Seit mehr als 175 Jahren mahnen und warnen Wissenschaftler nun schon vor den Folgen des menschengemachten Klimawandels. Doch ihre Erkenntnisse wurden entweder bezweifelt oder von den gesellschaftlichen Entscheidungsträgern weltweit zu lange ignoriert.
Schon Philosophen wie Anaxagoras oder Aristoteles haben sich in der griechischen Antike mit Fragen rund ums Klima befasst. Als eigentlicher Begründer einer wissenschaftlichen Klimatologie, die es sich interdisziplinär zum Ziel gesetzt hat, die Gesetzmäßigkeiten des Klimas zu erkunden, gilt der gemeinhin als letzter Universalgelehrter der Menschheitsgeschichte angesehene Alexander von Humboldt (1769–1859). In Zeiten, da rauchende Schlote im Zuge der beginnenden Industrialisierung als Zeichen des Fortschritts gefeiert wurden, machte Humboldt auf „alle Veränderungen der Atmosphäre, die unsere Organe merklich afficieren" aufmerksam, ohne jedoch die Zusammenhänge der verschiedenen Klimaelemente mathematisch darstellen oder Prognosen über mögliche Klimaentwicklungen erstellen zu können. Der preußische Gelehrte sprach aber damals bereits von „mehr oder minder schädlichen gasförmigen Exhalationen". Darunter subsumierte er auch schon das Kohlenstoffdioxid (CO2), ohne diesem jedoch eine fatale Wirkung als Treibhausgas zuschreiben zu können. Der natürliche Treibhauseffekt, den Humboldt ganz korrekt als „Wärmestrahlung der Erdoberfläche gegen das Himmelsgewölbe" erklärt hatte, war ihm dank der Vorarbeiten des französischen Mathematikers und Physikers Joseph Fourier (1768–1830) und möglicherweise auch der amerikanischen Forscherin Eunice Foote (1819–1888), einer Pionierin der Atmosphärenchemie, bekannt.
In Humboldts Todesjahr 1859 gelang dem irischen Naturforscher John Tyndall (1820–1893) der Nachweis, dass CO2 ein zentrales Treibhausgas ist und als solches Wärmestrahlung stark absorbieren kann. Tyndall zog daraus den Schluss, dass die Wärme des Planeten von der Konzentration der Treibhausgase abhängen muss. Je größere Mengen davon in der Atmosphäre vorhanden seien, desto höher werde die Temperatur ansteigen.
Der CO₂-Anstieg war schon früh bekannt
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts stellte sich der schwedische Physiker und Chemiker Svante Arrhenius (1859–1927) die Aufgabe herauszufinden, wie sich die Temperatur auf der Erde verändern würde, wenn die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre durch anthropogene Einflüsse weiter steigen würde. Aufgrund komplizierter Rechenmodelle prognostizierte der schwedische Forscher einen globalen Temperaturanstieg von fünf bis sechs Grad Celsius, sofern sich künftig die Konzentration von CO2 in der Erdatmosphäre verdoppeln würde. Damit legte Arrhenius die erste einigermaßen seriöse Schätzung zu den Folgen des Treibhausgas-Ausstoßes vor. Er ging jedoch davon aus, dass ein solcher Kohlendioxid-Zuwachs sich erst im Laufe von Tausenden von Jahren einstellen würde. Außerdem vertrat man damals noch mehrheitlich in der Wissenschaft die These, dass die Ozeane den Großteil der zusätzlichen CO2-Emissionen problemlos würden aufnehmen können. Dank der Quantenphysik-Forschungen von Max Planck (1858–1947) wurde Anfang des 20. Jahrhunderts auch der Treibhauseffekt komplett verstanden, wonach das Kohlendioxid in der Atmosphäre die von der Erde ausgehende Wärmestrahlung aufnimmt und einen Teil davon postwendend in die umgekehrte Richtung zur Erdoberfläche und diese dabei erwärmend zurückschickt. Dennoch wurden die frühen klimatologischen Erkenntnisse, vor allem die Hypothese vom Treibhauseffekt durch Kohlendioxid, und die Prognosen von Arrhenius in der Folgezeit weitgehend ignoriert. Nicht zuletzt deshalb, weil man es für unmöglich hielt, in der Atmosphäre ablaufende Prozesse von der Erde aus tatsächlich beeinflussen zu können und man eisern an der Idee festhielt, dass das globale Klimasystem schon in irgendeiner Form sein natürliches Gleichgewicht behaupten werde. Immerhin hatte man seit Mitte des 19. Jahrhunderts damit begonnen, ein globales Netz von Messstationen aufzubauen, deren gesammelte Daten der späteren Klimaforschung nützliche Dienste erweisen und kurzfristig die Erstellung erster Wetterkarten ermöglichen sollten.
1931 wagte der amerikanische Geophysiker Edward Olson Hulburt (1890–1982) eine Wiederbelegung der Arrhenius-Thesen-Diskussion und verkündete seinerseits einen Temperaturanstieg von vier Grad Celsius bei einer Verdoppelung des Kohlendioxid-Gehalts in der Atmosphäre. Sieben Jahre später konnte der englische Dampftechnik-Ingenieur und Hobby-Meteorologe Guy Stewart Callendar (1898–1964) erstmals exakt anhand von Messdaten nachweisen, dass der Mensch tatsächlich das Klima verändert hatte und für einen Temperaturanstieg verantwortlich war. Eigentlich war seine Studie mit dem Titel „Die künstliche Produktion von Kohlendioxid und ihr Einfluss auf die Temperatur" eine wissenschaftliche Sensation. Doch ihre Haupterkenntnisse, dass sich die Oberflächentemperatur der Erde zwischen 1890 und 1935 um etwa 0,3 Grad erwärmt und dass sich der CO2-Gehalt in der Atmosphäre in diesen knapp 50 Jahren um rund zehn Prozent erhöht hatte, wurden schlicht und einfach von den führenden Wissenschaftlern seiner Zeit als unfundiert zurückgewiesen. Dabei hatte sich Callendar die Mühe gemacht, aufwendig die Daten von rund 150 Messstationen weltweit auszuwerten. Für Callendar war der Temperaturanstieg so signifikant hoch, dass für ihn dafür einzig der vom Menschen verursachte CO2-Anstieg samt Befeuerung des Treibhauseffekts verantwortlich sein konnte.
Die internationale Wissenschafts-Gemeinschaft sah das allerdings ganz anders, wie eine Stellungnahme der Amerikanischen Gesellschaft für Meteorologie 1951 belegen konnte: „In den letzten 100 Jahren hat das Verbrennen von Kohle den CO2-Gehalt … messbar ansteigen lassen, und Callendar sieht darin eine Erklärung für den jüngsten Temperaturanstieg. Doch in den letzten 7.000 Jahren gab es größere Fluktuationen der Temperatur ohne Einfluss des Menschen, und so scheint es keinen Grund zu geben, im kürzlichen Anstieg mehr als einen Zufall zu sehen." Immerhin hatte der renommierte deutsche Meteorologe Hermann Flohn (1912–1997) in seiner Habilitation 1941 den menschengemachten Klimawandel als Faktum akzeptiert: „Damit wird aber die Tätigkeit des Menschen zur Ursache einer erdumspannenden Klimaänderung, deren zukünftige Bedeutung niemand ahnen kann."
Auf politischer Ebene geschah lange Zeit nichts
Erst gut 20 Jahre nach Callendar sollte sich die Wissenschaft mit dem sogenannten Callendar-Effekt genauer auseinandersetzen – und zwar in Person des jungen amerikanischen Postdoktoranden und späteren Klimaforschers Charles David Keeling (1928–2005). Er hatte erkannt, dass eine möglichst genaue CO2-Messung nur fernab jeglicher zivilisatorischer Einflüsse möglich sein konnte. Er sammelte daher ab 1958 Daten von einer Messstation auf dem über 4.000 Meter hohen Mauna-Loa-Vulkan auf Hawaii. Schon nach wenigen Jahren konnte Keeling eindeutig beweisen, dass der atmosphärische CO2-Gehalt anstieg. Die Messungen werden bis heute fortgeführt, die dazugehörige Messreihe wird als Keeling-Kurve bezeichnet. Spätestens seit Keeling war es seriöserweise nicht mehr möglich, den Klimawandel als Hirngespinst abzutun. Ganz im Gegenteil lösten Keelings Erkenntnisse eine Flut von wissenschaftlichen Publikationen aus. Die moderne Klimaforschung hatte begonnen. Etwa zeitgleich zu Keeling konnten der amerikanische Klimatologe Roger Revelle (1909–1991) und der gebürtige österreichische Kernphysiker Hans E. Suess (1909–1993) 1957 die alte These kippen, wonach die Ozeane die zusätzlichen CO2-Mengen aufzunehmen vermochten. Ihnen gelang der Nachweis, dass ein beträchtlicher Anteil des Kohlendioxids aus der Nutzung fossiler Brennstoffe in der Atmosphäre angereichert wird.
Nachdem sich der norwegische Physiker und Meteorologe Vilhelm Bjerknes (1862–1951) und der britische Meteorologe Lewis Fry Richardson (1881–1953) schon mal frühzeitig an der Erstellung einfacher Klimamodelle versucht hatten, gelang dem gebürtigen japanischen Klimaforscher Syukuro Manabe (geboren 1931) dank des beginnenden Computer-Zeitalters 1967 erstmals die Entwicklung eines modernen Klimamodells, das allgemein als realistisch akzeptiert wurde und mit dessen Hilfe er für eine Verdoppelung der atmosphärischen CO2-Konzentration einen Temperaturanstieg von rund 2,3 Grad prognostizierte. 1970 publizierte ein internationales Forscherteam rund um das Massachusetts Institute of Technology die „Study of Man’s Impact on Climate", in der die Emission bestimmter Gase, vor allem von CO2, als mögliche Ursache einer Klimaveränderung bezeichnet wurde. Die Vereinten Nationen folgten den Empfehlungen der Studie, die Klimaforschung zu intensivieren. Folge war die erste Welt-Umweltkonferenz in Stockholm 1972. Auf der ersten Weltklimakonferenz in Genf 1979 wurde für die letzten 100 Jahre ein Anstieg des atmosphärischen CO2-Gehalts um 15 Prozent konstatiert und ein momentanes jährliches Wachstum von 0,4 Prozent.
Trotz aufsehenerregender Forschungen von Wissenschaftlern wie Edward N. Lorenz (1917–2008), Michail Budyko (1920–2001), Claude Lorius (geboren 1932) oder James E. Hansen (geboren 1941) geschah auf politischer Ebene zunächst wenig, wenn man von der Gründung des Genfer Weltklimarats IPCC 1988 mal absieht. Im Auftrag der zwischenstaatlichen Organisation erstellen internationale Experten regelmäßig umfassende Berichte zum Klimawandel. In ihrem ersten Sachstandbericht 1990 regte das IPCC dann auch gleich an, künftig alternative Energiequellen zu nutzen, die keine Treibhausgase emittieren. Das nahm die Öl- und Kohlelobby zum Anlass, die Globale Climate Coalition zu gründen mit dem Ziel, bindende Emissionsvorschriften zu verhindern und durch Werbekampagnen den Klimawandel anzuzweifeln. Auf der Welt-Umweltkonferenz in Rio de Janeiro 1992 wurde internationaler Klimaschutz erstmals als eigenständiges Politikfeld im Rahmen der UN verankert. Aber erst im 1997 verabschiedeten Kyoto-Protokoll kam man mit definierten Zielwerten für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern über reine Absichtserklärungen hinaus. Wichtige Länder wie die USA haben das Protokoll aber nicht ratifiziert.
Ob die Vorgabe des Pariser Klimaabkommens von 2015, die menschengemachte globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu beschränken eingehalten wird, ist mehr als ungewiss. Diese Toleranzgrenze wurde bereits 1977 vom amerikanischen Ökonomen William D. Nordhaus (geboren 1941) formuliert. Die renommierte amerikanische Atmosphärenchemikerin Susan Salomon (geboren 1956) hat herausgefunden, dass die globale Erwärmung auch dann noch weiter voranschreiten wird, sollte der Ausstoß von Treibhausgasen tatsächlich gestoppt werden können. Grund hierfür ist der langsame Abbau von CO2, der Jahrhunderte andauert. Der neueste Stand der Klimaforschung lässt sich aus dem letzten IPCC-Sonderbericht aus dem Jahr 2018 ablesen: Sollte sich nichts Grundlegendes ändern, wird sich die Temperatur zwischen 2030 und 2052 wahrscheinlich um 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erhöhen. Um die Erwärmung tatsächlich auf 1,5 Grad begrenzen zu können, müssten allerdings die Treibhausgasemissionen bis etwa 2050 netto auf null sinken und danach negativ werden, was nur durch Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre realisiert werden kann.