Kaffee ist aus unserem Alltag nicht wegzudenken, wobei die Qualität häufig nicht die beste ist. Ändern möchte dies Ramon Bachmann mit seiner Manufaktur „Comame" in St. Ingbert. Er zeigt, welch große Bandbreite an Geschmack geboten werden kann.
Für viele Menschen geht der Tag erst richtig los, wenn sie die erste Tasse Kaffee getrunken haben. Bei Kollegen im Büro sieht man oft, dass eigentlich immer eine Tasse auf ihrem Schreibtisch steht. Bei Firmenbesuchen habe ich schon erlebt, dass der Arbeitgeber auf jeder Etage eine Kaffeemaschine installiert hatte. Die Begründung war, die Mitarbeiter sollen sich hier auf eine Tasse treffen und dann Probleme lösen. Oder Problemlösungen diskutieren.
Seit knapp zwei Jahren macht im Saarland eine kleine Kaffeemanufaktur aus St. Ingbert auf sich aufmerksam und gewinnt aufgrund der besonderen Qualität, die sie anbietet, immer mehr Kunden. Der Mann hinter der Manufaktur „Comame" heißt Ramon Bachmann und ist gerade einmal 29 Jahre jung. In einer ehemaligen Industriehalle hat der Kaffeeliebhaber ein kleines Paradies geschaffen – mit einem beeindruckenden Loft-Ambiente.
Vorne steht sein Auto, mit dem er die Märkte in St. Johann und St. Ingbert mit Kaffeespezialitäten beliefert und so bereichert. In der Mitte steht eine große Tischgruppe für Kaffeeproben und um sich Wissenswertes anzuhören. Ganz am Ende ist die Röstmaschine platziert.
Jeden Sonntag gibt es hier ab 14 Uhr Kaffee und Kuchen. Und wie bei seinen Kaffeemischungen legt Bachmann auch bei seinen Kuchen höchsten Wert auf Qualität. Er bezieht sie von Simone Hoffmann und Juan Alberto Correa, die in Saarwellingen eine kleine Schokoladenmanufaktur betreiben: Choconuva. Juan Alberto Correa ist gelernter Chocolatier und Patissier und war früher in der gehobenen Gastronomie tätig. Simone Hoffmann arbeitete einst in der Produktentwicklung einer großen Schokoladenfirma. Zusammen schaffen die beiden großartige Genüsse.
Aber zurück zu Ramon Bachmann. Der junge Mann pflegt schon lange eine besondere Liebe zum Kaffee. Er merkte früh, dass das Thema weitaus vielfältiger und tiefer ist, als es das Getränk, das man von zu Hause kennt, vermuten lässt. Von einigen Kaffeehäusern in Saarbrücken war er eher enttäuscht. Als er die ein oder andere Großstadt besuchte, etwa Berlin, merkte er schnell, was alles möglich ist – und vertiefte sich in das Thema. Er lernte dabei, wie elementar wichtig der richtige Anbau für das Endprodukt ist. Ähnlich wie beim Wein spielen Bodenbeschaffenheit, Sonneneinstrahlung und weitere Faktoren eine entscheidende Rolle.
„Sorten ihre Eigenheiten lassen"
Zunächst studierte Bachmann Betriebswirtschaft, um die Grundlagen für seine spätere berufliche Selbstständigkeit zu schaffen. Während seines Studiums jobbte er – wie so viele Studenten – in der Gastronomie.
Auch in verschiedenen Kaffeehäusern, etwa in Saarbrücken in der „Bakery". Dort sah er, was mit einem hohen Qualitätsanspruch alles möglich ist. Er erinnert sich gern an diese Zeit zurück: „Ich hatte die Möglichkeit, die Gastronomie von innen heraus kennenzulernen. Zu verstehen, wo die Grundprobleme liegen."
Wenn er später irgendwo in einer Bar einen Kaffee bestellte, fragte er sich oftmals, warum eigentlich viele Gastronomen keinen großen Wert auf einen vernünftigen Kaffee legen. Er wusste ja, dass es auf das Grundprodukt und die Zubereitung ankommt. Langsam reifte eine Idee. Er stellte fest, dass es durchaus einen großen Hang zur Regionalität gibt. Viele Gastronomen sind bereit, ihr Geld in der Region zu lassen und ihre Produkte von regionalen Erzeugern zu beziehen.
Als er mit der Planung von „Comame" begann, machte er sich kundig und stellte fest, dass es fünf, sechs Röstereien im Saarland gibt. Er beschloss, in diesen Markt einzusteigen, und gründete im November 2018 seine kleine Manufaktur. Seitdem entwickelt sich alles langsam, aber stetig.
Doch Kaffeeröster ist kein klassischer Ausbildungsberuf. Er musste also selbst aktiv werden, um sich fortzubilden und sich alle Fähigkeiten weiterzueignen. Bachmann besorgte sich Literatur aus aller Welt meist auf Englisch. Er besuchte Seminare und reiste umher, denn mit seiner Idee war er nicht allein. Derzeit entstehen bundesweit viele kleine neue Röstereien, da ist eine regelrechte Entwicklung im Gange.
Dennoch ist dieser Weg kein leichter. Er muss die Leute dort abholen, wo sie sind und ihnen zeigen, welche Geschmackserlebnisse mit gutem Kaffee möglich sind. Weg vom Allerweltskaffee hin zu besonderen Bohnen. Überzeugungsarbeit leisten. „Es gibt kaum ein Segment, wo man mit schlechter Qualität so viel Geld verdienen kann", hat er festgestellt. Deshalb musste er in Sachen Kaffee erst ein Bewusstsein für Qualität schaffen. Viele sehen diesen Bedarf nicht, denn es funktioniert ja wirtschaftlich gut mit der Industrieware.
Mit seiner Intention, auch beim Kaffee auf Qualität zu setzen, trifft er vor allem bei der jungen Gastronomen-Generation auf offene Ohren. Diese haben nicht nur den Qualitätsanspruch eines guten Kaffees für ihr Haus, sie legen auch Wert auf regionale Partner, wollen mit andern Jungunternehmern die Region stärken. Regionale Wertschöpfung statt „Geiz ist geil"-Mentalität. Und wenn es anfangs am Know-how hinter der Kaffeemaschine fehlt, gibt Bachmann auch gern Anleitungen, worauf zu achten ist.
Fruchtig und mit feiner Säure
Der 29-Jährige vertritt ein komplementäres Konzept. Ihm geht es nicht nur um hochwertigen Kaffee, sondern auch darum, zurückverfolgen zu können, woher der Kaffee kommt und wie die optimale Zubereitung funktioniert. Mittlerweile hat er über ein Jahr den Markt beobachtet und stellt zufrieden fest, dass die Hälfte seiner Kaffeeproduktion an Privatkunden geht. Darunter sind viele Büros, die sich bewusst für hohe Qualität entscheiden.
„Comame" bezieht seine Sorten von einem Großhändler aus Hamburg. Dabei geht es Bachmann um Sensorik und die Vielschichtigkeit des Produktes Kaffee. Die Lieferkette muss nachvollziehbar sein, bei einem bestimmten Grundpreis. Die Sorten stammen von verschiedenen Kontinenten, um im Geschmack auch große Unterschiede präsentieren zu können.
„Ich versuche, jeder Sorte beim Rösten ihre Eigenheiten zu lassen. Und ich röste nicht so dunkel, wie das früher oftmals war. Das überdeckt die Eigenheiten. Ich will auch die Fruchtigkeit und die Säure herausarbeiten." Sein Schwerpunkt liegt auf Südamerika, er hat acht bis zehn Sorten im Verkauf. Dazu kommen noch vier Espresso-Mischungen.
Bachmann zeigt mir verschiedene Bohnen, die meisten hell. Doch eine Mischung sieht so aus, als ob da jede Menge schwarze Pfefferkörner und andere Dinge dazu gemischt seien. Er sagt: „Schau Dir das mal an. Du kriegst nur, was Du bezahlst. Wer im Discounter für acht Euro ein Kilo Kaffee kauft, muss sich klar machen, dass noch die Umsatzsteuer sowie 2,19 Euro Kaffeesteuer pro Kilo abgehen. Dann weiß man schnell, was noch übrig bleibt. Nehmen wir dieses Beispiel. Da ist sehr viel Bruchware drin, auch schwarze verdorbene Bohnen. Nach dem Mahlen sieht man das ja nicht mehr. So kommt der günstige Preis zustande. Ganz abgesehen davon, dass hier bei der Kaffeeproduktion auch Ausbeutung der Kaffeepflücker eine Rolle spielt."
Dann brühte er mir einige Tassen Kaffee auf. Natürlich konnte ich nicht alle Sorten probieren, aber was ich genießen durfte, war exzellent. Als Espresso-Röstung hat er einen Dr. House Blend vorrätig. Dieser besteht aus 80 Prozent Arabica und 20 Prozent Robusta. Das gleiche Verhältnis haben G-Force Blend und Guapa Blend. 100 Prozent Arabica hat Dopamin Blend. Seine Filterröstungen heißen Huehue, Sigri, Apaneca, Kunga, Lomi, Mellow und Saarvoir Blend.
Ich probierte zwei hervorragende Espressi und Saarvoir Blend als Filtermischung. Der Saarvoir Blend war genau mein Geschmack: fruchtig, mit feiner Säure, austariert, überraschend.
Für alle, die sich auf diese Kaffeewelt des hohen Genusses einlassen möchten: Kostet der Industriekaffee um die zehn Euro, kosten diese Kaffeesorten mehr als das Doppelte. Schmecken tun sie aber zehnmal besser. Qualität hat ihren Preis, aber der lohnt sich eben auch.