Sonu Elizabeth George ist nur eines von vielen Beispielen für gelungene Integration auf dem Arbeitsmarkt. Die Krankenschwester arbeitet in der Pro Seniore Residenz Salinental in Bad Kreuznach.
Sie lacht gern und lächelt noch viel öfter: „Immer positive Energie" müsse man haben, sagt Sonu Elizabeth George. Das kommt ihrem Job als Krankenwester in einer Seniorenresidenz zugute. Die 27-Jährige ist gebürtige Inderin und arbeitet seit bald drei Jahren in der Pro Seniore Residenz Salinental in Bad Kreuznach.
Sonu Elizabeth George kam lediglich zwei Tage vor Beginn ihrer neuen Anstellung in Deutschland an – die Vorbereitungen darauf dauerten jedoch länger. So absolvierte sie unter anderem einen achtmonatigen Sprachkurs, den sie mit dem B2-Zertifikat abschloss – neben der Arbeit. „Ich hatte richtig Lust auf die Sprache", sagt sie. Sie lernte in den ersten Monaten alle vier Stationen in der Pro Seniore Residenz kennen, die etwa 200 Meter oberhalb des Kurbereiches mit dem bekannten Heilbad in Bad Kreuznach liegt. Hinter den beiden Häusern der Einrichtung befinden sich weitläufige Waldlandschaften, im Ort selbst locken mittelalterliche Brückenhäuser die Touristen, die Kauzen- und die Ebernburg, die Altstadt – ein bisschen Deutschlandklischee eben.
Geboren wurde George im Bundesstaat Kerala an der Südwestspitze des siebtgrößten Landes der Erde und wuchs in Kottayam auf. Im benachbarten Bundesstaat absolvierte sie in der Hauptstadt Bangalore ab 2011 am Universal College of Nursing eine Ausbildung zur Krankenschwester, die sie 2015 mit einem Bachelor abschloss. Hinzu kommen Praktika in verschiedenen Krankenhäusern und in unterschiedlichen Fachbereichen.
Die Ausbildung am College von Bangalore war umfangreich. Neben dem klassischen Bettenbeziehen und der Pflege der Patienten säuberte sie Wunden, verabreichte intramuskuläre, intravenöse und subkutane Spritzen, stellte Diagnosen: „Wie eine richtige Ärztin", sagt sie. Im zweiten Ausbildungsjahr durchlief sie außerdem die Stationen Psychiatrie und Intensivstation. Später arbeitet sie noch in einem Krankenhaus in Kerala. Dieses Fachwissen kommt ihr nun bei der Arbeit in der Pro Seniore Residenz zugute, wo sie seit dem 11. Mai 2017 angestellt ist – ein Datum, an das sie sich noch genau erinnern kann.
In Bad Kreuznach wird sie mit offenen Armen empfangen und von Residenzleiterin Marion Raab, Pflegedienstleiterin Ann-Kathrin Würfel, Assistentin Vanesa Just und von allen Kolleginnen und Kollegen unterstützt. Derzeit arbeitet sie mit zwölf weiteren Kräften in einem der Residenz-Wohnbereiche zusammen. „Jede Schicht ist anders", erzählt sie, „als Fachkraft muss man mit jeder Situation umgehen können." Auch wenn man bei der körperlich anstrengenden Arbeit immer mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, arbeitet das Team dennoch stets gemeinsam. So könne man nicht nur Kraft, sondern auch Zeit sparen, die man dann für die Bewohner nutzen könne. Im Team möchte sie generell gern mit gutem Beispiel vorangehen: „Ich benutze gerne das Wort ‚wir‘", erklärt sie.
„Ich benutze gern das Wort ‚wir‘ "
Den Weg zu ihrem Arbeitsplatz legt die gelernte Krankenschwester meist mit ihrem Rad zurück, mitunter wird sie aber auch von Kolleginnen mitgenommen. Als sie noch keine eigene Wohnung hatte, wurde ihr auch in dieser Angelegenheit seitens der Heimleitung geholfen: Die erste Zeit durfte sie in der Residenz selbst wohnen.
Der Grund, warum sie mittlerweile in einer Seniorenresidenz arbeitet, gab oftmals Anlass zu Spekulationen. Einige ihrer ehemaligen Weggefährten aus den Krankenhäusern, in denen sie bereits arbeitete, würden sie gelegentlich fragen, warum sie diese Arbeit bevorzuge. „Ich arbeite gerne mit älteren Menschen", entgegnet sie dann. Die Pflege an sich mache ihr ebenso Spaß wie die Unterhaltungen mit den älteren Menschen.
Die gute Zusammenarbeit vor Ort zeigt sich auch privat. Denn als sie vor wenigen Wochen in ihrer ersten Heimat heiratete, flogen ihre Kolleginnen aus Bad Kreuznach ein, hatten sich, ganz nach Tradition des Landes, jeweils in ein Saree gekleidet, den Wickelrock mit Schulterüberwurf. Als Sonu Elizabeth George nach rund vier Wochen wieder nach Bad Kreuznach zurückkehrte, wurde sie von den Bewohnern der Residenz Salinental herzlich empfangen. „Alle waren happy", erzählt sie strahlend. Zudem hatte sie noch eine frohe Botschaft im Gepäck – sie ist schwanger. Georges Ehemann ist Maschinenbauingenieur und hat derzeit ein Visum beantragt, um zukünftig auch in Deutschland arbeiten zu können.
Heimweh nach ihrer indischen Familie – ihre Mutter ist Lehrerin, ihr Vater Landwirt – und Freunden hat die Fachkraft übrigens nicht. Da sei ein anderes Gefühl, sagt sie, ohne es direkt konkretisieren zu können. Sie versucht allerdings, Indien ein- oder zweimal im Jahr, zu besuchen – ein Flug führt von Frankfurt über Dubai nach Kochi, das mit dem Zug etwa eine Stunde von ihrer Heimatstadt Kottayam entfernt liegt. Auch hier in Europa leben mittlerweile einige Verwandte. Eine Cousine arbeitet in Amsterdam, eine Tante und ein Onkel in Zürich und Basel, eine Schwester ist Wirtschaftsprüferin in Irland, weitere Verwandte wohnen in den USA oder in Eritrea – Weltgewandtheit scheint der Familie im Blut zu liegen.
Kurz wird Sonu Elizabeth George wehmütig, als sie sich daran erinnert, dass ihr an Demenz erkrankter Großvater ebenfalls gepflegt werden musste. Das übernahm ihre Familie in Indien. Dort starb ihr Opa – als sie bereits in Deutschland lebte. „Ich konnte nur beten", sagt sie. Dabei habe sie zu seinen Lebzeiten auch immer per Internet mit ihm videogechattet. „Wann kommst Du wieder?", habe er einmal gefragt. Manchmal erinnere ein Bewohner sie an ihren Großvater – dann wird ihr schwer ums Herz.