Die 71. Formel-1-Saison kann ein Fest für Statistik-Fans werden. Zahlreiche Rekorde werden wackeln. Einige Bestmarken des Rekord-Weltmeisters drohen zu purzeln. FORUM erklärt, wer diese Höchstleistungen knacken kann.
Die Jagd nach Punkten, Siegen und Titeln soll es nach 21 Rennen ermöglichen, dass die Geschichts- und Statistikbücher mit neuen Rekorden umgeschrieben werden. Als Michael Schumacher sich 2004 mit seinem siebten WM-Titel zum erfolgreichsten Formel-1-Piloten der Geschichte krönte, dachte niemand daran, dass es jemals einen noch größeren Fahrer als den Deutschen geben würde. Doch nun ist Lewis Hamilton als sechsfacher Champion auf dem besten Weg, mit dem Unbesiegbaren nach Titeln gleichzuziehen – und noch mehr Schumi-Bestmarken einzustellen. Eine davon ist die Anzahl der Grand-Prix-Siege.
Mit 84:91 ist der Mercedes-Überflieger derzeit noch im Rückstand. Fährt Hamilton siebenmal als Erster über die Ziellinie, hat er die Rennsiege des Kerpeners erreicht. Kaum jemand zweifelt aber daran, dass der Brite bei gleicher Erfolgskonstanz wie 2019 auch diese Rekordmarke knacken wird. Mit durchschnittlich 10,2 Siegen pro Saison seit dem Hybridjahr 2014 wird Hamilton diese Marke 2020 übertreffen. Seine Siegquote ist bereits besser als die des Rekord-Champions: Schumacher konnte bei 307 Rennstarts 29,74 Prozent davon gewinnen, Hamilton liegt nach 250 Rennen bei einer Quote von 33,49 Prozent. Allerdings: Die meisten Siege in einer Saison feierte immer noch Schumacher. 13-mal triumphierte er 2004 im Ferrari, Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel tat es ihm 2013 gleich. Hamiltons Bestmarke liegt bislang bei elf Siegen pro Saison (2014, 2018 und 2019). 72 seiner 91 Erfolge konnte Schumacher allein mit Ferrari einfahren. Hamilton schickt sich an, auch diesen Rekord einzustellen, 63 Siege hat er bereits für Mercedes unter Dach und Fach. Beeindruckend auch: In 66 der letzten 67 Grands Prix erreichte der Brite das Ziel und kam auch in die WM-Punkte. Insgesamt in seiner Karriere hamsterte Hamilton 213-mal WM-Zähler ein, Schumacher fuhr zwischen 1992 und 2008 221-mal in die Punkte. Dieser Rekord dürfte 2020 fallen. Bei den Pole Positions hat Hamilton mit 88:68 Schumi bereits ebenfalls überholt. Zulegen muss Hamilton noch bei der Zahl der schnellsten Runden. Da führt Schumi deutlich mit 77:47. Auch bei den Podestplätzen hat der Kerpener mit 155:151 die Nase noch knapp vorn – und somit vier Pokale mehr als Hamilton. Das Weltmeister-Team kann in diesem Jahr auch den Rekord von Ferrari aus dem Jahr 2004 überbieten. Die Silberpfeile haben seit 2014 sechs Konstrukteurstitel in Folge geholt, was zuvor nur Ferrari zwischen 1999 und 2004 gelang.
Hamilton fehlen noch sieben Siege zur Bestmarke
Hatte Sebastian Vettel nur eine durchwachsene, bescheidene Saison 2019 mit einem Sieg (Singapur), so geht er dennoch mit einem – aber eher unrühmlichen – Titel in die Annalen 2019 ein. Der Ferrari-Star, der auch gegen seinen zehn Jahre jüngeren Teamkollegen Charles Leclerc unterlegen war und in fast allen Belangen den Kürzeren zog, ist ein „König" – ein Strafenkönig. Ganze sieben Strafpunkte hat der Hesse 2019 für seine Vergehen aufgebrummt bekommen: in Kanada (Hamilton abgedrängt), Großbritannien (Crash mit Max Verstappen/Red Bull) und Italien (Lance Stroll/Racing Point abgedrängt). Mit 24 Strafpunkten führt Vettel zudem die ewige Sünderkartei (seit 2014) an vor Max Verstappen (23) und Daniil Kvyat (22).
Bleiben wir bei Verstappen und seinem Team. Der Niederländer war in Ungarn der 100. Fahrer, der sich für Startplatz eins qualifiziert hat. Zuvor gewann er schon sieben Rennen. Sein Team Red Bull fertigte den fliegenden Holländer beim Brasilien-Grand Prix 2019 in einer sagenhaften Choreografie, bei der jeder Handgriff sitzen muss, in 1,82 Sekunden ab. Das bedeutet neuernReifenwechsel-Rekord. Die Rekordjagd bei den Boxenstopps begann erst mit dem Wegfall des Nachtankens 2009. In der Saison 2020 können Verstappen und Leclerc dem viermaligen Champion Vettel einen Rekord wegschnappen. Sollte einer der beiden 22-Jährigen die WM gewinnen, wäre Vettels Rekord als jüngster Weltmeister Vergangenheit. Der Heppenheimer wurde 2010 im Alter von 23 Jahren und 134 Tagen mit Red Bull erstmals Champion. Einen Rekord bei den meisten Starts hält Rubens Barrichello: Zwischen 1993 und 2011 griff der Brasilianer 323 Mal ins Lenkrad. Kimi Räikkönen kann auf 312 GP-Rennen zurückblicken. Voraussichtlich beim GP Österreich 2020 wird der „Iceman" Rubinhos Rekord brechen.
Wäre der für den 19. April geplante GP von China wegen des Coronavirus nicht vom Veranstalter abgesagt worden, hätte die Formel 1 mit 22 Rennen einen neuen Rekord aufgestellt. 2019 hat sie mit 21 WM-Läufen den Rekord von 2016 und 2018 eingestellt. Aber auch mit einem Grand Prix weniger boomt die Königsklasse. Weltweit kommt die Formel 1 auf einen Wert von 1,922 Milliarden kumulierten Zuschauern, der höchste Wert seit 2012. Das bedeutet einen Anstieg um neun Prozent gegenüber 2018. Diese Zahl definieren die Rechteinhaber Liberty Media als die Summe der durchschnittlichen Zuschauerzahl aller über das Jahr ausgestrahlten Formal-1-Fernsehprogramme. Laut Formel-1-Management war der Italien-Grand Prix mit 112 Millionen Zuschauern weltweit jenes Rennen mit dem höchsten Interesse. Auch der Grand Prix von Deutschland konnte mehr als 100 Millionen Zuschauer vor die TV-Geräte locken, wie auch Monaco und Brasilien. Die offizielle Anzahl an Vor-Ort-Publikum ist 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 Prozent erneut gestiegen. 4.164.948 Fans wurden an allen 21 Rennwochenenden insgesamt gezählt. Im Durchschnitt kamen 202.000 Fans an einem Wochenende (von Freitag bis Sonntag).
Die Königsklasse boomt nach wie vor
Gleich drei Rennen knackten die 300.000-Marke: Großbritannien (351.000), Mexiko (345.694) und Australien (324.100). Allein am Rennsonntag selbst zählte der Promoter an sechs Rennstrecken mehr als 100.000 Besucher: Silverstone (141.000), Mexiko-Stadt (138.435, Austin (128.000), Singapur (115.240), Spa-Francorchamps (109.064) und Melbourne (102.000). Liberty-Media-Marketingchef Sean Bratches spricht von einer „unglaublichen Saison 2019. In der Saison 2020 erwarten wir noch höhere Zuschauerzahlen, schließlich werden mit Hanoi und Zandvoort zwei neue Rennen hinzukommen." Besonders in den Niederlanden ist das Rennen wegen ihres „Bullen-Helden" Max Verstappen heiß begehrt. Über eine Million Ticketanfragen haben die Veranstalter registriert.