Wenn ein Koch, der mit drei Sternen ausgezeichnet ist, ein Kochbuch für den Hausgebrauch machen will, dann ist das ein gewagtes Unterfangen. Zu groß sind eigentlich die Unterschiede. In Erforts Fall ist das verblüffend gut geglückt.
Drei-Sterne-Gastronomie und ein Kochbuch? Mit Rezepten zum Nachkochen für jedermann? Das kann nicht funktionieren – dachte sich im Vorfeld nicht nur der Autor dieser Zeilen, sondern wohl lange Zeit auch der Meister selbst: Klaus Erfort stand der Idee über Jahre ablehnend gegenüber, wie er selbst zugibt. Gut, dass jemand einen langen Atem hatte und immer wieder versucht hat, den Sternekoch vom Gegenteil zu überzeugen.
Dieser Jemand heißt Benjamin Knur und ist einer von zwei Geschäftsführern der Agentur Portvier in Saarbrücken. „Jahrelang hat er immer wieder gesagt, lass uns doch mal was machen", erzählt der Sternekoch. „Das ging über vier, fünf Jahre so. Immer wieder hat er nett gefragt, und irgendwann waren wir an dem Punkt und haben gesagt, gut, wir machen’s."
Herausgekommen ist ein wirklich beeindruckendes Buch, das nicht nur optisch ein echter Knaller ist, sondern auch inhaltlich. Zieht man es aus dem Schuber, liest man in weißer Schrift: „Klaus Erfort Drei Sterne". Dreht man das Buch um und betrachtet die Rückseite, ist man zunächst verwirrt. Dort steht: „Klaus Erfort Zu Hause" in grüner Schrift auf weißem Grund – auf dem Kopf stehend. Erst wenn man es zurechtrückt, erkennt man den eigentlichen Clou dahinter. Es ist nicht ein Kochbuch, sondern es sind zwei in einem. Liest man es von vorne, entdeckt man Klassiker aus Erforts Sterneküche. Liest man es von hinten, entdeckt man heimische Gerichte aus Erforts privater Küche.
Das Faszinierende daran: Die Gerichte des Teils „Zu Hause" lassen sich tatsächlich recht einfach nachkochen, und selbst die Kreationen im anderen Teil sind für ambitionierte Hobbyköche durchaus machbar. Vielleicht nicht in der Perfektion, in der sie bildlich dargestellt sind, aber zu schaffen in jedem Fall. Ganz nebenbei erfährt man allerlei Wissenswertes zur Person Klaus Erfort und seinen Werdegang.
Selbst für Hobbyköche gut nachzumachen
Beide Teile sind jeweils in Vorspeise, Hauptspeise sowie Dessert und insgesamt 24 Rezepte pro Teil untergliedert. Ob „Carpaccio von der Roten Bete mit Ziegenfrischkäse und pochiertem Wachtelei" oder „Guacamole mit in Ingwer gebratenen Garnelen" über „Saarländische Gefillde mit Lauch und Speck", „Rehragout mit gebratenen Steinpilzen und Spitzkohl" bis hin zur „Pochierten Safranbirne" – der Leser wird auf einem Niveau abgeholt, dass ihn sofort motiviert, sich tatsächlich an den Rezepten zu versuchen. Keinerlei Zutaten, bei denen man sich verzweifelt fragt, wo man diese wohl herbekommen soll. Ganz im Gegenteil. Der Teil „Drei Sterne" ist fraglos ambitionierter, aber auch hier regiert beim Lesen eher die Zuversicht als die verzweifelte Frage: „Woher nehmen wenn nicht stehlen?"
„Ich kann nicht sagen, dass das mein Buch ist", betont Erfort. „Das ist unser Kochbuch. Das ganze Team von Portvier und alle Beteiligten waren mit jeder Menge Herzblut dabei. Wir haben das alle gemeinsam gestaltet. Das ist genauso wie das tagtägliche Geschäft im Restaurant, das machen die Jungs. Eigentlich ist es immer ein Gemeinschaftsprodukt. Zu oft wird das vergessen, zu oft stehe ich im Fokus. Eigentlich bin ich nur derjenige, der von hinten den Karren anschiebt. Aber mit involviert sind so viele Menschen, die genauso in den Fokus müssen."
Der Aufwand hat sich in jedem Fall gelohnt. Die erste Auflage von 3.000 Exemplaren, die im August vorigen Jahres auf den Markt kam, war ratzfatz vergriffen. Ende Oktober 2019 wurde bereits die zweite Auflage angeschoben, die auch gut läuft. Bei einem Preis von 55 Euro keine Selbstverständlichkeit. Doch der Preis für das Kochbuch ist durchaus gerechtfertigt. Die Präsentation ist sehr hochwertig, die Bilder sehr emotional. Für das Design gab es den „Saarländischen Staatspreis für Design" der Landesregierung.
„Inhaltlich ist alles auf unseren Mist gewachsen, gleiches gilt für das Design. Wir haben dem Verlag die druckfertigen Daten geliefert. Der Verlag hat im Grunde nur noch ausgedruckt und ist fürs Marketing zuständig", erzählt Klaus Erfort nicht ohne Stolz. Für ihn ist es vielleicht sogar ein bisschen mehr als „nur" ein Kochbuch. Für alle anderen ein interessanter Versuch, sich der großen Küche einen der besten Köche der Welt zu nähern.