Hej Organic entwickelt seit 2016 Naturkosmetik-Produkte, die frei von tierischen Inhaltsstoffen sind und erfreut sich großer Beliebtheit. Mit-Gründerin Laura Rath (31) aus Dortmund erklärt im Interview, warum man Naturkosmetik verwenden sollte.
Frau Rath, wie entstand die Idee, eine eigene Naturkosmetik-Marke zu gründen?
Naturkosmetik ist ein unglaublich spannender und wachsender Markt. Zum Glück setzen immer mehr Menschen auf natürliche, nachhaltige Inhaltsstoffe. Als wir uns umgeschaut haben, wer bereits auf dem Markt vertreten ist, waren das vor allem etablierte Marken, die auf traditionelle Produkte und traditionelles Design gesetzt haben. Das wollten wir ändern und der Naturkosmetik einen neuen Anstrich verleihen. Deshalb haben wir es uns zum Ziel gemacht, die erste Lovebrand der Naturkosmetik zu werden.
Wie haben Sie Ihre Idee umgesetzt?
Wir haben uns als Allererstes mit befreundeten Designern zusammengesetzt und mit ihnen Woche für Woche am Logo, dem Design der Verpackungen und unserem Markenauftritt gearbeitet. Die Ergebnisse aus diesen Sprints haben uns dann so überzeugt, dass uns klar war, dass wir die Marke so auf den Markt bringen wollen und sind dann in die Produktentwicklung gegangen.
Hier konnten wir bereits auf das Netzwerk und die Erfahrung meines Schwiegervaters zurückgreifen. Er ist der zweite Geschäftsführer von Hej Organic.
Welche Produkte haben Sie vor der Gründung benutzt?
Sehr unterschiedlich. Da ich ein visueller Mensch bin und es mag, wenn Produkte sich gut in das Gesamtbild des Badezimmers einfügen, hat mir Aesop immer sehr gut gefallen. Auch der Geruch konnte mich damals überzeugen. Von den Inhaltsstoffen und der Art der Herstellung war ich schon immer Fan von Weleda, Dr. Hauschka und Annemarie Börlind. Und sobald man sich intensiver mit Inhaltsstoffen, Herstellweisen und Wirkungen auseinandersetzt, wird deutlich, dass Naturkosmetik der einzig richtige Weg ist.
Warum sollte man Naturkosmetik verwenden?
Aus meiner Sicht verdient die Haut nur das Beste, sie ist unser größtes Organ. Deshalb sollte man in der täglichen Pflege darauf achten, dass Produkte aus natürlichen Inhaltsstoffen bestehen und vor allem keine Parabene, Paraffine, Silikone und Mikroplastiken enthalten. Diese haben auf der Haut nichts zu suchen!
Wie viel Natur steckt wirklich in Ihren Artikeln? Produkte mit 100 Prozent natürlichen Inhaltsstoffen sind ja eher selten …
Wir setzen auf Inhaltsstoffe aus der Natur. Das heißt reine Naturstoffe wie Öle, Extrakte, Pulver sowie naturnahe Stoffe. Naturnahe Substanzen kommen in der Natur vor, werden aber chemisch modifiziert. Hierbei sind nur bestimmte Verfahren der Umwandlung erlaubt und dürfen auch nur dann angewendet werden, wenn der verwendete Stoff nicht durch natürliche Inhaltsstoffe ersetzt werden kann. Ein Beispiel für einen solchen Stoff sind Tenside in Shampoos, da ihre reinigende Wirkung allein durch natürliche Zutaten nicht erzielt werden kann. Daher sind unsere Produkte 100 Prozent natürlichen Ursprungs.
Wie sind Sie darauf gekommen, die Produkte hauptsächlich aus Kaktusfeigenöl und -blütenwasser herzustellen? Und was bewirkt Kaktusfeige
in Kosmetikprodukten?
Kaktusfeigenkernöl ist ein hochwirksames Öl, welches reich an Antioxidantien ist. Es schützt die Haut, fördert die Regenerierung der Zellen und lässt die Haut dadurch jünger wirken. Zudem wird die Haut mit Feuchtigkeit versorgt.
Wie wichtig ist Ihnen Nachhaltigkeit? Wie wird sie konkret umgesetzt?
Das Thema Nachhaltigkeit ist für uns sehr wichtig. Wir tragen auch als Unternehmen eine Verantwortung dafür, die Umwelt und alle ihre Lebewesen zu schützen. Deshalb setzen wir bereits jetzt beim Rohstoffeinkauf darauf, dass ein Großteil der Inhaltsstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau stammt. Zudem arbeiten wir mit Kooperativen zusammen, das heißt Plantagen, die von Familien geführt, bestellt und von denen die Rohstoffe geerntet sowie verarbeitet werden. Weiterhin bestehen unsere Flaschen aus 75 Prozent recyceltem Plastik. Unsere Dispenser der Tagespflegen haben wir im Dezember auf Glas umgestellt. Bei den Tuben und allen anderen Materialien arbeiten wir aktuell an nachhaltigen Lösungen. Und natürlich enthalten unsere Produkte keine Mikroplastiken, die in die Haut und Umwelt gelangen können. Aktuell setzen wir uns dafür ein, ein klimaneutrales Unternehmen mit klimaneutralen Produkten zu werden. Hier dauert die Reise noch etwas an. Das geht leider nicht von heute auf morgen.
Wie stehen Sie zu Tierversuchen?
Wir sind absolut gegen Tierversuche. All unsere Produkte sind tierversuchsfrei, was uns von der Vegan Society und Peta bestätigt wird.
Wo entstehen die Produkte – ist alles made in Germany?
Von unseren Produkten sind 95 Prozent made in Germany. Die restlichen fünf Prozent stammen aus Südeuropa, wo wir mit sehr erfahrenen Produktentwicklern arbeiten.
Auch die großen herkömmlichen Kosmetikhersteller haben den Trend von Naturkosmetik für sich erkannt und bieten etwa Cremes und
Waschgels mit Bio-Inhaltsstoffen und vielen natürlichen Stoffen an. Wie finden Sie diese Entwicklung?
Das ist sehr erfreulich, da ich es wichtig finde, dass es immer mehr Kosmetikprodukte für den Endkonsumenten gibt, die auf natürliche Inhaltsstoffe setzen und vor allem auf Parabene, Paraffine, Silikone und Mikroplastiken verzichten. Das eine geht leider noch nicht immer mit dem anderen einher, daher sollten Kunden beim Kauf sehr genau hinschauen, welche Inhaltsstoffe verwendet werden. Code-Check ist dabei sehr hilfreich.
Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit man Produkte als „Naturkosmetik" bezeichnen kann?
Der Begriff Naturkosmetik ist leider nicht geschützt. Siegel wie Natrue und BDiH sind deshalb wichtig, weil sie dem Konsumenten Sicherheit beim Kauf geben – durch klare Kriterien und regelmäßige Prüfung der Hersteller. Die Kriterien unterscheiden sich teilweise etwas voneinander und lassen sich auf den Seiten von Natrue und BDiH einsehen.
Sucht man nach einem Nachweis, dass die Kosmetik 100 Prozent vegan ist, hilft die Vegan-Blume der Vegan Society weiter. Auf diese setzen wir.
Wo kann man sich am besten über natürliche und ökologisch korrekte Kosmetik informieren?
Die Datenbank von Natrue enthält alle Produkte, die dort zertifiziert sind. Das gibt einen sehr guten Überblick. Hilfreich sind zudem Plattformen wie Code- Check, wenn es darum geht zu erfahren, ob schädliche Inhaltsstoffe in einem Produkt enthalten sind. Toll finde ich auch die Entwicklung der Blogs rund um das Thema. Hier kann ich zum Beispiel den Blog beautyjagd.de empfehlen.
Muss man bei der Pflege mit Naturkosmetik andere Dinge beachten als bei herkömmlichen Produkten?
Nein. Es kann jedoch sein, dass sich bei der Umstellung der Haar- oder Gesichtspflege auf Naturkosmetik Haar und Haut zunächst daran gewöhnen müssen, dass zum Beispiel keine Silikone mehr enthalten sind. Die Umstellung geht aber meist sehr schnell. Wie bei der konventionellen Pflege auch muss man individuell schauen, welche Produkte zu dem eigenen Hautbild oder den Haaren passen. Wir richten uns an normale bis Mischhaut bei unseren Gesichtsprodukten. Unser Shampoo The Hairdresser und der Conditioner The Smoother sind für das normale Haar und die tägliche Wäsche geeignet.
Worauf sollte man bei der Hautpflege nicht verzichten, selbst wenn man nur sehr wenig Zeit hat?
Für ein reines, schönes Hautbild ist die tägliche Reinigung wichtig. Zudem sollte die Haut immer mit ausreichend Feuchtigkeit versorgt werden. Ist das nach der Reinigung nicht gegeben, sollte noch eine Pflege aufgetragen werden.
Welche sind die häufigsten Fehler bei der Hautpflege? Und wie kann man sie vermeiden?
Die Benutzung der falschen Produkte für den eigenen Hauttyp. Daher ist es empfehlenswert, den eigenen Hauttyp bestimmen zu lassen. Zudem sollte vor dem Schlafengehen kein Produkt mit Lichtschutzfaktor aufgetragen werden.
Wie pflegt man die Haut im Winter optimal? Was muss man anders machen als im Sommer?
Im Winter braucht die Haut aufgrund der Kälte und der Heizungsluft häufig mehr Schutz. Daher sind am Morgen reichhaltigere Cremes gefragt als im Sommer. Peelings sollte man zudem auch reduzieren, da diese die Hautbarriere stören. In beiden Jahreszeiten gilt: viel trinken und an der frischen Luft sein.
Haben Sie vor, Ihre Produktpalette noch zu erweitern?
Wir werden unsere Produktpalette zunächst um weitere Serien und Highlight-Produkte ergänzen. Mehr will ich dazu aber noch nicht verraten. Dekorative Kosmetik ist ein Thema für uns, wir werden dieses aber nicht zeitnah angehen.
Welche sind Ihre persönlichen Lieblings-Pflege- und Make-up-Produkte abseits Ihrer eigenen Marke?
Bei der dekorativen Kosmetik bin ich Fan von Und Gretel. Vor allem die Foundations sind super. Toll finde ich auch den Ansatz von Dr. Bronner’s mit der 18-in-1 Seife oder die vielen aufkommenden Marken, die auf unverpackte Produkte setzen. Tatsächlich nehme ich aber zur Reinigung und Pflege nur noch unsere Produkte.