Ein junges Landwirtepaar aus Saarburg/Kahren wollte einfach nur eine gerechte Bezahlung für die erbrachte Milchleistung ihrer Kühe. Doch von der Milchwirtschaft kann heute kein Milchbauer mehr leben. Also stiegen beide aus und machen seither Käse. Mit Erfolg.
Jahrelang schoben sie die Entscheidung, wie es mit ihrem Bauernhof weitergehen sollte, vor sich her. Immer größer wurde der finanzielle Druck, immer aussichtloser die Hoffnung auf eine Preissteigerung. Bis Silke Fuchsen und ihr Mann vor einigen Jahren eine Idee hatten, die die Rettung für den Familienbetrieb bedeutete.
Rückblick: Um den Hof, den Silke Fuchsen, geborene Altenhofen, von den Eltern übernommen hatte, war es gar nicht gut bestellt. 90 Zweinutzungsrinder, sogenanntes Fleckvieh, das sowohl als Fleischrinderrasse als auch als Milchvieh beste Vermarktungsmöglichkeiten bietet, standen auf dem familiär geführten Bauernhof. Die Milchleistung der Fuchsen-Rinder befand sich auch im Jahr 2008 schon auf hohem Niveau, pro Kuh und Jahr bei etwa 9.000 Kilogramm. Das Familien- und Hofleben hätte durchaus in Harmonie fortgeführt werden können – wenn der Druck der Kosten nicht stetig gewachsen wäre. Ein kleiner bis mittelständiger landwirtschaftlicher Betrieb produziert erhebliche Festkosten. Ständige kleinere Reparaturen der Maschinen, Umbauten, Tierarztkosten und so einiges mehr belasteten die Konten der Familie. Die alljährlichen Einnahmen konnten die Verluste nicht mehr abfangen. Für einen Liter Rohmilch bekamen die Landwirte bei Mindestabgabe von 500.000 Litern pro Jahr gerade mal einen Grundpreis von 0,18 Euro. Dieser Milchpreis hielt sich bis 2016. Nötig gewesen wäre ein Preis von 35 Cent pro Liter, nicht eingerechnet der Arbeitslohn des Bauern.
Trotz Arbeit rund um die Uhr wuchs der Schuldenberg
„Schon 2007 war es Silke und mir klar, dass es so nicht weitergehen konnte", erzählt Ronny Fuchsen. „Wir arbeiteten Tag und Nacht für die Familie und den Erhalt des Hofes, aber der Schuldenberg wuchs. Irgendwann hatten wir keine Kraft mehr. Für uns beide war klar: Entweder wir und die Familie gehen dabei drauf, oder wir schmeißen alles hin, suchen uns normale Jobs und schauen, was kommt", erzählt er. „Ich arbeitete zudem in Teilzeit in einer Luxemburger Tankstelle", sagt Silke Fuchsen. „Dies ging auf Dauer nicht. Alles wurde einfach zu viel."
Dann hatten die beiden die rettende Idee. In Saarburg und der weiteren Umgebung von 70 Kilometern gab es bis dahin keine Käserei. Sie informierten sich, wie hoch der Käsekonsum in der Region ist, befragten viele Menschen im weiteren Umfeld. Alle Befragten waren begeistert von der Idee, Käse als regionales Produkt herzustellen, aus eigener Milch Landkäse in handwerklicher Qualität zu produzieren.
Das bestärkte Silke und Ronny Fuchsen in ihrem Vorhaben. Die beiden kauften einen Übersee-Container, in dem sie die ersten Käselaibe aus Kuhmilch herstellten. Beide ließen sich in größeren Käsereien ausbilden und starteten ganz neu. Nach anfänglichen kleinen Schwierigkeiten liefen die Käseproduktion und der Verkauf gut an. „Es dauerte nicht allzu lange und wir konnten mit einem Verkaufsmobil die Markttage der Umgebung in Remich, Konz, Kahren und Trier bereichern", erzählt die Käserin.
Schweren Herzens die Herde verkauft
Der Erfolg der Käserei beflügelte das Paar, sie entschieden sich zum Bau einer Käserei. Grund und Boden im Familienbesitz gab es in unmittelbarer Nähe zum Hof, und die Bank gab einen siebenstelligen Kredit. Im Winter 2014/15 begann die erste Bauphase. Im Herbst 2015 war die neue Käserei fertiggestellt. Nun stand eine weitere weitreichende Entscheidung an: Die gesamte Herde sollte verkauft werden. Die jungen Bauern schlossen mit dem Bauern des benachbarten Saargauhofs eine Abmachung: „Damit wir uns nicht gegenseitig Konkurrenz machen, schaffen wir unsere Milchkühe ab. Der Saargauhof liefert uns die benötigte Milch im Gegenzug zu erheblich besserem Preis, den die Molkereien nicht zu zahlen bereit waren. Zudem nehmen sie unser Getreide als Futtermittel ab, das auf 80 Hektar Ackerfläche unter ökologischen Bedingungen angebaut wird", erzählt Ronny Fuchsen. „Natürlich fiel es uns verdammt schwer, unsere Herde abzugeben", betont Silke Fuchsen. „Da sind wirklich viele Tränen geflossen als die Tiere verladen wurden. Wir hingen sehr an ihnen. Doch der Luxemburger Bio-Landwirt, der die komplette Herde übernommen hatte, versprach, sich bestens um die Tiere zu kümmern." Das machte den Abschied etwas leichter.
Seitdem ist einige Zeit vergangen, und die jungen Käsemacher und ihr kleines Team konzentrieren sich ganz und gar auf die Käseherstellung. Dafür verwenden die Kahrener Käser nicht nur die Milch des Saargauer Fleckviehs. Mittlerweile haben sich auch Liebhaber von Ziegenkäse gefunden, sodass sich auch die Produktion von eben jenem lohnt. Die Käserei Altfuchsen stellt zwei Varianten von Käse her. Zum einen den Hart- und Schnittkäse aus Kuhmilch, zum anderen produzieren sie einen Frischkäse Natur mit Kräutern und Chili-Datteln, die würzige Variante. Vorbereitend muss die Milch für bis zu 30 Minuten auf 62 bis 65 Grad Celsius erhitzt werden. Dabei werden die Molkeproteine in minimalem Maße denaturiert. Um die Eiweißbestandteile, das Kasein der erwärmten Milch gerinnen zu lassen, wird Kälberlab – bestehend aus den Enzymen Chymosin und Pepsin – zugeführt. Dieses stammt aus den Kälbermägen noch milchtrinkender Jungtiere.
Hart- und Frischkäse im Sortiment
Anders hingegen ist die Herstellung von Frischkäse, Sauermilchkäse. Hier werden für die Kasein-Gerinnung Milchsäurebakterien verwendet. „Wenn der Labkäse ausreichend geronnen ist", sagt Silke Fuchsen, „schneiden wir die sogenannte Dicklegung oder fachsprachlich Dickete mit einer Käseharfe. Wird ein schöner harter und fester Käse gewünscht, schneiden wir den Käsebruch in ganz kleine Stücke." Durch weiteres vorsichtiges Erhitzen, das sogenannte Brennen, zieht sich der Bruch weiter zusammen und gibt weiterhin Molke ab. So verringert sich der Wassergehalt im späteren Käse, macht ihn fester und lagerfähig. Um die typischen Käselaibe herzustellen, wird der Käsebruch in Formen gefüllt und die Masse von Hand gepresst, damit die Molke abfließen kann.
Die jungen Käselaibe dürfen anschließend ein Bad in einer 22-prozentigen Salzlake nehmen, die Wasser entzieht und die Rindenbildung vorbereitet. Auch der Geschmack des Endproduktes nimmt durch dieses Prozedere keinen Schaden. Ganz im Gegenteil, es bildet sich die Würze, die der Käse braucht. Die Käse der Käserei Altfuchshof reifen mindestens drei Monate, oftmals neun Monate bis zu einem Jahr. Bis auf Frischkäse sind alle gereiften Käse natürlicherweise laktosefrei. Viele Konsumenten wissen nicht, dass während der Käsereife Laktose, also Milchzucker, in ihre Bestandteile Galaktose und Glukose gespalten und in Milchsäure umgewandelt wird.
27 Käsevarianten hat die Käserei mittlerweile in ihrem Portfolio. Alle Kräuter, die verwendet werden, stammen aus bio-zertifiziertem und regionalem Anbau. Die Schnittkäse gibt es in den geschmacklichen Richtungen mild, würzig und würzig-geräuchert. Bockshornklee, Bärlauch und italienische Kräuter haben eine feste Fangemeinde. Kreuzkümmel, Chili, der Pfeffer-Fuchs und die Knobistange dürfen ebenfalls nicht fehlen. Daneben findet Rustikus, ein mindestens drei Monate gereifter Weichkäse nach Camembert-Art, seine Liebhaber.
Richtigen Zeitpunkt für den Umstieg gewählt
Die beiden Käsemacher experimentieren immer wieder gern. Seit Neustem gibt es einen Trüffelkäse mit schwarzem Sommertrüffel, Tuber aestivum, aus Bio-Anbau. Eine Käsespezialität für das Besondere auf einer Käseplatte. Eine weitere neue Variante ist der Rotweinkäse, der in einem Bad aus Spätburgunder Farbe und Geschmack angenommen hat. Und der „Alte Fuchs" ist ein besonderer, mehr als ein Jahr gereifter, würziger Vertreter des Saargauer, der dem Genießer auf der Zunge zergeht und nach mehr verlangt.
Bereut hat Ehepaar Fuchsen seine Entscheidung nicht. Bis 2020 haben sich die Bedingungen für die meisten Milchbauern nicht verbessert. Der Milchgrundpreis lag im Dezember 2019 bei 34 Cent obwohl mindestens 45 Cent notwendig wären – ohne den Arbeitslohn des Landwirtes.
Immer noch profitieren die Landwirte mit den größten Flächen, den größten Herden und den meisten Tieren in den Mastställen von der EU-Subvention. Viel wichtiger wäre es, kleinere Betriebe, die sich für ökologischen Anbau starkmachen, zu unterstützen. Große Betriebe setzen auf Monokulturen, die einfach zu bewirtschaften sind. Doch die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe erhalten mehr Nahrungsmittelvielfalt, setzen wahrscheinlich ein Mehr an Umweltschutz um und verhindern so möglicherweise den Niedergang der deutschen Landwirtschaft.
So bleibt das Höfesterben weiter auf dem Vormarsch. Von 2009 bis 2018 hat sich die Anzahl der Milchbetriebe erheblich verringert – Tendenz sinkend. Silke und Ronny Fuchsen haben die Zeichen der Zeit noch rechtzeitig erkannt und so wahrscheinlich den eigenen bäuerlichen Betrieb gerettet. Weiterhin wird die Bullenmast Standbein des Hofes sein, und wenn einer der beiden Söhne einmal in den Hof und die Käserei mit einsteigen sollte, hätten sie alles richtig gemacht.