Nach einer schweren Verletzung und langen Pause hat sich Marko Kopljar bei den Füchsen Berlin zurückgekämpft. Der Lohn: ein neuer Vertrag – und viel Lob.
Bei den Füchsen Berlin und Marko Kopljar war es quasi Liebe auf den ersten Blick. „Es war der klassische Ablauf", verriet der Rückraumspieler über die ersten Verhandlungen vor zweieinhalb Jahren. „Die Füchse wollten mich, und ich wollte zu den Füchsen." Die Beziehung hielt dann aber nicht ganz das, was sich beide Seiten von ihr versprochen hatten. Das lag allerdings vor allem am Verletzungspech des Kroaten. Statt sich zu trennen, wagen die Füchse und Kopljar einen neuen Anlauf: Ende des Jahres gaben die Berliner bekannt, dass der Linkshänder seinen auslaufenden Vertrag um zwei weitere Jahre bis 2022 verlängert hat. „Ich bin glücklich, dass ich zwei weitere Jahre hier in Berlin spielen kann", sagte der 2,10 Meter große Handballer. „Die Stadt und die Mannschaft machen einfach Spaß. Ich denke, wir können an dem Projekt weiterarbeiten und in Zukunft viel erreichen."
Angesichts des fortgeschrittenen Alters (33) und der Verletzungs-Vorgeschichte haben sich die Clubbosse natürlich auch Gedanken über eine Trennung gemacht. Doch der künftige Cheftrainer der Füchse hat sich vehement für Kopljars Verbleib eingesetzt. „Marko wird auf ausdrücklichen Wunsch von Jaron Siewert ein wichtiger Baustein für die Zukunft bei uns werden", gab Geschäftsführer Bob Hanning zu. „Er soll wichtige Aufgaben im Gegenstoßspiel übernehmen." Dass Kopljar dazu in der Lage ist, beweist er immer öfter seit seiner Rückkehr nach einer langen Verletzungspause. Der Abwehrriese ist in der Defensive ein Stabilisator, kompromisslos im Zweikampf und gedanklich schnell beim Umschaltspiel. Vor allem beim umjubelten Sieg gegen Rekordmeister THW Kiel (29:28) trumpfte er auf. „Ich finde, dass ich noch besser spielen kann", sagte Kopljar. „Aber ich bin gesund und komme immer mehr an 100 Prozent ran." Auch als Nebenmänner wie Abwehrchef Jakov Gojun (Rippenprellung) oder die Torhüter Dejan Milosavljev und Silvio Heinevetter (beide Knieverletzung) ausfielen, war auf Kopljar Verlass. „Wir können eine gute Deckung spielen, das haben wir schon gezeigt in dieser Saison", sagte er.
Seine Leistungen im Füchse-Trikot lassen immer mehr erahnen, warum Kopljar zuvor für die europäischen Topclubs Paris Saint-Germain, FC Barcelona und KC Veszprém aufgelaufen war. Entsprechend stolz waren die Berliner, als ihnen im Sommer 2017 quasi ein Tauschgeschäft gelungen war: Kent Tönnesen wechselte nach Veszprém, die Berliner bedienten sich ihrerseits beim ungarischen Spitzenteam und verpflichteten den damals unzufriedenen Kolpjar. Er sehe den Wechsel „nicht als Rückschritt", sagte der 147-malige Nationalspieler Kroatiens damals. „Ich bin vielleicht so motiviert wie nie zuvor."
„Ich komme immer mehr an 100 Prozent ran"
Ende März 2018 jedoch der Schock: Im EHF-Pokalspiel gegen St. Raphaël riss sich Kopljar die rechte Achillessehne. Eine Horrorverletzung, doch damals ahnte noch keiner, wie lange der Ausfall tatsächlich dauern würde: 18 Monate! Statt auf dem Parkett Bälle zu werfen, musste der Profi monatelang in der Reha schuften. „Ich musste immer wieder die Kraft finden weiterzumachen. Aber ich liebe Handball, ich liebe es, auf dem Feld zu stehen", sagte Kopljar. Er sei daher „dankbar, „dass ich noch Handball spielen kann".
Im Club sind sie heilfroh über die Rückkehr des Abwehrriesen. „Andere Spieler mit seiner schweren Verletzung hätten die Karriere längst schon beendet", sagte Trainer Velimir Petkovic. „Ich bin sehr stolz auf ihn." Kopljar gab aber zu, dass auch ihm in dunklen Stunden Rücktrittsgedanken durch den Kopf gegangen seien: „Es gibt auch die Tage, wo du dir den Kopf zerbrichst, ob alles wieder gut wird."
Aus dem Motivations-Loch zog ihn auch sein Sohn Ante. Der Vierjährige hatte seinen Vater noch nie live spielen gesehen und zweifelte zu Hause an, ob sein Vater wirklich ein Handballer sei. „Da war mir klar, ich muss auf jeden Fall noch ein Spiel machen", sagte Kopljar senior. „Er muss mich auf der Platte sehen. Er war meine größte Motivation." Am 29. September 2019 war es endlich so weit, im Spiel gegen Ludwigshafen (29:19) feierte Kopljar nach 18 Monaten Pause sein Comeback. Sein Sohn sah zu – zufrieden war er aber immer noch nicht. „Er hat das Spiel gesehen und gesagt: ‚Papa, zwei Tore, das ist nicht so viel‘", berichtete Kopljar schmunzelnd.
Es sind aber auch nicht die Qualitäten im Angriff, weshalb Jaron Siewert, der in der kommenden Saison das Traineramt bei den Füchsen übernimmt, auf eine Vertragsverlängerung mit Kopljar drängte. Der 25-Jährige schätzt die Aggressivität in der Verteidigung und die Erfahrung des Kroaten enorm. Und es zeigt auch: Siewert arbeitet im Hintergrund bereits kräftig mit. Der ehemalige Jugendspieler der Füchse trainiert derzeit den Zweitligisten Tusem Essen, von Füchse-Geschäftsführer Hanning wurde Siewert frühzeitig als Nachfolger des bereits 63-jährigen Petkovic auserkoren. Auch Stefan Kretzschmar, Vorstand Sport bei den Füchsen, ist „vom Handballsachverstand" des gebürtigen Berliners begeistert. Und bei Kopljar legte sich Siewert schnell fest: Der Kroate muss bleiben! Vor allem wegen seiner Größe von 2,10 Meter ist er für die gegnerischen Angriffsspieler eine oft unüberwindbare Mauer. Auf Witze über seine Körperlänge reagiert Kopljar mittlerweile mit einem Lächeln: „Ich werde mein ganzes Leben lang drauf angesprochen. Das macht mir mittlerweile nichts mehr aus." Auch Noch-Coach Petkovic schätzt die körperliche Präsenz, aber auch die Spielintelligenz von Kopljar. „Er braucht nicht viel Zeit, um sich zu integrieren und sich an ein System anzupassen." Daher sei der Olympia-Dritte von 2012 ein „überragender Spieler, der in Abwehr und Angriff spielen kann."
„Diese verrückte Liga gibt uns Chancen"
Das mit dem Torewerfen hat in dieser Saison aber noch nicht so gut funktioniert, in seinen ersten 14 Saisonspielen standen gerade einmal 13 Treffer zu Buche. Um noch mehr Spielzeit im Angriff auf der halbrechten Position zu bekommen und den verletzungsbedingten Ausfall von Fabian Wiede abzufangen, muss der Linkshänder weiter an seiner Fitness arbeiten. „Wenn du erst im Mittelblock spielst und dann im Angriff, das ist hart", sagte Kopljar. Er brauche noch mehr Spiele, noch mehr Training und noch mehr Kraft.
Mit einem fitten Kopljar wollen die Füchse nach der EM-Pause weiter oben angreifen. Derzeit sind die Berliner Tabellenfünfter, der Rückstand auf die Champions-League-Ränge ist aufholbar. „Diese verrückte Liga gibt uns Chancen", sagte Petkovic. „Träumen ist erlaubt."
Doch für die Qualifikation zur Königsklasse muss das Team mehr Konstanz in seine Leistungen bringen. Schon das Heimspiel gegen Balingen am 1. Februar wird zeigen, ob die Füchse aus vermeidbaren Rückschlägen der ersten Saisonhälfte gelernt haben. „Wir müssen gegen die schwächeren Teams besser spielen und gegen die starken Mannschaften so weitermachen", forderte Hanning.