Die Kansas City Chiefs gewinnen mit 35:24 gegen die Underdogs der Tennessee Titans und ziehen damit nach einer langen Durststrecke wieder in den Super Bowl ein.
Die wenigsten Experten oder wahrscheinlich eher niemand hätte die Titans im AFC-Championship-Game erwartet. Zwar gewannen diese gegen die Ravens und gegen die Patriots, aber irgendwann musste diese Glückssträhne doch vorbei sein. Sie sollte vorbeigehen – zu Beginn schien es aber anders.
Denn entgegen aller Erwartungen schafften es die Titans dieses Mal erneut, nicht nur in Führung zu gehen, sondern tatsächlich mitzuhalten. Zumindest bis zur Pause. Danach folgte die Gala-Vorstellung von Patrick Mahomes und die Chiefs-Offense war nicht mehr zu stoppen. Die Titans aber legten los wie die Feuerwehr, gingen nach einem Field Goal und einem Touchdown mit 10:0 in Front. Die Chiefs allerdings fanden danach auch ins Spiel und ließen aufblitzen, wozu diese Offense fähig ist. Ein Acht-Yard-Touchdown-Pass von Mahomes auf Tyreek Hill, der einen Jet-Sweep lief, brachte die Hausherren aufs Scoreboard. Anschließend legten die Titans einen ihrer gefürchteten zeitintensiven Drives hin, den sie schließlich mit einem Touchdown-Pass auf Offensive Lineman Dennis Kelly abschlossen, der als Extra-Blocker ins Spiel kam. Damit nahmen die Titans mehr als neun Minuten von der Uhr.
Titans machten es lange spannend
Das war aber kein Problem für die Chiefs, die in den verbleibenden sechs Minuten noch zwei weitere Touchdowns erzielten. Für den zweiten Touchdown sorgte Mahomes mit einem Run höchstpersönlich. Über 27 Yards lief er in die Endzone, profitierte dabei aber vom miserablen Tackling der Titans-Defense. Die Führung zur Pause war damit besiegelt. Nach der Pause gelang es dann beiden Teams zunächst nicht, offensiv produktive Drives hinzulegen, sodass es bis zum Ende des dritten Viertels dauerte bis KC wieder in Schlagdistanz gelangte. In einem sehr Run-lastigen Drive war es schließlich Damien Williams, der die Chiefs mit einem Drei-Yard-Run jubeln ließ. Im Anschluss nahmen die Chiefs den Titans mit einem Sack bei 3rd Down dann endgültig den Wind aus den Segeln. Entschieden war das Spiel schließlich nach dem 60-Yard-Touchdown-Pass von Mahomes auf Sammy Watkins Mitte des vierten Viertels. Die Titans erzielten zwar noch einen weiteren Touchdown durch Tight End Anthony Firkser, der auf einen Fake-Punt folgte, und durften auch danach noch mal für einen Drive ran, ihnen ging letztlich jedoch die Zeit aus. Die Chiefs stehen damit erstmals seit 50 Jahren wieder im Super Bowl. Insgesamt ist es ihre dritte Teilnahme am Super Bowl, ihr einziger Titel gelang in Super Bowl IV gegen die Vikings. Verdient ist diese Teilnahme allemal.
Sie sind damit das erste Team in der Geschichte der NFL-Play-offs, das innerhalb einer Postseason mehrfach mit mindestens zehn Punkten Unterschied in der ersten Hälfte zurücklag und dann doch noch eine Führung in Halbzeit eins erspielte. Verantwortlich dafür war in diesem Spiel erneut Patrick Mahomes. Mahomes, der drei Touchdown-Pässe warf und für einen eigenen lief, dominierte diese Partie nach Belieben. Er brillierte mit sehenswerten Pässen über Mittel- und Lang-Distanzen und setzte seine Beine ein, wenn er Raum zum Laufen sah und seine Receiver gedeckt waren. Kurzum: Der letztjährige MVP (Most valuable player) fand auf alles eine Antwort und machte im Prinzip keine Fehler.
Die Kansas City ChiefS im Überblick
Der Trainer: Unterschiedlicher könnten die Trainer, die im Super Bowl aufeinandertreffen, kaum sein. Auf der einen Seite Kyle Shanahan, am Anfang seiner Karriere, bei Kansas Andy Reid, der zu den einflussreichsten NFL-Coaches der vergangenen 20 Jahre gehört. Reid hatte neben seiner Karriere aber auch mit vielen Rückschlägen zu kämpfen. Seit über 50 Jahren warten die Chiefs auf eine Teilnahme am Super Bowl und Reid war tatsächlich kurz davor – verlor dann aber in der Overtime gegen die Patriots – wieder nichts. Die Niederlagenserie die der Trainer in den Play-offs aufweist, tut auch jedem Außenstehenden weh. Alles begann 2014 mit einer unfassbaren 44:45-Niederlage gegen die Indianapolis Colts in der Wild Card Round, als die Chiefs eine 38:10-Führung noch aus der Hand gaben. 2017 unterlag KC den Pittsburgh Steelers in den Divisional Play-offs 16:18, ein Jahr später verspielten die Chiefs im Wild Card Game gegen die Tennessee Titans eine 21:0-Führung. „Es tut immer weh zu verlieren. Aber im Endeffekt ist es nur Sport. Auch wenn manche Leute etwas Anderes sagen: Es geht im Sport nicht um Leben und Tod", sagte Reid einmal in einem Interview mit dem „NFL Network". Reid hat fünf Kinder, seine beiden größten Söhne sind ins Drogenmilieu abgerutscht. Sein ältester Sohn stirbt nach einem Gefängnisaufenthalt wenig später in seiner Wohnung an einer Überdosis-Heroin, zu diesem Zeitpunkt war Reid Head Coach der Eagles. „Ich liebe es, Football-Coach zu sein. Garrett liebte, was ich tue. Ich wollte nicht nur zu Hause sitzen", sagte Reid dem Magazin „Sports Illustrated". Sein Credo nach Garretts Tod: „Du arbeitest daran, wie ein Mann weiterzugehen im Leben und damit klarzukommen, was das Leben dir aufbürdet." Reid hat sich durch seinen Umgang mit Rückschlägen und seine ehrliche aufrichtige Art einen enormen Respekt erarbeitet: „Er ist wahrscheinlich der netteste Typ unter allen Coaches in der NFL",
sagte der neue Redskins-Trainer Ron Rivera.
Die Stars: Ganz klar: Patrick Mahomes. Der MVP des vergangenen Jahres macht keine Fehler und spielt genialen Football. Nun zum ersten Mal auf der größten Bühne des Football. Es steht und fällt mit ihm, ob Reids Play-off-Trauma der Vergangenheit angehören wird.
Prognose: Kansas spielt eine überragende Offense, die 49ers eine überragende Defense. Super Bowls sind tagesformabhängig. Von einem Mahomes ist aber durchaus zu erwarten, dass er die Defense der 49ers gehörig durcheinanderwirbelt. Mit einem Andy Reid, der für seinen Sohn und für sich selbst nichts lieber will, als diesen Titel zu gewinnen, sind die Chiefs schwer zu schlagen. „Ich würde mir den kleinen Zeh abtrennen, wenn ich dann wieder die Chance auf dieses Spiel haben würde", sagte Reid. Seine Zehen hat er noch, und der Titel ist zum Greifen nah.