. Ein Jahr zuvor hatte auch schon das Magazin „Stiftung Warentest" Alarm geschlagen, weil man potenziell krebserregende Nitrosamine in mehr als der Hälfte der untersuchten Fingerfarben gefunden hatte. Nagellacke sind nun einmal dank synthetisch hergestellter Inhaltsstoffe wie Lösungsmittel, Weichmacher oder Formaldehyde pure Chemie. Schließlich starteten sie in den 30er-Jahren ihren Aufstieg zu einem der stärksten Umsatzbringer der Luxus-Kosmetik-Marken als Abfall-Produkt der Autolacke. Seitdem wurden die Ingredienzen zwar kontinuierlich verbessert und immer wieder ausgetauscht, aber Natürliches oder gar Bio-Anforderungen sind auch heute nicht erfüllbar.
Was letztendlich an in Kosmetika verarbeitenden Chemikalien für den menschlichen Körper schädlich ist, darüber gehen die Meinungen nach wie vor auseinander.
Während in Europa beispielsweise rund 1.300 Chemikalien auf der Beauty-Verbotsliste stehen, sind es in den USA beispielsweise gerade mal ein Dutzend. Und doch hatte gerade eine 2015 veröffentlichte US-Nagellack-Studie hierzulande für große Aufregung gesorgt. Ein Forschungsteam der Duke University von Durham im Bundesstaat North Carolina hatte in rund der Hälfte der insgesamt 3.000 geprüften Nagellacke den Weichmacher Triphenylphosphat (TPHP oder TPP) entdeckt und an den Pranger gestellt. Es konnte der Nachweis erbracht werden, dass potenziell schädliche Stoffe durch die Nagelhornplatte in den Organismus gelangen können. TPHP ist in Sachen Gesundheitsgefahr ein Schwergewicht, denn die Substanz steht im Verdacht, krebserregend zu sein, die weibliche Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen, DNA-Veränderungen zu bewirken oder die Entstehung von Diabetes fördern zu können.
Da das Öko- beziehungsweise Bio-Bewusstsein in Deutschland immer stärker wird, wurde das Thema „Gift in Nagellacken" hierzulande vermehrt in seriösen Printmedien wie „FAZ" oder der „Welt" aufgegriffen. Auch in Naturkosmetik-Blogs tauchte das Thema gelegentlich auf. Grund genug sogar für einige größere Beauty-Spezialisten wie Alessandro oder Essie, sich Gedanken über alternative, unbedenklichere Inhaltsstoffe ihrer Nagellacke zu machen. Dabei sind vegane Lacke vom gesundheitlichen Standpunkt aus betrachtet keineswegs besser einzustufen als herkömmliche Produkte.
Inhaltsstoffe verbessert, aber nicht frei von allem
Die Gleichung „Vegan ist schadstoffarm" ist in Sachen Nagellack als falsch zu bewerten. Allerdings bemühen sich die meisten Hersteller von veganen Lacken darum, möglichst wenig schädliche Inhaltsstoffe zu verarbeiten. Sie, wie auch einige andere Produzenten, haben sich etwas Neues ausgedacht, nämlich sogenannte Free-Nagellacke. Bei diesen Farben wird bewusst auf bestimmte Substanzen verzichtet. Die Free-Staffelung beginnt bei drei Substanzen, was sich dann auf dem Etikett als „3-free" niederschlägt, selbst „14-free" kommt vor.
Was sind nun die allgemein als besonders bedenklich eingestuften Inhaltstoffe von Nagellacken? Das bereits erwähnte Triphenylphosphat kann laut des Bundesinstitutes für Risikobewertungen den Hormonhaushalt verändern. Vor Benzophenon, einem zum Schutz des Flascheninhalts vor Sonnenlicht eingesetzten UV-Filter, warnen nicht nur die EU-Kommission oder der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Bei Tierversuchen konnten negative Auswirkungen der Substanz auf den Hormonhaushalt nachgewiesen werden. Toluol, das den Lack schön flüssig macht, ist zwar inzwischen in der EU verboten, aber in vielen Produkten aus Amerika oder Asien weiterhin enthalten. Es gilt als fruchtbarkeitsschädigend und steht im Verdacht, Nerven-, Nieren und möglicherweise auch Leberschäden auslösen zu können. Nitrosamine, die als potenziell krebserregend eingestuft werden, werden zwar von den Herstellern nicht bewusst beigefügt, bilden sich aber häufig durch Reaktionen verschiedener Inhaltskomponenten miteinander. Vor allem das häufig verwendete Bindemittel Nitrocellulose wird als hauptverantwortlich angesehen.
Formaldehyd wurde von der amerikanischen Gesundheitsbehörde EPA als „wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. Hauptsächlich wird es als Konservierungsmittel eingesetzt und sorgt dafür, dass die Farbe auf den Nägeln nicht splittert und die Nägel gehärtet werden. Das gilt allerdings nur bei hoher Konzentration, weshalb die EU-Kosmetikverordnung niedrige Grenzwerte festgelegt hat. Die Substanz wird aber auch als Auslöser von Hautallergien oder -reizungen angesehen, etwa wenn der Lack versehentlich an andere Körperstellen als die Nägel gelangt. Auch Phthalate, die als Weichmacher ein Absplittern des Lacks verhindern sollen, gelten als nicht ganz unbedenklich. Sie sind in der EU als Kosmetik-Inhaltstoffe verboten. Sie dürfen aber im Herstellungsprozess eingesetzt werden, sofern sie danach aus dem Endprodukt wieder entfernt werden. Dass dennoch Restanteile im Nagellack enthalten sind, ist nicht ganz auszuschließen. Campher sorgt als Weichmacher dafür, dass der Lack elastisch ist und kann in hohen Dosen zu Übelkeit oder Angstzuständen führen. Das Problem dürfte allerdings sein, dass wohl kein Hersteller freiwillig herausposaunen wird, dass in seinen Produkten die eine oder andere der genannten bedenklichen Substanzen enthalten ist.
Es gibt einige Alternativen mit weniger Schadstoffen
Eigentlich müssten sich viele Frauen die Frage stellen, ob sie angesichts der genannten Inhaltsprodukte nicht ganz auf Nagellack verzichten sollten. Auch wenn es bislang keine einzige klinische Studie gibt, die einen direkten Zusammenhang zwischen häufigem Nägellackieren und bestimmten Krankheitsbildern belegen kann. Immerhin lassen 22 Prozent der deutschen Ladys die Finger vom Lack, doch die überwiegende Mehrheit will dem Hingucker treu bleiben, 24 Prozent oder 12,6 Millionen deutsche Frauen lackieren sich regelmäßig, sprich mindestens einmal die Woche, die Nägel, 47 Prozent immerhin gelegentlich. Sie folgen damit der Stil-Vorgabe Essie Weingarten, der Gründerin des Labels Essie: „Eine Frau mit unlackierten Nägeln ist nicht vollständig angezogen."
Wer sich auf die Suche nach einigen empfehlenswerten Alternativen zu den bekannten Luxus- oder Parfümketten-Marken begeben möchte, kann sicherlich von folgenden Tipps profitieren: In diversen Tests oder Publikationen werden derzeit die Produkte von Logona Natural Nail Polish am höchsten gehandelt, einem Naturkosmetik-Pionier, der mit „5-free" wirbt und dessen Produkte auf Alkohol und Schellack basieren. Sie sind also nicht vegan, da Schellack aus Lackschildläusen gewonnen wird. Einen fast ebenso guten Ruf genießen die Produkte der Naturkosmetik-Marke Benecos mit mehr als 20 Farben und einem „8-free"-Versprechen. Daneben verleiht das Webportal utopia.de auch noch gute Noten für die Nagellacke von Sante, Provida, Kure Bazaar, Zao Essence of Nature, Acquarella, Ozn, Kester Black oder Korres. Das Testresümee lautet: „Wer etwas weniger schädlichen Nagellack verwenden, dafür aber nicht viel Geld ausgeben will, ist mit den ‚Happy Nails‘-Produkten von Benecos gut beraten. Logona bietet den einzigen wirklich natürlichen Nagellack mit Naturkosmetik-Siegel."