Die Zeiten mit nur einem Kandidaten für Spitzenposten in der Union sind vorbei. Das gilt auch für den Nachwuchs. Mit Frederic Becker und Johannes Schäfer gibt es zwei Kandidaten für die Spitze der Jungen Union Saar.
Kampfkandidaturen an der Spitze der Jungen Union im Saarland sind eine Rarität. Das letzte dieser seltenen Ereignisse liegt ganze 35 Jahre zurück. Damals traten Peter Müller und Peter Altmaier gegeneinander an, der eine heute Verfassungsrichter, der andere Bundeswirtschaftsminister. Da scheint es fast wie ein Déjà-vu, wenn heute die beiden Kandidaten für den JU Saarlandtag (25. Januar in Saarbrücken) ebenfalls aus den Kreisverbänden Saarlouis und Neunkirchen kommen. „Das ist eher Kandidatur als Kampf", sagt Frederic Becker. Sein Mitbewerber Johannes Schäfer bestätigt: „Es ist ein Wettstreit der Ideen."
Beide teilen sie die Leidenschaft, etwas für die junge Generation bewegen zu wollen. „Ich habe in den letzten Jahren gemerkt, dass aus diesem Hobby, Politik für meine Generation zu machen, eine Leidenschaft wurde", erklärt Frederic Becker. Mit über 5.000 Mitgliedern zählt die Junge Union mehr als Grüne oder Linke im Saarland. Für den Vorsitzenden bedeutet das nicht nur eine große Verantwortung, sondern auch viele Handlungsmöglichkeiten. „Ich weiß, wie viel man in der Jungen Union bewegen kann", so Johannes Schäfer.
Beide führten sie bisher ihre Kreisverbände an – Frederic Becker in Saarlouis, Johannes Schäfer in Neunkirchen.
In der Jungen Union sind beide schon seit geraumer Zeit Mitglied. „Mehr als die Hälfte meines Lebens", verdeutlicht Becker. Grund dafür sei nicht zuletzt „der richtige Mix", den die Junge Union in den „wichtigen Themen" schaffe: „Ziele verfolgen, aber diese auch in Einklang mit der Realität bringen." Dazu käme der Einsatz vor Ort, wie Johannes Schäfer ergänzt: „Was uns als Junge Union auch ausmacht, ist, dass wir uns nicht nur fragen, welche bundespolitischen Ansätze es gibt, sondern auch schauen, was wir für einen Beitrag leisten können. Das wirkt auf junge Menschen." Mit der jüngsten Aktion „10.000 Bäume für das Saarland" lieferten beispielsweise viele Mitglieder vor Ort einen Beitrag zur Aufforstung der Wälder. „Wenn ich etwas ändern will, dann kann ich auch selbst etwas tun", so Schäfer. Dazu käme der Zusammenhalt innerhalb der Organisation: „Es kommt bei uns so wie in kaum einer anderen Jugendorganisation auch auf den Zusammenhalt an. Darauf, dass wir gemeinsam in eine Richtung gehen", lobt der Neunkircher. Das sei auch nach der Wahl am 25. Januar weiter der Fall, versichern beide. Doch neben allen Inhalten käme in der Jungen Union auch der Spaß nicht zu kurz. „Unser Motto ist nicht ohne Grund ‚Party and Politics‘", beteuert Frederic Becker.
„Das ist eher Kandidatur als Kampf"
Die Beteiligung junger Menschen am politischen Geschehen sei wichtig, aber die vieldiskutierte Absenkung des Wahlalters auf 16 stößt bei beiden Bewerbern auf Ablehnung. „Das bekäme auch eine gewisse Beliebigkeit", begründet Schäfer. „Warum 16 und nicht 15 oder 14? Man sagt einfach 16 – das hört sich im ersten Moment gut an. Aber mit welcher Begründung?" Das habe nichts damit zu tun, dass man jungen Menschen nicht zutraue, für sich selbst zu entscheiden, betont Becker: „Ich will den jungen Menschen nicht die Reife zum Wählen absprechen. Aber tatsächlich glaube ich dennoch, dass das Wahlalter mit allem was im Bereich der Rechte und Pflichten dazugehört, dort richtig aufgehoben ist." Geeigneter erscheint den beiden jungen Männern die Einführung eines Jugendparlaments, wie es auch die CDU-Landtagsfraktion in ihrer Tholeyer Erklärung forderte. „Wichtig ist dabei, dass junge Menschen, wenn sie in diesem Jugendparlament sitzen und ihre Zeit darin investieren, auch gehört werden und die Politik sich auch mit deren Anliegen beschäftigt. Ob die Anträge dann beschlossen werden, das steht auf einem anderen Blatt Papier", betont Becker. „Das stärkt die Demokratie mehr als die Herabsetzung des Wahlalters." Auch Johannes Schäfer will „dort nichts unversucht lassen": „So kann man der jungen Generation die Möglichkeit geben, sich stärker einzubringen. Ob sie es dann auch nutzen, das muss man dann evaluieren."
Doch wer von seinen Rechten profitieren will, der sollte auch Pflichten erfüllen müssen. Im vergangenen Jahr hatte die Debatte um ein verpflichtendes Dienstjahr für kontroverse Diskussionen gesorgt. Angestoßen wurde sie ebenfalls durch eine Saarländerin: Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer damaligen Position als CDU-Generalsekretärin. „Es ist nur gerechtfertigt, diesem Staat, der einem ermöglicht quasi kostenlos zu studieren, der einem ermöglicht sicher aufzuwachsen und der immer da ist, wenn die Menschen ihn irgendwo brauchen, auch einmal etwas zurückzugeben", unterstützt Frederic Becker den Vorschlag. „Ich war einer der letzten wehrpflichtigen Jahrgänge. Mein Zivildienst hat mich weitergebracht und geprägt – auch in meinem Denken. Das ist auch ein Stück weit persönlichkeitsbildend." Eine Chance könnte es auch für Schüler sein, die nach der Schule noch nicht genau wissen, wie es weitergehen soll. „Ich habe selbst G8 erlebt, war also noch 17, als ich mich für die Universität beworben habe. Ich kann aus Erfahrung sagen, dass es mir auch gut getan hätte, wenn ich ein solches Dienstjahr absolviert hätte", gesteht Johannes Schäfer. Besonders im sozialen Bereich könne es einen Beitrag leisten, dass „Menschen mehr Respekt miteinander erlernen". Für andere einzustehen sei wichtig: „Ohne dass wir für andere Menschen einstehen, kann keine Gesellschaft funktionieren."
Zukunftsthemen wieder in den Fokus rücken
Mit der Wahl verpflichtet sich auch einer der beiden Kandidaten zukünftig den Mitgliedern der Jungen Union Saar. Ideen und Vorstellungen habe sie beide. „Mir sind besonders die Themen wichtig, die auch jungen Menschen im Saarland wichtig sind. Das ist einmal Bildung: Wir befinden uns dort teilweise auf falschen Pfaden", sagt Johannes Schäfer. „Es ist wichtig, dass wir nicht zu einer Einheitsschule, sondern zurück zu einem echten dreigliedrigen Aufbau kommen, dass wir unseren Haupt- und Realschulabschluss auch wieder aufwerten. Nicht jeder muss Abitur machen oder studieren." Ein anderes Zukunftsthema, so Schäfer, sei der öffentliche Personennahverkehr: „Gerade wenn man auf dem Land lebt, hat man dort oft das Gefühl, dass man etwas abgehängt ist. Da braucht es eine grundsätzliche Neustrukturierung. Weg von zehn verschiedenen Trägern und hin zu einem ÖPNV aus einem Guss." Wichtig sei mehr Transparenz – besonders bei den Fahrpreisen.
Der ÖPNV ist auch für Frederic Becker Thema: „Wenn der ÖPNV noch teurer wird, ist er tot." Dabei sei er ein wichtiger Standortfaktor, wenn es um die Frage geht, Menschen im Saarland zu halten und auch neue Bürger zu überzeugen, ins Saarland zu kommen. Das kostet, aber: „Das Jahrzehnt der Investitionen hat begonnen und am Ende dieses Jahrzehnts sollte man auch erkennen können, dass es diese Investitionen gab", so Becker. Nicht nur im Nahverkehr, auch in Sachen bezahlbarer Wohnraum, Netzausbau, Investitionen in die Hochschule und Co. sieht er Verbesserungsbedarf. „Ich stelle das gerne unter das Motto ‚Saarland 2040‘, das jungen Menschen eine Perspektive bieten soll, die zeigt, dass es sich lohnt hierherzukommen. Es gibt Arbeitsplätze, bezahlbaren Wohnraum, man ist schnell überall – das alles unter einen Hut zu bringen, ist eine riesige Herausforderung. Aber genau das tangiert junge Menschen", so Becker weiter. „Wir müssen unser Ohr auch generell wieder näher an die junge Generation bringen und auch wieder das diskutieren, was bei jungen Menschen Thema ist."