Normalerweise liebe ich es, an dieser Stelle mit Sprichwörtern zu spielen. Nur: Was ist derzeit noch normal? Leben wir nicht seit Thüringen in einer anderen Republik? Mal abgesehen von all den Fragen, denen wir auch in unserem Titelthema nachgehen: Eine neue Zeitrechnung „Seit Thüringen" wäre dann doch übertrieben. Immerhin wird sich jetzt niemand vernünftigerweise weiter darum drücken können, dass wir grundlegende Fragen dieser Republik zu beantworten haben.
Das gilt auch für uns im Saarland. Man mag zu AKK stehen, wie man will – und eine Zufallsumfrage unseres Magazins noch vor dem Thüringen-Desaster hat eher kritische Stimmen zutage gefördert – zumindest als Verteidigungsministerin, die sie bleiben will, hat sie die Zitterpartie um die HIL beendet und die Idee zur Nordsaarlandstrasse neu belebt.
Das aber wird die grundlegenden Herausforderungen des Landes nicht lösen. Dabei geben die Botschaften vom letzten Wochenende Anlass zu ernster Besorgnis. Beigetragen haben dazu Vertreter der poltiischen Bundesprominenz.
Ralph Brinkhaus, einflussreicher Chef der Unions-Bundestagsfraktion, hatte sich zwar eigens ins Land bemüht, auf Geschenke an die kommunalen Gastgeber aber verzichtet.
Altschuldenlösung für Kommunen wäre ein ähnlich vertracktes Unterfangen wie weiland die Neuregelung der Länderfinanzbeziehungen, somit nach allgemeinem Verständnis nur in Groko-Zeiten lösbar. SPD-Finanzminister Olaf Scholz hat Bereitschaft signalisiert, allein ist unklar, bei wem man derzeit auf Unionsseite Druck aufbauen könnte. Ähnlich ist die Lage in Sachen Stahl. Die dringend geforderte Unterstützung auf dem Weg zu klimaneutraler Stahlproduktion hängt in der Luft, auch wenn Wirtschaftsminister Peter Altmaier betont, an ihm hänge es nicht.
Es ist noch nicht allzu lange her, als sich bange Blicke auf den Zustand der SPD richteten. Ein damals befürchteter Koalitionsbruch hätte abrupt solche Entscheidungen in noch größere Ferne gerückt, als sie es ohnehin sind. Zwei Monate später befeuert der Zustand der CDU dieselbe Befürchtung.
So banal es klingt, so richtig bleibt es: Menschen in den Kommunen und Unternehmen, die investieren sollen und wollen, auch und gerade in eine klimafreundliche Zukunft, brauchen schlicht klare Entscheidungen über Rahmenbedingungen. Für ermüdende Politcastings und Neuwahldebatten sind die Zeiten zu ernst.