Handballer Yves Kunkel von der MT Melsungen erwartet mit Ehefrau Selina das erste Kind und hat sich eine Wohnung gekauft. Als Familienvater strebt der Saarländer nun eine Rückkehr in die Nationalmannschaft an. Dort gilt wie im Verein: neuer Trainer, neues Glück?
Bei Handballprofi Yves Kunkel von der MT Melsungen und seiner Ehefrau Selina läuft es rund. Vor allem neben dem Feld. Im Sommer 2019 haben die beiden geheiratet, im Juni erwarten sie ihr erstes gemeinsames Kind. „Es hat auf Anhieb alles gut gepasst, und dann ging alles ganz schnell", sagt der U18- und U20-Europameister sowie U19-Vizeweltmeister aus Völklingen, der seit 2018 und noch bis 2022 bei Bundesligist MT Melsungen unter Vertrag steht. 2016 hatte sich das Paar im Saarland kennengelernt, Kunkel trug damals noch das Trikot der HBW Balingen-Weilstetten, Selina war damals als Handballerin in Ottweiler aktiv.
Ganz schnell ging es gerade auch bei seinem Verein. Nach einer sportlich bis vor Kurzem ganz guten Runde, die Anfang Februar mit dem 33:30-Sieg bei den Rhein-Neckar Löwen in Mannheim ihren vorzeitigen Höhepunkt hatte, folgte eine Flaute. Viermal in Folge blieb Melsungen sieglos und rutschte aus den Europapokal-Rängen. Die Konsequenz: Trainer Heiko Grimm, dessen eigentlicher Vertrag noch bis zum 30. Juni 2021 läuft, wurde am 25. Februar freigestellt. Bis ein geeigneter Kandidat gefunden ist, wird Grimms bisheriger Assistent Arjan Haenen und gegebenenfalls ein erfahrener MT-Spieler das Training leiten, teilt der Verein mit. „Menschlich ist das natürlich schade, weil ich mit dem Trainer lange zusammengearbeitet habe und mich gut mit ihm verstanden habe", sagt Kunkel und ergänzt: „Ich hoffe, dass mit dem neuen Trainer ein entscheidender Impuls kommt. Das könnten wir in der jetzigen Phase gut gebrauchen." Der Meinung ist auch MT-Vorstand Axel Geerken: „Wir haben bislang in dieser Saison kein konstantes Leistungsniveau erreicht, mussten nach Hochphasen immer wieder unerklärliche Ausreißer nach unten beklagen. Die derzeitige Zwischenbilanz in der Liga passt einfach nicht zum Potenzial, das diese Mannschaft aufgrund ihrer Besetzung hat." In der Woche vor der Freistellung sei intensiv kommuniziert worden und eine mit dem Trainer abgestimmte „Maßnahme der Karenzzeit sollte wachrütteln und zumindest tendenziell einen Hinweis auf Verbesserung liefern." Doch nach dem 25:25-Unentschieden gegen Abstiegskandidat Eulen Ludwigshafen am 23. Februar, „in dem zugegebenermaßen wichtige Spieler fehlten und einige angeschlagen waren" (Geerken), hatten Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen, diese Karenzzeit nicht auszuschöpfen.
Noch ist die MT Melsungen in allen drei Wettbewerben gut dabei: Der Rückstand auf Platz drei in der Bundesliga ist im Bereich des Machbaren, im Europapokal (EHF-Pokal) steht das Tor zum Viertelfinale noch offen und beim Rewe Final Four geht es gegen TSV Hannover-Burgdorf um den Einzug ins DHB-Pokalendspiel.
Auch in Melsungen musste der Trainer am Ende gehen
„Wir tanzen noch auf allen drei Hochzeiten und wollen überall möglichst positiv abschneiden – insbesondere wollen wir in der Liga weiter nach vorne kommen", kündigt Kunkel an und versichert: „Wir sind eine homogene Truppe, bei uns herrscht eine gute Stimmung und wir verstehen uns alle gut. Deshalb gilt es, jetzt gemeinsam aus dem Loch wieder rauszukommen und zurück in die Erfolgsspur zu finden." Gleiches hofft der 25-Jährige auch für seinen Ex-Club HG Saarlouis. Mit seinem Kumpel Peter Walz, Kreisläufer beim Drittligisten, steht er immer noch rege in Kontakt. „Ich bin immer up to date und sehr gespannt, wie es ohne Richard Jungmann weitergeht. Gegen den neuen sportlichen Leiter Mathias Ecker habe ich noch in der Jugend gespielt", sagt Kunkel.
Einen Trainerwechsel gab es jüngst auch in der Nationalmannschaft. Der gehörte Kunkel einst an und erzielte in drei Spielen sechs Tore. Doch ausgerechnet unter Christian Prokop, der Kunkel 2017 als Trainer zum SC DHfK Leipzig lotste, wurde er zuletzt nicht mehr berücksichtigt. Kurios: Unmittelbar nach Kunkels Wechsel wurde Prokop Bundestrainer. Kontakt zwischen den beiden bestand immer mal wieder, doch im Vorfeld der Europameisterschaft im Januar 2020 herrschte Funkstille. „Ich wurde nicht zu den Lehrgängen eingeladen, von daher hatte ich mir keine großen Hoffnungen gemacht und war nicht großartig enttäuscht, dass ich nicht dabei sein durfte", blickt Kunkel zurück. Deutschland schaffte nicht den erhofften Einzug ins Halbfinale und beendete die EM auf Platz fünf, was das Aus für Prokop bedeutete. „Ich fand es natürlich sehr schade, dass die Mannschaft es nicht ins Halbfinale geschafft hat. Nach so einem Spiel gegen Kroatien so knapp zu verlieren ist natürlich doppelt ärgerlich", weiß Kunkel und stellt klar: „Aber wenn man Vorrunde und Hauptrunde genauer betrachtet, muss man sagen, dass ein gutes Spiel allein einfach nicht für den Halbfinal-Einzug reicht. Dafür muss man schon konstanter sein." Auf Prokop folgte mit Alfred Gislason der erfahrene langjährige Erfolgstrainer des früheren Dauermeisters THW Kiel. „Ich bin gespannt, wie er die Mannschaft zusammenstellt. Ich denke, dass der für das nächste Olympia-Qualifikationsspiel weitestgehend unverändert bleibt", sagt Kunkel und ergänzt: „Die Mannschaft hat sich ja etwas eingespielt."
„Die Mannschaft hat sich ja eingespielt"
Wer mittelfristig sein neuer Trainer in Melsungen wird, weiß Yves Kunkel noch nicht. Fakt ist: Sein Vertrag läuft noch bis 2022 und auch die Familiengründung impliziert eine langfristige Standort-Planung. „Falls es irgendwann zu Vertragsverhandlungen kommt, werden wir das mit Sicherheit zu zweit entscheiden." Die Tatsache, dass das Ehepaar im Raum Melsungen eine Wohnung gekauft hat, soll die Verhandlungsposition der Kunkels nicht schwächen: „So eine Wohnung ist heutzutage relativ schnell vermietet", sagt Yves Kunkel und lacht. Schließlich hat er im Laufe seiner Karriere schon einige Vereinswechsel und damit verbundene Umzüge mitgemacht: Von Völklingen beziehungsweise Saarlouis nach Minden (2013 bis 2015), dann Balingen (2015 bis 2017), dann Leipzig (2017/2018) und schließlich Melsungen.