Nach dem dicken Ende beim 0:4 gegen Bayern München muss Hertha BSC in Wolfsburg schnell wieder in die Spur finden.
Eine Stunde hielt das Berliner Bollwerk vergangenen Sonntag gegen den Rekordmeister, dann brachte Thomas Müller den FC Bayern im Olympiastadion in Führung – und bei Hertha BSC, das erstmals nach fünfeinhalb Stunden wieder einen Treffer hinnehmen musste, brachen in der Folge die Dämme. Bis dahin hatten die Hauptstädter mit Geschick und dem nötigen Glück verteidigt – auch der überraschend für Karim Rekik in der Abwehrzentrale spielende Jordan Torunarigha. Allerdings blieben die offensiven Bemühungen dabei auch überschaubar, die Taktik war eben doch vor allem auf ein torloses Remis ausgerichtet. Am Ende zu sehr: Die deutliche 0:4-Pleite sorgte dafür, dass Hertha BSC wieder in Richtung der Abstiegsplätze absackt. Nur noch zwei Zähler trennen die Blau-Weißen vom Relegationsplatz, Eintracht Frankfurt und der 1. FC Köln zogen in der Tabelle vorbei. In dieser Situation gilt es nun, die Partie schnell abzuhaken, wieder an die Ergebnisse zum Ende der Hinrunde anzuknüpfen – und die Ruhe zu bewahren.
Das Projekt erhielt eine weitere Delle
Kurioserweise hatte aber Jürgen Klinsmann selbst schon vor dem Bayern-Spiel für die größte Unruhe gesorgt. Im Vorfeld der Partie war durchgesickert, dass Herthas Trainer nicht den Nachweis über die nötigen Dokumente zur Verlängerung seiner Trainerlizenz hatte beibringen können. Schlussendlich gaben DFB und DFL einen Tag vor dem Spiel aber grünes Licht – der US-Fußballverband konnte die letzten Dokumente noch rechtzeitig zustellen. Klinsmann und Hertha BSC hatten sich zuvor zwar entspannt in der Sache gegeben – dennoch brachte das Theater für einige Tage eine gewisse, unliebsame Unruhe mit sich. Das nagelneue Projekt auf dem Weg zum „Big City Club" erhielt quasi eine weitere kleine Delle, denn auch auf dem Transfermarkt gaben die Hauptstädter mit Ausnahme der Verpflichtung von Santiago Ascacíbar (von Stuttgart) bislang keine sonderlich glückliche Figur ab. Im Fall von Wunschkandidat Granit Xhaka, dessen Transfer nur noch eine Formsache zu sein schien, machte dessen Club FC Arsenal London mit einer erhöhten Ablöseforderung (von 25 auf 30 Millionen Euro) den Deal zunichte. Zu diesem Zeitpunkt waren die öffentlichen Avancen Herthas gegenüber den Nationalspielern Julian Draxler (Paris Saint-Germain) und Mario Götze (Borussia Dortmund) längst ins Leere gelaufen – und selbst der Wechsel des „Xhaka-Ersatzes" Lucas Tousart (Olympique Lyon) zerschlug sich. Diese gescheiterten Personalien kosteten das neue Projekt so schon in dessen Startphase Renommee und dämpften gleichzeitig die in dieser Situation nicht zu unterschätzende Euphorie, die einer solchen Neuorientierung den notwendigen Antrieb verleiht.
Der kommende Gegner der Blau-Weißen, der VfL Wolfsburg (Samstag, 15.30 Uhr), hat mit dem 1:3 in Köln einen Fehlstart ins Jahr 2020 hingelegt und ist damit seit drei Spielen ohne Sieg. Die Mannschaft aus der Autostadt hat dadurch zwar trotzdem nur so wenig Gegentore kassiert wie Tabellenführer RB Leipzig (21 an der Zahl), stellt aber auch die zweitschwächste Offensive der Liga (nur 19 Treffer bislang). Immerhin präsentierte sich die Hertha aber zuletzt in Wolfsburg treffsicher: Acht Tore gelangen den Blau-Weißen in den letzten drei Gastspielen – dabei blieben sie ungeschlagen.