In Püttlingen leben heißt pendeln. Die Kleinstadt will sich künftig mit Angeboten für ein selbstbestimmtes Altern sowie mit einem verbesserten ÖPNV auf die Herausforderungen der Zukunft einstellen.
Eine SPD-Bürgermeisterin in der Heimat von AKK? Auf den ersten Blick eine kuriose Geschichte. Doch auf den zweiten Blick durchaus plausibel, blickt man auf Püttlingen. Durchaus links geprägt war die Kleinstadt mit ihrer, wie so oft im Land, von Bergbau geprägten Geschichte. Bis 2014 waren Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei kommunalpolitisch im Stadtrat aktiv.
Abgesehen von diesem Kuriosum ist Püttlingen eher links-konservativ – eine Konstante, zieht man die Zahlen der Kommunalwahlen 2014 und 2019 zu Rate: 40 Prozent stimmten für die CDU, knapp 30 Prozent für die Sozialdemokraten – Zahlen, von denen die Bundesparteien nur noch träumen können. Dass mit Denise Klein eine SPD-Frau als Bürgermeisterin regiert, ist durchaus eine kleine Überraschung.
Geografisch gesehen scheint die zum Regionalverband Saarbrücken gehörende Kleinstadt ein wenig zwischen Baum und Borke zu liegen: fünf Kilometer bis Völklingen und gerade mal 15 bis zur Landeshauptstadt Saarbrücken – der Aderlass bei der Bevölkerungszahl hält sich, vielleicht auch deswegen, in erträglichen Grenzen. Nach jahrelangem Rückgang stagniert die Einwohnerzahl bei rund 18.500. Geringe Entfernungen zu den Ballungszentren und zum Arbeitsplatz, geringe Kriminalität, günstiger Wohnraum im Vergleich zu Saarbrücken haben zu dieser eher positiven Entwicklung beigetragen. Die Arbeitslosenquote für Püttlingen, Heusweiler und Riegelsberg zusammen lag nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 2019 bei durchschnittlich 4,2 Prozent oder 1.150 Arbeitslosen – deutlich geringer als im Regionalverband, zu dem Püttlingen gehört, mit 9,2 Prozent oder knapp 16.000 Menschen. Püttlingen ist damit in den vergangenen Jahrzehnten zur Wohnstadt mit wenig Industrie und dafür einer hohen Zahl an Pendlern gereift. Wer mit einer jungen Familie nach Püttlingen zieht, sollte sich allerdings frühzeitig um einen Kita-Platz kümmern, denn diese sind derzeit rar. Zwar spricht die Bürgermeisterin von einer grundsätzlich guten Situation, aber nach Angaben des Jugendamts des Regionalverbandes Saarbrücken sieht man dringenden Ausbaubedarf.
War das Köllertal bis Mitte des 19. Jahrhunderts überwiegend landwirtschaftlich geprägt, leitete der Bergbau das Zeitalter der Industrialisierung ein. Die endgültige Schließung der letzten Grube erfolgte 1972. Heute verfügt die Stadt Püttlingen noch über zwei größere Gewerbegebiete mit Unternehmen des Maschinenbaus, des Baugewerbes, der Metallverarbeitung und der Logistik. Nach der Schließung einer Gleitlagerfabrik im Jahr 2004 stehen nach Rückbau der Produktionsstätte und Bodensanierung mittlerweile wieder weitere Flächen zur Gewerbeansiedlung zur Verfügung. Darüber hinaus ist bis 2021 ein weiteres Gewerbegebiet besonders für den Klein- und Mittelstand geplant.
Ein Manko: Verkehrstechnisch gesehen ist die Stadt so gut wie nur mit dem Auto zu erreichen. Püttlingen verfügt weder über einen aktiven Bahnanschluss noch ist die Stadt direkt an das Saarbahnnetz angeschlossen. Damit ist sie neben Wadern die einzige Stadt im Saarland, die nicht ans Schienennetz angebunden ist. Die Reaktivierung der Köllertalbahn könnte das ändern, aber für eine komplette Wiederaufnahme fehlt bislang das Geld. 1985 verkehrte die letzte Bahn auf der Strecke zwischen Völklingen und Lebach. Durch den Saarbahn-Weiterbau wurde die rund zehn Kilometer lange Strecke zwischen Lebach und Walpershofen 2014 wieder reaktiviert. Auf ihr verkehrt die Saarbahn bis Saarbrücken. Die restlichen zehn Kilometer bis Völklingen wurden komplett zurückgebaut. Zwar verkehren Busse von Völklingen nach Püttlingen, aber die einzelnen Ortsteile sind nicht optimal angebunden. Abhilfe soll ein geplanter Bürgerbus ab Frühjahr dieses Jahres bringen.
eines darf man im Zusammenhang mit Püttlingen natürlich nicht vergessen: das Rocco del Schlacko. Einst auf einem Acker in der Nähe 1999 gestartet, gehört das Rockfestival mittlerweile zu den größeren Festivals im Südwesten Deutschlands. Immerhin 26.000 Besucher sorgen dafür, dass sich die Stadt in der Musikszene überregional einen Namen erworben hat. Und sie geben einmal im Jahr Geld in der Kommune aus – die Bürgermeisterin freut‘s.