Damit ältere Menschen, Schüler und andere IT-Einsteiger die digitale Welt ohne Helfer nutzen können, versorgt der französische Hersteller Ordissimo jetzt auch den deutschen Markt mit selbsterklärenden Computern und Smartphones.
Ganz einfach, stabil und sicher sollen Personal Computer (PC) und internetfähige, mobile Telefone sein, die das französische Unternehmen „Ordissimo" im 18. Jahr seines Bestehens jetzt auch verstärkt auf den deutschen Markt bringt. Die nach Unternehmensangaben „unkompliziertesten Computer der Welt" sollen vor allem Senioren ohne Barrieren den Zugang in die Welt smarter Anwendungen ermöglichen. Zehn Millionen Deutsche hätten bislang keinen PC. Deshalb sagt Doris Hess vom infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft in Bonn, dass mehr älteren Menschen der Zugang zur digitalen Welt ermöglicht werden müsse: „Die digitale Vernetzung ist ein wichtiger Schritt, um Ältere vor Einsamkeit und Isolation zu schützen".
Tradition und Technik vereint die „Marmeladen-Oma", eine 87-jährige YouTuberin, die im Internet Märchen erzählt, um Menschen glücklich zu machen. Doch alleine würde die „Influencerin" ihren Traum nicht leben können. Ihr Enkel filmt Oma Helga, während sie die überlieferten Geschichten vorliest, die schon viele Generationen faszinierten. Diese Videos stellt der Teenager ins Netz und ebnet seiner Großmutter so den Weg zu mittlerweile 220.000 Abonnenten. Eine digitale Erfolgsstory, sogar mit Geborgenheits-Ambiente.
Andererseits empfindet nur jeder dritte Deutsche jenseits von 60 Jahren das Internet als sicher. „In Deutschland fühlen sich zwölf Millionen Menschen abgehängt", erzählt Benjamin Kolkhoff von der Ordissimo-Öffentlichkeitsarbeit am Stand auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin, wo viele stehenbleiben, da die eingängigen Displays ins Auge fallen. Kolkhoff berichtet indes weiter von den neuen Studien: „Diese zwölf Millionen kommen nicht hinterher mit technischen Neuerungen und fühlen sich ein bisschen ausgeschlossen".
Eine Taste, eine Funktion
Die Nachfrage nach Geräten, die einfach bedienbar sind, sei auch hierzulande da, sagt Kolkhoff. Die Ordissimo-Lösung: „Mit einem Knopf fährt man hoch, mit einem Knopf fährt man runter". Das bedeutet, dass der IT-Starter den PC mit einem einzigen Knopfdruck einschaltet und ohne Umwege ins Internet, zum Briefe-Schreiben oder zu Skype-Gesprächen, bei denen man seinen Lieben überall auf der Welt live in die Gesichter sieht, klickt. Auch Online-Terminvereinbarungen bei den Behörden sind kein Problem mehr. Keine „Affengriffe" mit verschränkten Fingern, um bei E-Mail-Adressen ein „@" einzufügen. Kein Rätselraten, was sich hinter irgendwelchen Funktionstasten verbirgt. Lediglich einmal mit dem Mauszeiger klicken oder eine Taste drücken, und schon erfüllen sich Wünsche ans Web und die digitale Welt – etwa Zeitvertreib mit Gesellschaftsspielen und Familienvideos. Verliert der Nutzer die Orientierung, findet er mit dem Nachhause-Knopf den Weg zum Ausgangspunkt zurück.
Der Reiz der unkomplizierten Computer aus Frankreich liegt in ihrer klaren Optik sowie in einem Linux-Betriebssystem, das virensicher und stabil sein soll. Im Ordissimo-System sind 50 Programme vorinstalliert, wenige sind von Anfang an auf dem Display sichtbar. Programmzeitschrift oder Telefonbuch werden schnell hinzugefügt – sofern gewünscht.
„Wir haben uns bei den Laptops darauf konzentriert, eine sehr einfache und übersichtliche Tastatur zu entwickeln", sagt Christophe Berly, einer der drei Gründer von Ordissimo, dessen Eltern zwar einen Computer hatten, aber nur dann nutzten, wenn Berly sie als Student immer wieder dabei unterstützte. Zusammen mit Brice Delmotte und Alexandre Vielle gründete er deshalb im August 2002 unter dem anfänglichen Namen „Substantiel" eine Firma, die den ersten Computer für IT-Unerfahrene jeden Alters konzipierte. Nach zweieinhalb Jahren Entwicklungszeit brachten die drei Technik-Vereinfacher das erste Ordissimo-Modell auf den Markt.
Deren aktuelle Nachfolger sollen nun auch in Deutschland bei Euronics, Expert und verschiedenen Fachhändlern nicht nur die Generation 60plus, sondern sogar Freiberufler ansprechen, die sich für ihre Verwaltung, Briefwechsel und Erledigungen klar erkennbare Symbole und Tasten sowie ein System ohne IT-Kauderwelsch wünschen. Etwa für „Kalkulation", „E-Mails empfangen", „E-Mails senden", „Suchen im Internet", „Meine Fotos" oder „Schreiben". „Jedes Zeichen hat seine eigene Taste, und alle wichtigen Funktionen sind mit einem Klick erreichbar", beschreibt Berly die Geräte, von denen das Unternehmen vor allem in Frankreich seit seinem Start jährlich etwa 10.000 Stück verkauft. Der Bekanntheitsgrad der Ordissimo-PCs liegt im Land des „Savoir vivre" bei 90 Prozent, glaubt man den Herstellern.
Auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin zeigte Ordissimo einen leichten Laptop namens „Agathe" im Alu-Design, mit einem 14-Zoll-Full-HD-Bildschirm (399 Euro) für unterwegs. Zuhause passt die etwas größere „Sarah" (499 Euro) mit 15-Zoll-Display und vielerlei Anschlüssen, um beispielsweise schnell Fotos aufzuspielen, und einer 128-GB-SSD-Festplatte, die einiges an Inhalt verträgt. Für erkundungshungrige Computer-Einsteiger gibt es den Laptop „Laura", dessen angenehm großer 17-Zoll-HD+-Bildschirm den Augen mit seiner Bildschärfe gut tut. Alle Texte und Bilder lassen sich auf den Ordissimo-Geräten zoomen, also interessante Details heranholen, vergrößern und besser lesen.
„Eine neue Tür hat sich geöffnet"
Noch augenfreundlicher als „Laura" ist ein Alles-in-Einem-PC (599 Euro) für daheim oder das Büro, der mit fast 24 Zoll als platzsparender Smart TV mitdienen kann. Das heißt, die Nutzer schalten beispielsweise ARD- und ZDF-Mediatheken, Netflix und andere Streaming-Dienste mit einem Klick aufs entsprechende App-Symbol ganz ohne Fernbedienung an und aus und schauen Filme oder Serien. Lästige Verwaltung und Organisation, selbst die Steuererklärung, lassen sich mit so einem Bildschirm-PC, der Festplatte, Prozessor und weitere Technik unauffällig eingebaut hat, gut und ohne PC-Nervereien erledigen.
Die Marmeladen-Oma sitzt seit dem Sommer vor einem eigenen Laptop: „Mein erster Computer!". Ihr Enkel hat den Ordissimo mit ihr ausgepackt, und Helga, die auf einem Bauernhof aufgewachsen und sehr an Büchern interessiert ist, selbst ausprobieren lassen. Die 87-Jährige liest die Bezeichnungen auf Tasten und Bildschirm-Symbolen, wagt sich schließlich ins Internet. Sie tippt einen Namen ein, verrät: „Hans Christian Andersen: Von diesem Märchenerzähler möchte ich alles erfahren". Die alte Dame ist begeistert, welche Informationsvielfalt sich ihr auftut. Der YouTube-Zuschauer nimmt es ihr ab, wenn sie sagt: „„Herrlich, ich bin ganz glücklich, dieser Apparat macht mich glücklich. Ich glaube, dass ich meine große Scheu vor der Technik damit verlieren werde".
Auf Anregung ihres Enkels fügt die „Marmeladen-Oma" weitere Anwendungen hinzu. So auch: „das Wetter". Ihr Kommentar, als tatsächlich – ganz ohne Tagesschau – ein Wetterbericht vor ihren Augen steht: „Wahnsinn". Tippen, klicken, vieles rückt ganz schnell in greifbare Nähe. „Eine neue Tür hat sich für mich geöffnet", strahlt die medienkompetente Märchen-Vorleserin.
Denn sie kann jetzt auch ohne einen jugendlichen Berater jederzeit ins weltweite Netz „www" gehen. Unerwünschtes dürfte nicht passieren. Sobald der Nutzer die Aus-Taste drückt, beendet der Linux-PC manuell die offenen Programme, sichert zuvor das Geschehen und fragt beispielsweise, ob nicht gesendete E-Mails noch weiter verwertet werden sollen. Eine weitere Erleichterung bahnt sich für alle an, die trotzdem gerne nachfragen, die schlecht sehen oder Probleme beim Tippen haben: „Intuitiv mit dem Computer sprechen, Diktierfunktion und solche Geschichten sind gerade in der Entwicklung", berichtet Kolkhoff. „Da geht die Reise auf jeden Fall hin."