Die Republikaner sind nur noch Handlanger von Präsident Trump
In seinem Verhältnis zu Recht und Rechtsstaat hat Donald Trump nie einen Zweifel gelassen. „Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue stehen und jemanden erschießen, und ich würde keine Wähler verlieren", sagte der republikanische Präsidentschaftsanwärter im Januar 2016. Man hätte das damals noch als Vorwahlkampf-Getöse und zynische Koketterie eines Egomanen abtun können.
Inzwischen ist jedoch klar, dass Trump als Präsident auf rechtliche und verfassungsmäßige Vorgaben pfeift. Die knappe Mehrheit im US-Senat, die weitere Zeugenbefragungen im Amtsenthebungsverfahren abblockte, wurde von ihm als Sieg gefeiert.
Dabei waren die Beweise für die Anklagepunkte der Demokraten – „Machtmissbrauch" und „Behinderung der Ermittlungen des Kongresses" erdrückend. Eine Reihe enger Mitarbeiter Trumps bis hin zum ehemaligen nationalen Sicherheitsberater John Bolton hatten die zentrale Anschuldigung untermauert: Der Präsident setzte seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj unter Druck, um sich innenpolitische Vorteile zu verschaffen. Die dringend benötigte Militärhilfe über knapp 400 Millionen Dollar soll es erst geben, wenn Kiew Korruptionsvorwürfe gegen Trumps demokratischen Konkurrenten Joe Biden und dessen Sohn Hunter untersucht, so der Tenor. Hinzu kommen die Zurückhaltung von Dokumenten und der Maulkorberlass für Mitglieder der Administration.
Dass der Kongress der Befragung von weiteren Zeugen einen Riegel vorgeschoben hat, ist ein Armutszeugnis. Zumindest für diejenigen, die an die sich gegenseitig kontrollierenden demokratischen Institutionen in Amerika – die „checks and balances" – glauben. Keiner verkörpert die politisch-moralische Bankrotterklärung mehr als der republikanische Senator Lamar Alexander aus dem Bundesstaat Tennessee. Trumps Vorgehen sei zwar „unangemessen", aber es reiche nicht für eine Amtsenthebung, behauptete er. Und: „Wenn dieses flache, hastige und völlig parteiische Impeachment Erfolg haben sollte, würde dies das Land auseinanderreißen und Benzin ins Feuer kultureller Spaltungen gießen, die bereits existieren."
Alexanders dünne Rechtfertigung zeigt, wie weit der Chef des Weißen Hauses mit seinen tagtäglichen Twitter-Kanonaden und seiner Dauer-Kampagne bereits gekommen ist. Trump hat das politische Klima aufgeheizt wie nie zuvor. Er produziert Erregungswellen und Ressentiments. Er verteufelt die politischen Gegner und entwertet jedes Gegenargument als „Hexenjagd". Der politische Diskurs, der demokratische Streit bleiben auf der Strecke.
Die Republikaner im Kongress haben sich zu Handlangern des Präsidenten gemacht. Einzelne von ihnen mögen Trump insgeheim kritisieren, doch sie halten mit ihrem Unmut hinter dem Berg. Sie haben Angst, von der Parteibasis in den sozialen Netzwerken niedergemacht zu werden, was die eigene politische Karriere gefährden würde.
Rückblende: Als inmitten des Watergate-Skandals ans Licht kam, dass Präsident Richard Nixon das Hauptquartier der Demokraten abhören ließ, wurde er von Mitgliedern seiner Partei 1974 zum Rücktritt gedrängt. Heute bekäme der Amtsinhaber von seinen Leuten vermutlich einen Freifahrtschein.
In der Trump-Ära hat sich eine anti-demokratische Unwucht bei den US-Institutionen eingeschlichen. Ausführende und gesetzgebende Gewalt sind durch die Dominanz des Präsidenten auf Linie getrimmt. Im Verfassungsgericht haben mittlerweile konservative Richter die Mehrheit, die auf Jahrzehnte hin Recht im Sinne der Republikaner sprechen können. Einzig in der Presse bilden kritische Medien wie „New York Times" oder „Washington Post" – von Trump bezeichnenderweise als „fake news" beschimpft – ein Gegengewicht.
Die oppositionellen Demokraten wollen bei den am vergangenen Montag im Bundesstaat Iowa gestarteten Vorwahlen Trumps Herausforderer küren. Die Sehnsucht, den verhassten Staatschef aus dem Weißen Haus zu vertreiben, ist groß wie nie. Der Kandidat – oder die Kandidatin – wird nur Erfolg haben, wenn ihm die Quadratur des Kreises gelingt: Er muss die eigene Basis elektrisieren und gleichzeitig vom Präsidenten enttäuschte Wähler in der Mitte ansprechen. Egal ob Joe Biden, Bernie Sanders, Pete Buttigieg oder Elizabeth Warren: Jeder von ihnen kann entweder das eine oder das andere. Ein Anti-Trump ist bislang nicht in Sicht.