Seit sechs Jahren betreibt Gabi Neufang in Orscholz die „Weinpost". Ihre gutbürgerliche Küche mit Anspruch ist vor allem bei Einheimischen sehr beliebt und ihr Lokal entsprechend meist gut besucht.
Die Saarschleife ist weit über die Grenzen unseres Bundeslandes hinaus bekannt. Fast jeder Saarländer war mindestens einmal dort und hat von der Cloef, dem felsigen Aussichtspunkt, auf das Naturwahrzeichen geblickt oder den genialen Rundumblick vom mehr als 40 Meter hohen Aussichtsturm am Ende des Baumwipfelpfads genossen.
Ein paar Tage vor unserem Besuch in dieser herrlichen Kulturlandschaft traf ich in der Saarbrücker Altstadt einen langjährigen Wegbegleiter: Klaus Klein. Er war in seinen letzten Berufsjahren Chefkoch in der Rehaklinik in Orscholz, dem heilklimatischen Kurort in der Gemeinde Mettlach. Er schlug mir vor, gemeinsam mal die dortige „Weinpost" zu besuchen. Das Restaurant liegt neben der Dorfkirche und ist sehr beliebt bei den Einheimischen. Es ist ein mit viel Liebe zum Detail eingerichtetes Lokal mit einem ganz besonderen Charme. Küchenchefin Gabi Neufang hat den Betrieb aufgebaut. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Ehemann Günther Neufang. Er kümmert sich um vieles, beispielsweise um den Weineinkauf. Als ich ankam, war er gerade dabei, am Haus Schilder aufzuhängen, denn das Haus veranstaltete sein beliebtes „Internationales Cordon bleu- und Schnitzelfestival". Freunde eines gepflegten Schnitzels finden auf dieser Karte Kreationen aus der ganzen Welt – von Hawaii über Italien, Frankreich, Griechenland, Norwegen, Indien bis hin zu deutschen Varianten.
Schon kurz nach 18 Uhr ist das Restaurant zur Hälfte gefüllt, eine Stunde später gibt es kaum noch einen freien Platz. Bon um Bon geht über die Theke, doch trotz des regen Betriebs nimmt sich Gabi Neufang Zeit für ein Gespräch. Sie stammt aus Orscholz und hat vor sechs Jahren die „Weinpost" übernommen. Der Name ist schnell erklärt, denn bis zu ihrer Übernahme befanden sich in den Räumlichkeiten ein Lokal und eine Postfiliale. Eine Postfiliale wollte sie nicht, heute befindet sich daher hier nur noch ein Speiselokal.
Neufang legt Wert auf Produkte der Region
Neufangs Anspruch ist eine gutbürgerliche bis gehobene Küche. Dazu veranstaltet sie immer wieder unterschiedliche Aktionen wie eben das „Internationale Cordon bleu- und Schnitzelfestival". Zudem gibt es eine wechselnde Wochenkarte mit unterschiedlichen Fisch- und Fleischgerichten. Zum Kochen kam Neufang, die großen Wert auf regionale Produkte und Rezepte legt, eher zufällig, wie sie erzählt: „Mein Sohn ist gelernter Koch und war vor etwa zwölf Jahren im „Atrium" hier in Orscholz Küchenchef. An Weihnachten fiel ihm einmal ein Koch aus, und er bat mich, dass ich einspringe. So kam ich in die Küche. Das hat mir so viel Freude bereitet, dass ich bis heute diesen Beruf liebe."
Die Karte bietet sechs Vorspeisen, vier Gerichte finde ich unter der Überschrift „Vegetarisch und Vegan". Es gibt eine Kinderkarte, kalte Küche und kleine Snacks. Dazu einige Pastagerichte, bunte Salate mit Körnern und Fischkreationen. Freunde eines schönen Stücks Fleisch finden eine Auswahl vom Schwein, Kalb, Geflügel und Rind. Wir saßen zu viert am Tisch und ließen uns zunächst sechs Weinbergschnecken mit Kräuterbutter, geräucherten Lachs auf Kartoffelrösti mit Honig und Senfsauce und mit Honig überbackenen Ziegenkäse an Salatbouquet, Birnen und Walnüssen kommen. Als Hauptgänge entschieden wir uns für Schnitzel „Sächsisch" mit Schinken, Sauce hollandaise und Käse, Cordon bleu französisch, mit Camembert und Preiselbeeren, Rumpsteak Madagaskar mit Pfeffersauce und den Salatteller „Weide und Meer" mit Roastbeefstreifen und Garnelen. Als Dessert Schokoladenkuchen mit Himbeereis und Sahne.
Hier geht niemand hungrig raus
Um es vorweg zu nehmen: Die Portionen sind riesengroß, und alles ist frisch gekocht. Ich hätte mich auch mit einer Vorspeise begnügt, denn die Vorspeisen hier sind so groß wie Hauptgänge. Gabi Neufang meint es gut mit ihren Gästen, hier verlässt niemand hungrig das Haus. Und dieses Konzept kommt an, denn im Schatten der Dorfkirche treffen sich wie eingangs erwähnt vor allem Einheimische, die auf Gabis Küche schwören. Ich hab von allen Gerichten probiert, die wir bestellt haben, und muss sagen: Der Erfolg ist verständlich. Alles ist geschmackvoll gekocht, der selbst gebackene Schokoladenkuchen war nicht nur für mich das Sahnehäubchen. Für viele ist die Region mit ihrer weiten und hügeligen Gaulandschaft ein ideales Urlaubsparadies. In dieser Ecke unseres Bundeslandes befindet sich auch die Viezstraße. Sie verläuft von Norden her über Konz und zieht sich bis nach Wallerfangen im Süden.
Viez gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen, von süß bis herb, gewonnen aus den Früchten der zahlreichen Streuobstwiesen. Er ist ein erfrischendes Getränk, vergoren mit den kleinwüchsigen Äpfeln. Er hat einen Alkoholgehalt von etwa fünf bis sieben Prozent und wird in dieser Gegend gern auch als Ersatz für ein Bier getrunken. Den Viez haben die Römer hierher gebracht, sein Name entstand als Vice-Vinum, anstelle von Wein. Natürlich findet auch er sich auf der Karte.
Die Weinkarte bietet weit mehr als die üblichen Verdächtigen
Wer wie ich auch gern einen guten Wein genießt, wird ebenfalls fündig. Die Karte bietet 49 unterschiedliche Tropfen. Fast alle Weißweine stammen aus dem Dreiländereck Luxemburg, Frankreich und Deutschland. Bei den Rotweinen schwört Gabi Neufang auf französische Kreszenzen. Eine Weinkarte zum Schmökern und entdecken, und eine, auf die man sich einlassen muss. Weit weg von den üblichen Verdächtigen, die man fast überall findet. Aber wer sucht, wird hier auch den richtigen Tropfen finden. Natürlich kann man auch fragen, die freundlichen und kompetenten Mitarbeiterinnen helfen gern weiter.