Lukas Kwasniok soll den 1. FC Saarbrücken endlich in die Dritte Liga führen. Der 38-Jährige gibt sich zuversichtlich und lobt seinen Vorgänger.
Wer den neuen Trainer des Fußball-Regionalligisten 1. FC Saarbrücken treffen will, hat im Victor‘s Residenz-Hotel auf dem Rodenhof gute Chancen. Dort wohnt Kwasniok zumindest die nächsten fünf Monate. Dass im modernen Fußball ein solcher Kurzzeitvertrag geschlossen wird, ist durchaus ungewöhnlich. Der Kontrakt des Fußballlehrers verlängert sich nur bei einem Aufstieg. Daher bleiben die Ehefrau und die beiden schulpflichtigen Kinder in der Heimat Karlsruhe wohnen. „Alles andere wäre auch unverantwortlich, die Kinder haben ihr normales Umfeld, und der moderne Fußball ist derart schnelllebig, dass es keinen Sinn macht, sie dort rauszureißen", sagt Kwasniok.
Dass sich der Vertrag bei einem Aufstieg automatisch verlängert, betont er nicht. „Es ist wichtig, dass wir zwischen Zuversicht und Arroganz unterscheiden. Natürlich werden wir alles in die Waagschale werfen, um unser großes Ziel zu erreichen. Aber es wäre doch vermessen, wenn ich öffentlich erklären würde, dass ich den Aufstieg garantiere." Der gebürtige Schlesier ist ein kommunikativer Typ. Dass er den Fußballlehrer vor einigen Jahren mit Bestnote gemacht hat und als eines der größten Trainer-Talente in Deutschland galt, ist Vergangenheit. Zwischen Ausbildung als Jugendtrainer in Karlsruhe und Saarbrücken lag eine turbulente Station in Jena. Als Retter angeheuert und später gefeiert, am Ende als Loser vom Hof gejagt. So könnte man die knapp einjährige Amtszeit in Thüringen bilanzieren. „Ich bin als Nachfolger von Mark Zimmermann nach Jena gekommen. Und er ist dort ein richtiger Volksheld. Ich glaube, es gibt für einen jungen Trainer einfachere Aufgaben. Ich habe dort gemerkt, wie schnell sich die Dinge ändern können. Im Sommer nach dem durchaus überraschenden Klassenerhalt war ich der gefeierte Held. Nachdem der Saison-Start in den Sand gesetzt wurde, war ich für alles Negative verantwortlich. Aber so ist der Fußball, ich habe mich ja bewusst darauf eingelassen", sagt er. Selbstkritik und ehrliche Worte sind ihm dabei nicht fremd. „Wir haben in Jena im Sommer einige gravierende Fehler gemacht. Mir bricht kein Zacken aus der Krone, wenn ich das einräume. Ich war für den Erfolg der Ersten Mannschaft verantwortlich, und wir haben bei zu vielen Spielern danebengelegen. Es gehört zu einer vernünftigen Aufarbeitung dazu, dass man sich dies dann auch eingesteht", sagt er. Dass das turbulente Ende in Jena dazu beigetragen hat, dass nicht alle FC-Fans in Euphorie verfallen sind, als seine Verpflichtung bekannt gegeben wurde, lässt ihn dabei kalt: „Saarbrücken ist ein Traditionsverein mit einem großen Umfeld. Und es ist doch ganz normal, dass Menschen reserviert reagieren, wenn sie etwas nicht kennen. Dass in den sozialen Medien meine Verpflichtung kritisch gesehen wurde, ist daher kein Problem für mich. Die Leute sorgen sich um ihren Verein, und das ist doch etwas sehr Positives. Meine Aufgabe ist es nun, die Fans von mir zu überzeugen."
Zuversichtlich, aber nicht arrogant
Der 38-Jährige betritt dabei kein Neuland. Zwar hat er bisher noch mit keinem FCS-Akteur zusammengearbeitet, aber die Mannschaft war ihm von Beginn an nicht fremd. „Der Sprung von der Regionalliga in die Dritte Liga ist ja nicht so groß. Daher schaut man auch immer, welche Spieler infrage kommen könnten, und sieht sich viele Spiele an. Auch nach meiner Entlassung in Jena war ich viel unterwegs und habe einige Spiele der Regionalliga Südwest gesehen, unter anderem beim Saar-Derby gegen den FC Homburg."
Dass er einen Tabellenführer übernommen hat, bezeichnet er als durchaus ungewöhnlich. Daraus zieht er allerdings auch die Schlüsse, dass man personell nicht allzu viel verändern muss. „Natürlich behält man den Markt immer im Auge. Es ist auch so, dass wir bis auf Mario Müller keinen gelernten Linksverteidiger im Kader haben. Das ist dann eine Position, über die man intern diskutieren kann, ob man etwas macht, falls sich eine sinnvolle Option ergibt. Aber wir haben jetzt nicht den ganz großen Druck, etwas zu verändern." So wird auch der im Sommer neu gewählte Mannschaftsrat mit Kapitän Manuel Zeitz an der Spitze bestehen bleiben. „Wenn man von Saisonbeginn an vorneweg marschiert, dann hat man personell sicherlich nicht allzu viel falsch gemacht. Für mich geht es nun darum, die Vorbereitung zu nutzen, um mir einen kompletten Überblick über den Kader zu verschaffen und die bestmögliche Elf herauszufinden. Aber es ist doch völlig klar, dass die Spieler, die viel gespielt haben und damit auch für die Tabellenführung verantwortlich sind, gute Chancen haben, auch in den verbleibenden 14 Spielen zum Einsatz zu kommen."
Dass der Kader im vergangenen Sommer für ein System mit Dreierkette von Trainer Dirk Lottner zusammengestellt wurde, besorgt dessen Nachfolger dabei nicht. „Es ist ja nicht so, dass wir sehr viele Spieler haben, die nur eine Position spielen können. Selbst unsere beiden Außenverteidiger haben auch schon auf anderen Positionen gespielt. Wir haben sehr viele Allrounder im Kader und können variieren."
„Personell sicherlich nicht allzu viel falsch gemacht"
Der neue Trainer ist ein anderer Typ als sein Vorgänger. Am Ende wird es wohl darum gehen, dass Kwasniok gerade im Hinblick auf Motivation andere Schwerpunkte setzt als Lottner. „Ich finde, es ist nichts Negatives, wenn man sagt, dass man ein emotionaler Typ ist. Wichtig ist es aber, dass man diese Emotionen kanalisieren kann und nicht über das Ziel hinausschießt. Ich spreche viel mit meinen Spielern, versuche ihnen aber auch zu vermitteln, dass die Zeit als aktiver Profi die schönste in ihrem Leben ist. Sie können alle ihr Hobby zum Beruf machen und dürfen daher auch den Kopf nicht hängen lassen, wenn sie mal nicht in der Startelf stehen. Das gehört einfach dazu, dann muss man sich im nächsten Training immer wieder anbieten. Aber natürlich hat jeder Spieler auch das Recht zu erfahren, woran er ist." Die Ausgangslage in der Regionalliga Südwest ist dabei für den 38-Jährigen klar. „Es wird ein Dreikampf zwischen Elversberg, Steinbach und uns. Bei allem Respekt für die anderen Mannschaften, kann ich mir nicht vorstellen, dass dort noch jemand heranrückt. Ich bleibe dabei, dass wir über den besten Kader dieser Liga verfügen. Wir haben 14 oder 15 Akteure, die schon in der Dritten Liga oder sogar noch höher gespielt haben. Das sind optimale Voraussetzungen, und dann braucht man natürlich über das Ziel nicht lange drumherum zu reden."
Zum Erfolg mit beitragen soll auch ein neuer Co-Trainer. Hier hat Sportchef Mann mit Bernd Heemsoth einen alten Bekannten aus Wiesbaden installiert, der auch für eine kurze Zeit bei der SV Elversberg aktiv war. „Er ist ja ein gutes Stück älter als wir und bringt entsprechende Lebenserfahrung mit. Daher ist es, glaube ich, auch ganz gut, dass wir einen ruhenden Pol an unserer Seite haben", sagt der Cheftrainer, der Wert darauf legt, dass es auf und neben dem Platz nicht zu emotional wird. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich in den vergangenen Jahren einmal von der Bank geflogen bin. Man kann Emotionen auch positiv vorleben und muss dabei niemanden beleidigen. Die Balance ist wichtig"